Zusammenfassung
Im Jahr 2017 waren Verkehrsunfälle in Deutschland ursächlich für über 60.000 Schwerstverletzte und über 3000 Verkehrstote. Bei eingeklemmten Personen ist die Rate an schweren Verletzungen hoch. Neben der Alarmierung von Spezialfahrzeugen zur technischen Rettung ist ggf. der Transport durch die Luftrettung einzubeziehen. Bei der Einsatzabwicklung ist die enge Verzahnung der verschiedenen Rettungskräfte essenzieller Bestandteil der Rettung. Dies beinhaltet Kenntnisse über die einzelnen taktischen Möglichkeiten und die Nutzung einer einheitlichen Terminologie. Aufgrund der speziellen Umstände bei der technischen Rettung erfordert die Patientenversorgung eine flexible Herangehensweise, um den allgemeingültigen Standards der Schwerstverletztenversorgung gerecht zu werden. Der technischen Rettung kommt aufgrund des Faktors Zeit entscheidende Bedeutung zu. Neue Fahrzeugkarosserien und alternative Antriebe stellen die Rettungskräfte vor immer neue Herausforderungen.
Abstract
In 2017 traffic accidents in Germany were the cause of more than 60,000 severe injuries and more than 3000 road deaths. If victims are trapped in the vehicle, the rate of severe injuries is high. In addition to alerting specialized emergency vehicles for technical rescue, transport by emergency helicopter services should also be considered at an early stage. The close collaboration of various available services is an essential part of the rescue. This includes knowledge of the various tactical options and the use of consistent terminology. Given the limited access and space available in the setting of a motor vehicle injury with a trapped patient, rescue requires a flexible approach to meet treatment standards of severely injured patients. The limited time available in these emergency situations emphasizes the importance of a coordinated technical rescue. The developing technological design of vehicles and alternative power systems present the emergency medical services with continually evolving challenges.
Literatur
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Interessenkonflikt
M. Weigeldt, R. Erbe und M. Gondert geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
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Redaktion
J. Breckwoldt, Zürich
M. Christ, Luzern
G. Matthes, Berlin
G. Rücker, Rostock
R. Somasundaram, Berlin
U. Zeymer, Ludwigshafen
CME-Fragebogen
CME-Fragebogen
In welchem Bereich an einer Einsatzstelle mit laufender technischer Rettung sollten Fahrzeuge des Rettungsdienstes abgestellt werden?
Arbeitsbereich
Innerer Absperrbereich
Äußerer Absperrbereich
Bereitstellungsraum 2 km von der Einsatzstelle entfernt
Jedes Fahrzeug sucht sich seinen eigenen Platz allein, um Ressourcen zu sparen
Ein 39-jähriger Fahrer eines Pkw ist auf einer Landstraße verunfallt und im Fahrgastraum auf dem Vordersitz eingeklemmt. Der initial wache Patient trübt ein, ist nichtansprechbar, und der Blutdruck ist nichtmessbar. Welchen Rettungsmodus empfehlen Sie dem Einsatzleiter der Feuerwehr als diensthabender Notarzt?
Die schonende Rettung; eine Wirbelsäulenverletzung kann nicht ausgeschlossen werden.
Die schnelle Rettung, da von einem schweren Verletzungsmuster ausgegangen werden muss.
Die Sofortrettung, da der Patient einen reanimationswürdigen Befund aufweist.
Der Patient ist leblos; alle Rettungsmaßnahmen können abgebrochen werden.
Der Einsatzleiter der Feuerwehr muss diese Entscheidung allein treffen; Sie sind erst zuständig, wenn der Patient befreit ist.
Auf der Autobahn sind zwei Fahrzeuge verunfallt und auf der linken Spur zum Stehen gekommen; ein Fahrzeug liegt auf dem Dach. Aus dem Fahrzeug sind Schreie zu hören. Sie sind diensthabender Notarzt und treffen mit Ihrem Notfallsanitäter als Erster an der Unfallstelle ein. Welche Prioritäten setzten Sie?
Eigenschutz beachten, insbesondere vom noch fließenden Verkehr geht eine große Gefahr aus.
Sie steigen aus und beginnen mit der medizinischen Versorgung des schreienden Patienten.
Nach der initialen Lageerkundung wird die Luftrettung abbestellt, da bei schreienden Eingeklemmten diese nicht erforderlich ist.
Weil Sie die persönliche Schutzausrüstung tragen, können Sie auch trotz des fließenden Verkehrs mit der medizinischen Versorgung beginnen.
Der Notfallsanitäter beginnt mit der medizinischen Versorgung, während Sie im Auto auf die Sicherung der Unfallstelle warten.
Welcher Buchstabe im ABCDE-Schema der Traumaversorgung beinhaltet die Überprüfung der Ventilation?
A
B
C
D
E
Welche Bedeutung hat die „golden hour of shock“ für das Zeitmanagement im Rahmen der Schwerstverletztenversorgung beim eingeklemmten Patienten?
Ein Zeitlimit spielt keine Rolle; wichtig ist allein die schonende Rettung des Patienten.
Die technische Rettung sollte höchstens 1 h dauern.
Der Patient wird so schnell wie möglich transportiert („scoop and run“); alle medizinischen Maßnahmen sollten nach der technischen Rettung unterlassen werden.
Das ursprüngliche Konzept der „golden hour of shock“ wurde durch das Konzept der „golden period of shock“ abgelöst.
Die meisten Patienten, die eingeklemmt waren, versterben 1 h nach dem Unfall.
Rettungsdatenblätter beinhalten wichtige sicherheitsrelevante Informationen über das Fahrzeug. Wie kann man vor Ort an die relevanten Informationen kommen?
Die Rettungsdatenblätter sind über das Internet nur für die Autohersteller abrufbar.
Leitstellen können die Rettungsdatenblätter anhand des Kennzeichens über das Kraftfahrtbundesamt abfragen.
Die Rettungsdatenblätter existieren nur für wenige ausgesuchte Fahrzeuge und sind somit nicht relevant.
Die Polizei hält die Rettungsdatenblätter für jeden Fahrzeugtyp vor.
Der Rettungsdienst hält die Rettungsdatenblätter für jeden Fahrzeugtyp vor.
Was ist die Funktion eines „inneren Retters“?
Der innere Retter unterstützt die Arbeit am Fahrzeug bei der technischen Rettung aus dem Inneren des Fahrzeugs heraus.
Der innere Retter ist für das Glasmanagement zuständig.
Als innerer Retter werden alle Personen bezeichnet, die sich im Arbeitsbereich aufhalten.
Der innere Retter befindet sich zum Zweck der Patientenversorgung im Inneren des Fahrzeugs.
Der innere Retter schafft die Befreiungsöffnung.
Welche Besonderheiten gibt es bei Fahrzeugen mit alternativen Antrieben zu beachten?
Flüssiggas ist leichter entflammbar als Benzin.
Erdgas ist leichter entflammbar als Benzin.
Es existiert eine Kennzeichnungspflicht für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben.
Erdgas hat durch die Odorierung einen starken Geruch.
Bei Tageslicht sind Wasserstoffflammen deutlich erkennbar.
Elektrofahrzeuge sind zunehmend im Straßenverkehr anzutreffen, jedoch sind im Falle eines Unfalls besondere Sicherheitsmaßnahmen zu beachten. Welche Besonderheiten weisen Elektrofahrzeuge auf?
Die Batterien in Elektrofahrzeugen unterscheiden sich von denen in herkömmlichen Fahrzeugen nur durch die hohe Stromspeicherfähigkeit; hier sind keine Besonderheiten zu beachten.
Die Hochvoltkabel sind eindeutig mit blauen Kabeln gekennzeichnet und sollten nicht beschädigt werden.
Ob sich das Fahrzeug im Stand-by-Modus befindet, ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, somit sollten Elektrofahrzeuge vor Eigenbewegungen geschützt werden.
Die Spannung der Batterien kann bis zu 120 Volt betragen.
Aufgrund von Abschaltvorrichtungen gehen von verunfallten Elektrofahrzeugen nicht mehr Gefahren aus als von herkömmlichen Fahrzeugen.
Ein Lkw ist auf einer Landstraße frontal mit einem Baum kollidiert. Der Fahrer ist eingeklemmt und kreislaufstabil. Wie ist das Ablaufschema der Patientenrettung?
Erstzugang schaffen, Versorgung nach ABCDE-Schema, Schaffung einer Öffnung zur Rettung, Stabilisieren des Fahrzeugs
Versorgungsöffnung schaffen, Kontaktaufnahme, Versorgung nach ABCDE-Schema, Patientenrettung
Erkunden/sichern, Erstzugang schaffen, Versorgungsöffnung schaffen, Patientenrettung
Erkunden/sichern, Versorgungsöffnung schaffen, Patientenrettung, Versorgung nach ABCDE-Schema
Erstzugang schaffen, erkunden/sichern, Versorgungsöffnung schaffen, Patientenrettung
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Weigeldt, M., Erbe, R. & Gondert, M. Technisch-medizinische Rettung beim Verkehrsunfall. Notfall Rettungsmed 21, 707–722 (2018). https://doi.org/10.1007/s10049-018-0536-2
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DOI: https://doi.org/10.1007/s10049-018-0536-2