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Grundlegende Techniken des Wundverschlusses in der Notaufnahme

General principles of wound management in emergency departments

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Notfall + Rettungsmedizin Aims and scope Submit manuscript

An Erratum to this article was published on 22 July 2016

Zusammenfassung

Die Versorgung von Wunden stellt einen zentralen Aufgabenbereich für Notaufnahmen dar. Nur die umgebene intakte Haut, nicht die Wunde selbst, sollte vor Beginn der definitiven Wundversorgung desinfiziert werden. Störende Haare im Wundbereich können mit Schere oder Clipper gekürzt werden; eine Rasur ist wegen der Verletzung der Haarfollikel nicht angezeigt. Das Lokalanästhetikum wird direkt durch die freiliegenden Wundränder injiziert. Nach Wundinspektion und Spülung mit Ringer-, Kochsalzlösung oder Aqua dest. bei größeren Wunden erfolgt die definitive Versorgung der Wunde. Stark verschmutztes und devitalisiertes Gewebe erfordert ein sorgfältiges Wund-Débridement. Die Möglichkeiten des definitiven Wundverschlusses und die dafür verwendeten Materialien sind vielfältig. Häufige Anwendung in Notaufnahmen finden Gewebekleber, Wundnahtstreifen, Klammernaht und die verschiedenen Methoden der Wundnaht. Bei gering blutenden Verletzungen der behaarten Kopfhaut können alternative Verfahren der Wundversorgung wie das Verkleben von Haaren zum Einsatz kommen („hair apposition technique“, HAT). Bei stark blutenden Kopfplatzwunden sollte die Galea aponeurotica für die Blutstillung mitgefasst werden. Die Nachsorge variiert je nach Beschaffenheit von Wunde und Patient. In jedem Fall ist auf eine adäquate Analgesie und die Vorbeugung von Infektionen zu achten. Zudem ist es Aufgabe des Arztes, den Patienten über das weitere Vorgehen nach der Wundversorgung zu informieren.

Abstract

Wound management is one of the major tasks in emergency departments. The surrounding intact skin but not the wound itself should be disinfected before starting definitive wound treatment. Hair should first be removed by clipping to 1-2 mm above the skin with scissors or clippers as shaving the area with a razor damages the hair follicles and increases the risk of wound infections. Administration of local anesthetics should be performed directly through the exposed edges of the wound. After wound examination, irrigation is performed with Ringer's solution, normal saline or distilled water. The next step is débridement of contaminated and devitalized tissue. There are several wound closure techniques available, including adhesive tapes, staples, tissue adhesives and numerous forms of sutures. Management of specific wounds requires particular strategies. A bleeding control problem frequently occurs with scalp lacerations. Superficial scalp lacerations can be closed by alternative wound closure methods, for example by twisting and fixing hair and the use of tissue adhesives, i.e. hair apposition technique (HAT). For strongly bleeding lacerations of the scalp, the epicranial aponeurosis should be incorporated into the hemostasis. Aftercare varies depending on both the characteristics of the wound and those of the patient and includes adequate analgesia as well as minimizing the risk of infection. Sufficient wound aftercare starts with the treating physician informing the patient about the course of events, potential complications and providing relevant instructions.

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Danksagung

Wir danken Frau Hella Thun für die Erstellung der Abbildungen 1, 2, 6, 7 und 8 des Beitrags.

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Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to M.T. Zacher.

Ethics declarations

Interessenkonflikt

M.T. Zacher, A.M. Högele, M. Hanschen, F. von Matthey, A.-K. Beer, F. Gebhardt, P. Biberthaler, K.-G. Kanzgeben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Dieser Beitrag beinhaltet keine Studie an Menschen oder Tieren.

CME-Fragebogen

CME-Fragebogen

Welche Aussage zur Geschichte der Wundversorgung trifft zu?

Die Kauterisierung von großflächigen Wunden erfolgte mit glühenden Kohlen.

Honig wurde im alten Griechenland als topisches und antibakterielles Heilmittel für infizierte Wunden verwendet.

Die Ägypter setzten heilende Verbände mit Terpentin ein.

Evidenzbasierte Konzepte spielen bis heute im Rahmen der Wundversorgung nur eine untergeordnete Rolle.

Galenos von Pergamon war Gegner der Wundversorgung durch Ärzte.

Welche Aussage zur sog. 6-Stunden-Grenze trifft zu?

Die „Wundtoilette“ nach Lexer umfasst eine Kombination aus sorgfältiger Wundreinigung und gewebeschonendem Débridement.

Die 6-Stunden-Grenze nach Friedrich umfasst eine besonders gewebeschonende Wundausschneidung.

Kontaminierte Gesichtsplatzwunden dürfen außerhalb der 6-Stunden-Grenze nicht mit primärer Naht versorgt werden.

Auch heutzutage gilt die 6-Stunden-Grenze nach Friedrich als Standard der Wundversorgung.

Offene Quetschwunden erfordern keine besondere Wundversorgung.

Welche Aussage zum Tetanusschutz trifft zu?

Die Tetanusschutzauffrischung sollte prophylaktisch bei allen Wunden durchgeführt werden.

Eine unbehandelte Tetanuserkrankung hat eine Mortalitätsrate von 10%.

Td-Auffrischimpfungen sollten jeweils 10 Jahre nach der vorangegangenen Impfung erfolgen.

Kinder tetanusgeimpfter Mütter weisen eine lebenslange Immunität gegenüber Tetanusinfektionen auf.

Das Risiko einer Tetanuserkrankung beträgt unabhängig von der Wundart über 80%.

Welche Aussage zur Lokalanästhesie trifft zu?

Bei frischen, tiefen Wunden ist aufgrund des „Schockzustands“ des Patienten die lokale Anwendung von Vereisungsspray ausreichend.

Zur Wundbetäubung kann „EMLA“-Creme tief bis zum Wundgrund eingerieben werden.

Bei Nasenverletzungen sollte das Lokalanästhetikum mit Adrenalinzusatz direkt in die Nasenspitze injiziert werden.

Zur schmerzfreien Injektion des Lokalanästhetikums erfolgt diese durch die freiliegenden Wundränder.

Bei der Injektion eines Lokalanästhetikums in Wunden sollte nicht aspiriert werden.

Welche Aussage zur Haarentfernung im Rahmen der Wundversorgung trifft zu?

Grundsätzlich sollten Haare zur Vermeidung von Wundinfektionen rasiert werden.

Augenbrauen wachsen in jedem Fall nach.

Das geringste Infektionsrisiko weisen Wunden nach Epilation umgebender Haare auf.

Die Verknotung von Haarbüscheln dient im Rahmen der „HAT“-Technik dem Wundverschluss.

Bei Kopfplatzwunden sollte großflächig rasiert werden, um Begleitverletzungen der Kopfhaut nicht zu übersehen.

Welche Aussage zur Wundspülung/-desinfektion trifft zu?

Lediglich stark verschmutzte Wunden sollten gespült werden.

Die Wundspülung schlecht zugänglicher Wunden sollte mit unverdünnter Octenisept®-Lösung erfolgen.

Die Wundspülung sollte tröpfchenweise erfolgen, um zusätzliche Schädigung des Gewebes zu vermeiden.

Bei größeren Wunden sollte mit mindestens 200 ml physiologischer Kochsalzlösung oder Aqua dest. gespült werden.

Bei oberflächlichen Wunden sollte die Spülung mit 10 ml H2O2-Lösung erfolgen.

Welche Aussage zur Wundbeurteilung trifft zu?

Oberflächliche Wunden bedürfen keiner genaueren Inspektion.

Offene Wunden sollten nur ausgespült und nicht ausgetastet werden.

Die kapilläre Füllungszeit distal einer Verletzung sollte nicht mehr als 10 s betragen.

Nach Entfernung eines Fremdkörpers kann die Wunde ohne Weiteres geschlossen werden.

Die Palpation mit Pinzette oder Finger kann maßgeblich zur Wundbeurteilung beitragen.

Welche Aussage zum Wund-Débridement trifft zu?

Bei stark verschmutzten Wunden sollten die Wundränder um ca. 1–3 mm mit einem Skalpell angefrischt werden.

Sorgfältiges Wund-Débridement senkt das Infektionsrisiko um den Faktor 5.

Wunden im Gesicht sollten exzidiert werden.

Schmutzpartikel können zur Aktivierung des Immunsystems in der Wunde belassen werden.

Zur Senkung des Infektionsrisikos kann antibakteriell wirkende Kieselerde in die Wunde gestreut werden.

Welche Aussage zum Wundverschluss trifft zu?

Wundnahtstreifen werden längs zu den Wundrändern direkt auf die Wunde aufgebracht.

Bei der Klammernaht ist mit einem erhöhten Blutverlust zu rechnen.

Der Einsatz von Gewebekleber bietet sich v. a. zum Verschluss von Wunden in sog. Spannungszonen an.

Bei der Kopfplatzwunde entspricht der Abstand von Naht zu Naht etwa 10 mm.

Zum Hautverschluss von Wunden im Bereich von Spannungszonen eignet sich der Einsatz von schnell resorbierbaren Fäden.

Welche Aussage zum Nahtmaterial trifft zu?

Der Fadendurchmesser wird in „USP“-Stärke angegeben, ausgehend von Stärke „5“ als kleinster Durchmesser bis „10-0“ als größter Durchmesser.

Polyfile Fäden sägen kaum durch das zu versorgende Gewebe.

Resorbierbare Fäden sollten nur bei bei oberflächigen Gewebeverletzungen benutzt werden.

Eine Kombination von resorbierbaren und nichtresorbierbaren Fäden bei der Wundversorgung ist nicht erlaubt.

Schneidende Nadeln werden v. a. im Bereich von widerstandsfähigem Gewebe, wie z. B. bei der Naht der Galea aponeurotica benutzt.

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Zacher, M., Högele, A., Hanschen, M. et al. Grundlegende Techniken des Wundverschlusses in der Notaufnahme. Notfall Rettungsmed 18, 621–641 (2015). https://doi.org/10.1007/s10049-015-0091-z

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