Mit zunehmender Mobilität steht die operative Versorgung der Femurschaftfraktur im Kindes- und Jugendalter im Vordergrund. Im deutschsprachigen Raum hat man sich auf eine Altersgrenze von etwa 3 Jahren geeinigt. Seit Einführung der elastisch stabilen intramedullären Nagelung (ESIN) in den 1980er-Jahren gilt diese als Goldstandard zur Stabilisierung von Femurschaftfrakturen im Kindesalter. Am besten geeignet sind kurze Querfrakturen der Schaftmitte, da hier die ESIN ihr biomechanisches Prinzip der 3‑Punkt-Abstützung am besten realisieren kann. Damit lässt sich bei diesen längsstabilen Frakturen eine Übungsstabilität, meist sogar eine Belastungsstabilität erreichen [3].

In der Literatur finden sich viele Studien, die über gute Resultate der ESIN berichten. Viele dieser Untersuchungen beinhalten hinsichtlich der Femurfraktur jedoch keine adoleszenten Kinder oder machen keine Angaben über das Körpergewicht der Heranwachsenden [2, 8]. Garner et al. [4] führten eine Matched-pair-Analyse bezüglich des Körpergewichts durch und konnten im Vergleich von ESIN und konventioneller Marknagelosteosynthese keinen signifikanten Unterschied beobachten. Damit sahen sie keine Indikationsbeschränkung für die ESIN bei älteren bzw. schwereren Kindern.

Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Untersuchungen, die abhängig von Alter und Gewicht eine zunehmende Komplikationsrate beobachteten. Sagan et al. [12] fanden ab einem Gewicht von 46,5 kg signifikant häufiger Achsabweichungen als bei leichteren Kindern. Sink et al. [13] konnte durch Halbierung der ESIN-Anwendung die Komplikationsrate von 52 % auf 28 % senken, mit einer Altersbeschränkung von 12 Jahren von 76 % auf 12 % und einer Gewichtsbegrenzung von 50 kg von 71 % auf 15 %. In einer biomechanischen Untersuchung am Modell beobachteten Li et al. [9] ab einem Gewicht von 40–45 kg zunehmende Achsabweichungen. Ebenso fanden Moroz et al. [11] in einer Multicenterstudie gute Ergebnisse für ein Körpergewicht von 39 kg, dagegen ein schlechtes Outcome bei einem Gewicht von 54 kg. Die Richtlinien der American Academy of Orthopaedic Surgeons (AAOS) empfehlen, ab einem Alter von 11 Jahren auch alternative Techniken mit zu berücksichtigen [7]. Damit sollte nach Meinung der Autoren ab einem Alter von etwa 11 Jahren und einem Körpergewicht von ca. 50 kg über Alternativen zur Versorgung der Femurschaftfraktur nachgedacht werden, um Instabilitäten und Achsabweichungen zu vermeiden.

Fixateur externe

Der Fixateur externe stellt nach wie vor die Methode der Wahl zur schnellen Stabilisierung einer Femurfraktur bei Polytrauma dar. Er ist ebenso in der Lage, längsinstabile Schräg- oder Mehrfragmentfrakturen sicher zu stabilisieren. Aber gerade bei Jugendlichen gleichen die Konsolidierungszeiten denen bei Erwachsenen, sodass neben Komfortgründen ein Risiko in sog. Pintrack-Infektionen bei relativ langen Tragezeiten gesehen wird. Miner und Carroll [10] erfassten in ihrem Kollektiv eine durchschnittliche Tragedauer des Fixateurs von 107 Tagen mit einer antibiotisch behandlungspflichtigen Pintrack-Infektionsrate von etwa 73 %. Zudem wurde bei 22 % der Kinder nach Fixateurentfernung eine Refraktur beobachtet.

Somit dient der Fixateur externe meist zur temporären Stabilisierung bis zum sekundären Verfahrenswechsel.

Plattenosteosynthese

Die Plattenosteosynthese ermöglicht ebenso eine Stabilisierung von längsinstabilen Frakturtypen und gewinnt in den letzten Jahren wieder zunehmend an Bedeutung [5, 13]. Gerade bei den proximalen oder distalen Femurfrakturen, die sich schlecht durch intramedulläre Verfahren stabilisieren lassen, stellt sie eine gute Alternative dar (Abb. 1). Da im Schaftbereich keine anatomische Stellung erreicht werden muss, genügen eine achsgerechte Reposition und ein minimalinvasives Vorgehen mittels „eingeschobener“ winkelstabiler Plattenosteosynthese (minimalinvasive Plattenosteosynthese [MIPO]).

Abb. 1
figure 1

10-jähriger Junge nach Hochrasanztrauma mit einer mehrfragmentären proximalen Femurschaftfraktur und Plattenosteosynthese. a Unfallbild; b, c postoperatives Ergebnis. (Aus [14])

Marknagel

Der konventionelle antegrade Marknagel stellt eine Alternative bei Jugendlichen mit bereits verschlossenen oder im Verschluss befindlichen Wachstumsfugen dar (Abb. 2). Problematisch kann der meist sehr enge Markraum im Jugendalter sein, sodass ein herkömmlicher Nagel aus der Erwachsenentraumatologie ggf. nicht passt. Zum anderen besteht durch Verletzung der A. circumflexa am Eintrittspunkt die Gefahr der Durchblutungsstörung mit nachfolgender Wachstumsstörung des Schenkelhalses oder der Entwicklung einer Femurkopfnekrose [1]. Aus diesen Gründen wurde vor einigen Jahren ein lateraler Femurmarknagel speziell für Adoleszente entwickelt. Dieser ist in geringeren Durchmessern erhältlich und birgt nicht die Gefahr der Durchblutungsstörung durch einen lateralen Zugang über dem Trochanter major. Die Verwendung dieses Eintrittspunktes wird jedoch wegen der Gefahr der Wachstumshemmung der Apophyse des Trochanter major mit konsekutiver Valgisierung der Schenkelhalsachse nicht bei Kindern unter dem 8. Lebensjahr empfohlen. Manche Autoren geben sogar ein Mindestalter von 13 Lebensjahren an. Keeler et al. [6] beobachteten bei 80 mit Adolescent Lateral Femoral Nail (ALFN) versorgten Femurfrakturen und einem Durchschnittsalter von 12,9 (8 bis 18) Jahren keine Kopfnekrose oder Valgisierung des Schenkelhalses.

Abb. 2
figure 2

Intramedullärer antegrader Verriegelungsnagel bei einem 14-jährigen Mädchen mit bereits verschlossenen Wachstumsfugen. a Unfallbild; b, c, d postoperatives Ergebnis. (Aus [14])

Fazit für die Praxis

  • Die operative Therapie der Femurschaftfraktur steht beim mobilen lauffähigen Kind im Vordergrund.

  • Der überwiegende Anteil lässt sich gut minimalinvasiv mittels ESIN stabilisieren.

  • Gerade bei größeren und schwereren Kindern und Jugendlichen sollten jedoch alternative Techniken wie der Fixateur externe, die Platten- oder Marknagelosteosynthese beherrscht werden, um gute klinische Langzeitergebnisse zu gewährleisten.