Bedingt durch den demografischen Wandel in den Industrieländern steigt die Anzahl der geriatrischen Patienten mit Verletzungen des Stütz- und Bewegungsapparats stetig an. Diese Verletzungen sind nicht nur von großer sozioökonomischer Bedeutung, sondern stellen auch hohe Anforderungen an die Therapie. Bei der proximalen Femurfraktur des älteren Menschen beträgt die Mortalität im ersten Jahr bis zu 25 % und führt bei etwa einem weiteren Drittel der Patienten zu einem Verlust der Selbstständigkeit.

Die Gründe für die höhere Inzidenz von Knochenbrüchen bei älteren Patienten sind vielschichtig. Häufig ist ein unsicherer Gang für eine erhöhte Sturzneigung verantwortlich. Auch internistische und neurologische Erkrankungen sowie die Einnahme von kreislaufwirksamen Medikamenten können ein Sturzereignis herbeiführen. Zusätzlich zu diesem erhöhten Sturzrisiko führen Abbauprozesse des Knochens sowie eine Atrophie der umgebenden Muskulatur zu einer erhöhten Anzahl von Frakturen mit spezifischen, alterstypischen Frakturmustern besonders am proximalen Femur, am distalen Radius, am proximalen Humerus sowie am Becken und an der Wirbelsäule. Die regelhaft verminderte Knochendichte stellt besondere Herausforderungen an die operativen Techniken, wobei zusätzlich eine Vielzahl von Begleiterkrankungen zu berücksichtigen ist. Ziel einer operativen Therapie muss immer eine frühzeitige volle Belastbarkeit der Osteosynthese sein, da der geriatrische Patient sonst nicht rehabilitationsfähig ist. Aus diesem Grund wird in dieser Ausgabe der Trauma und Berufskrankheit der Schwerpunkt nicht nur auf die operativen Herausforderungen der einzelnen Krankheitsbilder gelegt, sondern es werden auch die Diagnostik und Therapie des Krankheitsbildes Osteoporose beleuchtet und dem Leser ein strukturiertes Vorgehen, auch im Hinblick auf die Sekundärprophylaxe, aufgezeigt. Nur die optimale Verzahnung der ambulanten mit der stationären Therapie kann den langfristigen Erfolg der Behandlung sicherstellen.

Ein interdisziplinärer Therapieansatz im Rahmen der stationären Behandlung, der sowohl die traumatologischen als auch die geriatrischen Aspekte der Behandlung berücksichtigt, erscheint daher von großer Wichtigkeit. Die Anforderungen an diese Versorgungsstrukturen kann ein interdisziplinäres Zentrum für Alterstraumatologie unter Zusammenarbeit der in die Akutbehandlung und der in die spezialisierte geriatrische Rehabilitation involvierten Personen erfüllen. Damit wird das Ziel einer baldigen Rückkehr und Reintegration des älteren Patienten nach einer Verletzung in sein häusliches Umfeld erreicht.

Zusätzlich wird in dieser Ausgabe die klinische Schwerverletztenversorgung im Schockraum thematisiert. Damit die Therapie eines Mehrfachverletzten dort reibungslos verläuft, sind erhebliche strukturelle Vorhaltungen mit den damit verbundenen Kosten erforderlich. Der Leitartikel „Strukturierte, prioritätenorientierte Schwerverletztenversorgung nach ATLS®-Kriterien“ geht inhaltlich auf die wesentlichen Anforderungen ein und beschreibt detailliert die Vorgehensweise einer geordneten Schockraumversorgung – angelehnt an die 2011 veröffentlichte Leitlinie zur Polytrauma- und Schwerverletztenbehandlung – anhand eines Algorithmus aus unserer Klinik.

Herzlich bedanke ich mich an dieser Stelle bei allen Autoren für ihre interessanten und sehr informativen Beiträge und wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre.

Prof. Dr. P.A. Grützner