Frakturen und Sehnenverletzungen des Schultergürtels sind häufige Pathologien des unfallchirurgisch-orthopädischen Alltags. Zum einen finden sie sich in einem eher jüngeren Patientenkollektiv als Folge hochenergetischer Traumata und sind dann oft mit Begleitverletzungen vergesellschaftet. Zum anderen ist durch den demografischen Wandel eine erhebliche Zunahme der alterstypischen Pathologien, wie Frakturen des proximalen Humerus und Rotatorenmanschettenrupturen, nach niederenergetischen Unfallmechanismen zu beobachten. Besonders bei den Sehnenverletzungen sind die Abgrenzung und die Beantwortung der Zusammenhangsfrage zwischen Vorschäden und frischen traumatischen Läsionen häufig nicht einfach.

Das Verständnis und die Analyse dieser Pathologien verbesserten sich in den vergangenen Jahren durch bildgebende Hightech-Verfahren deutlich. Die Magnetresonanztomographie spielt hierbei eine überragende Rolle und ist bei frischen Verletzungen und zur Differenzierung älterer, vorbestehender Veränderungen nicht mehr wegzudenken. Zur Beurteilung komplexer knöcherner Verletzungen ist die hochauflösende Computertomographie mit multiplanaren Rekonstruktionen in der Primärdiagnostik und der Verlaufsbeurteilung bei Frakturen des proximalen Humerus und der Skapula unverzichtbar. Dies gilt auch für eventuelle Heilungsstörungen nach komplexen Klavikulafrakturen. 3-D-Rekonstruktionen sind bei schwierigen Fragestellungen zur Operationsplanung und zur Verlaufsbeurteilung inzwischen Standard. In diesem Kontext stellt sich die Frage, ob sich diese zunehmenden diagnostischen Möglichkeiten auch in entsprechende Therapierfolge umsetzen lassen.

In der Therapie der Schultergürtelverletzungen kam es in den vergangenen Jahren zu vielen Weiterentwicklungen. Es wird mehr erkannt, neu klassifiziert – und mehr operiert, dies jedoch nicht immer auf bereits evidenzgesicherter Basis oder mit nachgewiesen besseren klinischen Ergebnissen. Neue winkelstabile Plattensysteme konnten nicht immer die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen. Auch die Schulterendoprothetik nach einem Trauma bleibt in ihrer Durchführung und Prognose schwierig. Die Indikation zur inversen Endoprothese als letzter Verteidigungslinie ist sorgsam und kritisch im Einzelfall abzuwägen und sollte – wie ihre Implantation selbst – dem hierin Erfahrenen vorbehalten bleiben. Minimalinvasive Techniken und arthroskopisch unterstützte oder durchgeführte Eingriffe erfordern besondere Expertise und Spezialistentum. Sie sollten nicht unkritisch und ohne wissenschaftlich sauber nachgewiesene Evidenz zum neuen Standard erklärt werden. Somit bedarf die Versorgung von Schulterverletzungen noch der weiteren Optimierung – v. a. gut geplanter prospektiv-randomisierter klinischer Studien sowie der Erweiterung der aufkommenden Register- und Versorgungsforschung.

Wir bedanken uns ausdrücklich bei den Autoren als ausgewiesene Experten für ihre Beiträge zu diesem Leitthema. Die detaillierten und wissenschaftlich begründeten Artikel ermöglichen einen Überblick über den aktuellen Stand von Ätiologie, Diagnostik, Klassifikation und Therapie von Frakturen und Sehnenverletzungen des Schultergürtels.

Frankfurt, Februar 2014

R. Hoffmann und K. Schmidt-Horlohé