Nach Fußverletzungen verbleiben häufig Funktions- und Belastungsdefizite. Entsprechend sollen im Folgenden die Ziele der orthopädischen Versorgung bei Fußverletzungen, die Möglichkeiten der Schuhzurichtung sowie die verschiedenen orthopädischen Versorgungsmöglichkeiten in Abhängigkeit von der Verletzungslokalisation dargestellt werden. Des Weiteren wird ein Versorgungsalgorithmus aufgezeigt, und abschließend wird auf Silikonprothesen bei Amputationen im Fußbereich eingegangen.

Ziele der orthopädischen Versorgung nach Fußverletzung

Ziel der unfallchirurgischen Versorgung nach Fußverletzung ist die möglichst optimale Wiederherstellung von Form, Funktion und Belastbarkeit des Fußes. Gelingt dies nicht vollständig, kommt ergänzend die orthopädietechnische Versorgung des Fußes zum Tragen [1]. Deren Ziel ist die Wiederherstellung eines möglichst schmerzfreien und physiologischen Bewegungsablaufs durch:

  • Korrektur anatomischer Fehlstellungen

  • Kompensation rigider Fehlstellungen

  • Entlastung

  • Schmerzreduzierung

  • Gangbildverbesserung

  • Herstellung von Symmetrie

  • Optimierung von Schrittlänge, Abrollverhalten und Belastung

  • Kompensation von Fußverkürzung bei Defektheilungen

Formen der Versorgung

Einlagenversorgung

Sie ist die einfachste Versorgungsmöglichkeit von Fußfehlstellungen oder Fehlhaltungen. Es muss zwischen Stütz- und Bettungseinlagen unterschieden werden [3].

Mit der Stützeinlage soll vor allen Dingen eine Stellungskorrektur erreicht werden. Sie wird aus halbstarren Werkstoffen wie Kork oder Leder sowie thermoplastischen Kunststoffen hergestellt.

Die Bettungseinlage dient überwiegend der Ruhigstellung und Druckumverteilung, v. a. bei Kontrakturen im Fußbereich sowie bei neuropathischen Beschwerden. Als Werkstoffe werden v. a. weiche Materialien wie Weichschaum und Silikon verwendet.

Abb. 1 zeigt die Spitzenbelastung vor und die gleichmäßige Druckverteilung nach Einlagenversorgung.

Abb. 1
figure 1

Druckverteilung an der Fußsohle vor und nach Einlagenversorgung. (Aus [1], S. 60, mit freundl. Genehmigung des Thieme-Verlags)

Schuhzurichtung

Je nach Verletzung und Fehlform bzw. -stellung kommen sowohl bei Konfektions- als auch bei orthopädischen Schuhen die verschiedensten Schuhzurichtungen in Frage. Beispielhaft sind zu nennen, um nur die wichtigsten Formen der Zurichtung aufzuzählen [8]: Zehen-/Ballen-/Mittelfußrollen, Außen- oder Innenranderhöhungen der Sohle, Sohlenversteifungen, Weichbettungen, Pufferabsätze, Abrollabsätze, Verkürzungsausgleiche und Fersenkappen zum Stützen des Rückfußes.

In Abhängigkeit von der Verletzungslokalisation

Zehenverletzungen

Frakturen im Bereich der Phalangen heilen meist folgenlos aus, sodass eine orthopädische Schuhversorgung in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht notwendig wird.

Problematischer sind Gelenkfrakturen, die u. U. zu schmerzhaften Kontrakturen und Arthrosen insbesondere im Bereich des Großzehengrundgelenks, bis hin zur Notwendigkeit der Arthrodese, führen können (Abb. 2). Hier sind Ruhigstellungen durch Entlastung, z. B. in einem Vorfußentlastungsschuh im Akutstadium bis zur Ausheilung notwendig. Im weiteren Verlauf muss der Vorfußbereich durch eine Sohlenversteifung und Ballenrolle entlastet werden (Abb. 3).

Abb. 2
figure 2

Arthrodese des Großzehengrundgelenks nach Gelenkfraktur

Abb. 3
figure 3

Schuhzurichtung mit Sohlenversteifung und Abrollhilfe. (Aus [3], mit freundl. Genehmigung des Verlags Maurer, Geislingen)

Vorfußverletzungen/Metatarsalia

Durch Verletzungen im Bereich der Metatarsalia können sich Verkürzungen, Torsionsfehlstellungen sowie plantare oder dorsale Verkippungen entwickeln. Nach Ausheilung persistierende druckempfindliche Areale können durch entsprechende Einlagenversorgungen mit Weichpolsterung entlastet werden. Zusätzlich ist dies am Schuh durch eine Sohlenversteifung bis hin zur Zehenspitze und die dann auch notwendige Einrichtung einer Mittelfußrolle erreichbar. Deren Scheitel muss in Höhe des Lisfranc-Gelenks, auf keinen Fall aber in Höhe der ehemaligen Fraktur liegen.

Mittelfußverletzungen

Sie resultieren häufig in Arthrosen, Inversions- oder Eversions- sowie Ab- oder Adduktionsfehlstellungen. Hier sind eine Einlage mit Fußbettung in maximal möglicher schmerzfreier Korrekturstellung sowie eine gute Abstützung des Fußlängsgewölbes durch entsprechende Einlagenversorgung sinnvoll. Fakultativ ist auch hier eine Sohlenversteifung mit weit nach hinten verlegter Abrollung möglich.

Kalkaneusfrakturen

Sowohl bei konservativer Behandlung als auch nicht selten bei operativer Versorgung kommt es zu einem Höhenverlust des Kalkaneus bzw. einer Verkleinerung des Kalkaneokuboidwinkels (Abb. 4 a). Dies resultiert in einer Überlastung des vorderen oberen Sprunggelenks, des Mittelfußes und des Ballens, was in Abb. 4 b anhand einer Podographie durch die Verbreiterung der Belastungsfläche sichtbar ist. Zudem kommt es durch die Verminderung der Beweglichkeit im unteren Sprunggelenk fast zwangsläufig zu einer Varus- oder Valgusfehlstellung. Nicht zuletzt resultiert in der überwiegenden Zahl der Fälle eine Rückfußverbreiterung. Regelmäßig entwickelt sich trotz guter Rekonstruktion eine schmerzhafte Wackelsteifigkeit und daraus resultierend im weiteren Verlauf eine schmerzhafte sekundäre Arthrose.

Abb. 4
figure 4

a Abflachung des Kalkaneokuboidwinkels nach Kalkaneusfraktur, b Podographie bei Kalkaneusfraktur links mit Verbreiterung der Belastungsflächen an Ferse, Mittel- und Vorfuß

Die Schuhversorgung sowohl bei konservativem als auch bei operativem Vorgehen erfolgt durch Entlastungsorthesen. Alternativ kommen hier der Allgöwer-Apparat sowie die Settner-Münch-Fersenentlastungsorthese in Frage.

Die definitive Versorgungsform richtet sich nach dem Ausmaß der Fehlstellung, der Fehlform und der Schmerzhaftigkeit im Bereich der Fußsohle und des unteren Sprunggelenks. Bei vielen wesentlichen Fehlstellungen kann u. U. ohne jegliche orthopädietechnische Versorgung ein normaler Konfektions- oder Arbeitsschuh getragen werden.

Bei leichteren Fehlstellungen ohne wesentliche Größen- und Umfangsdifferenzen zu der gesunden Gegenseite kommen semiorthopädische Arbeitsschuhe, die in einem gewissen Umfang auch zusätzliche Schuhzurichtungen zulassen, in Frage.

Bei ausgeprägten Fehlstellungen, massiven Schmerzen und erheblichen Umfangsdifferenzen zwischen gesund und krank kommt der orthopädische Maßschuh zum Tragen. An Zurichtungen sind hier Einlagen mit Fußbettung, Polster für druckempfindliche Areale sowie ein Höhen- und/oder Längenverlustausgleich möglich. Insbesondere bei schmerzhaftem unterem Sprunggelenk und ausgeprägten Varus-/Valgusfehlstellungen kommen seitlich verstärkende Fersenkappen zur Anwendung.

Bei ausgeprägter schmerzhafter Wackelsteifigkeit des unteren Sprunggelenks ist der Versuch einer Rückfußfassung mit medialer und lateraler Fersenkappe möglich.

Talusfrakturen

Sie münden, insbesondere wenn sie den Gelenk tragenden Bereich einschließen, fast zwangsläufig in eine Arthrose des oberen Sprunggelenks mit entsprechend schmerzhafter Bewegungseinschränkung. Die klassische Versorgung besteht in einer Ruhigstellung durch einen hohen Schuh mit seitlicher Walkkappe, gepuffertem Keilabsatz und Mittelfußrolle bei verstärktem vorderem Spitzenhub, um das Abrollverhalten beim Laufen zu verbessern. Alternativ ist auch bei geringerem Beschwerdeumfang ein hoher Innenschuh möglich. Vorteil dieser Innenschuhversorgung ist die Möglichkeit des Tragens von normalen Konfektionsschuhen.

Mündet die Talusfraktur in eine Arthrodese des oberen Sprunggelenks, kommen je nach Beschwerdebild Schuhzurichtungen an Konfektionsschuhen, semiorthopädischen Schuhen oder orthopädischen Maßschuhen in Frage wie Pufferabsätze, Keilabsätze, Mittelfußrolle mit verstärktem Spitzenhub und evtl. auch Beinlängenausgleich bis maximal 5 mm.

Schuhversorgungsalgorithmus

Versorgungsalgorithmus bedeutet hier Eskalation des Versorgungsumfangs. Prinzipiell sollte versucht werden, zunächst Konfektions- und Arbeitsschuhe mit entsprechenden Schuhzurichtungen zu versehen, v. a. wenn geringe Form- und Funktionsstörungen vorliegen.

Bei leichten Form- und Funktionsstörungen kommt der semiorthopädische Arbeitsschuh mit entsprechend eingeschränkter Zurichtung entsprechend der Sicherheitsklassen (S) 1–3 in Frage.

Bei deutlich ausgeprägten Form- und Funktionsstörungen ist der orthopädische Maßschuh indiziert. Er kann zum einen computertechnisch gestützt nach dem Bremer Modell, zum anderen auch traditionell handwerklich hergestellt werden.

Beim semiorthopädischen Arbeitsschuh bzw. teilkonfektionierten orthopädischen Sicherheitsschuh S1–S3 können zur Ergänzung bei leichten Fußverkürzungen, Fußfehlstellungen und Bewegungseinschränkungen eine Einlagenversorgung sowie Abrollunterstützung und Fersenkappe zusätzlich integriert werden. Fest integriert sind Stahlsohle, Leisten und Zehenschutzkappe.

Bei der Maßschuhherstellung im Rahmen des Bremer Modells wird der Fuß über einen 3D-Scanner vermessen und die anschließende Schuhherstellung mittels computergestützter Technologie durchgeführt. Nachteil dieses Verfahrens ist, dass der Fuß fest auf der Untersuchungsplatte aufgestellt wird und somit eine Fehlstellung nicht korrigierbar ist.

Der orthopädische Sicherheits-/Maßschuh kommt für den erkrankten, funktionsgestörten oder formfehlerhaften Fuß in Frage. Er wird nach individuellem Leisten nach Gipsabdruck handwerklich gefertigt und erlaubt es, eine Fehlstellung des Fußes zu korrigieren. Auch hier kommen Fußbettung, Stahlkappe, Knöchelkappe und Abrollhilfe als ergänzende Maßnahme zum Tragen.

Amputationen im Fußbereich

Sie bedeuten immer eine Verkürzung des Fußes mit Verkleinerung der Standfläche, was bei doppelseitigen transversalen Amputationen maximal ausgeprägt ist. Ziel der orthopädietechnischen Maßnahme ist die Wiederherstellung der ursprünglichen Stehfläche [2].

Fußprothesen aus Silikon

Von 120 verschiedenen Silikonen werden etwa 32 in der Orthopädietechnik verwendet (reine Medical-Grade-Silikone). Die herausragenden Eigenschaften der Silikone sind ihre Geschmeidigkeit, Adhäsivität und ihr dämpfender Charakter.

Es ist zwischen HTV- (Hochtemperaturvernetzungs-) und RTV-Silikonen (Raumtemperaturvernetzungssilikonen) zu unterscheiden. Bei HTV findet die Vernetzung bei 100–160°C statt, bei RTV bei normaler Raumtemperatur.

Gleichfalls werden verschiedene Härtebereiche unterschieden. So gilt die Einteilung von 0–20 Shore als weich und von 38–70 Shore als hart [6].

Für die Versorgung mit Fußprothesen aus Silikon ist aufgrund der unterschiedlichen Beanspruchungen in den verschiedenen Regionen eine Kombination unterschiedlich harter Silikone, evtl. mit Unterstützung weiterer Elemente wie Karbon usw., notwendig. Hervorgehoben werden muss die hohe Biokompatibilität, z. B. die Hautverträglichkeit der Medical-Grade-Silikone.

Ziel der Versorgung von Amputationen im Fußbereich sind eine konturengetreue Stumpfeinbettung sowie eine statisch und dynamisch bei formschlüssigem Vollkontakt minimale Druckentwicklung im Stumpfbereich.

Versorgung von Amputationen im Fußbereich

Zehenamputationen

Bei ihnen kommen neben einer Silikonprothese selbstverständlich auch Einlagen mit einem Platzhalter in Frage.

Typisch ist die Silikonprothese nach Türk [4]. Sie dient dem kosmetischen Ersatz, v. a. wenn der Wunsch zum Tragen offener oder geschlossener Schuhe geäußert wird [5], und hat kaum funktionelle Bedeutung. Sie ist v. a. beim Verlust mehrerer Zehen indiziert (Abb. 5 a).

Neben der Anpassung einer Silikonprothese ist eine adäquate Schuhversorgung mit Ballenrolle zur Entlastung der Metatarsaleköpfchen und Sohlenversteifung notwendig.

Abb. 5
figure 5

a Silikonprothese bei Verlust der Zehen 1–3 rechts (mit freundl. Genehmigung der Firma Brillinger, Tübingen), b Schnittbild einer Silikonprothese nach Bellmann (mit freundl. Genehmigung der Firma Brillinger, Tübingen), c schematischer Aufbau einer Silikonprothese nach Bellmann. (Aus [3], mit freundl. Genehmigung des Verlags Maurer, Geislingen)

Amputationen transmetatarsal bis zum Lisfranc-Gelenk

Bei Amputationen im Bereich der Metatarsalia bis zum Lisfranc-Gelenk kommen Kurzprothesen nach Bellmann ([4], Abb. 5 b,c) oder Botta [4] sowie Vorfußprothesen in Silikontechnik nach Cubber [7] in Frage. Auch hier sind eine adäquate Schuhversorgung mit außen verbreitertem vorgezogenem Absatz oder Keilabsatz notwendig sowie einer Mittelfußrolle mit Scheitel 1 cm proximal des knöchernen Stumpfendes, um dieses zu entlasten.

Die Kurzprothesen nach Bellmann [4] oder Botta [4] zeichnen sich durch einen eng anliegenden Schaft und einer Fersenklammer aus, was zu einer freien Beweglichkeit im oberen und unteren Sprunggelenk führt.

Longitudinale Amputationen

Sie bedürfen in der überwiegenden Zahl der Fälle einer sehr individuellen Versorgung.

In dem in Abb. 6 dargestellten Fall war eine Versorgung mit einer Silikonprothese aufgrund der Weichteilsituation mit transplantiertem Vollhautlappen nicht möglich (Abb. 6 b). Wegen der fixierten Spitzfuß- und Invasionsstellung wurde der Fuß durch Einlage mit Verkürzungsausgleich und Bettung des Fußes sowie zur Entlastung einen deutlich über Knöchelhöhe hochgezogenen Arthrodesenstiefel versorgt (Abb. 6 c,d). Damit war der Patient bis zu 6 h voll belastbar. Prinzipiell ist hier im weiteren Verlauf eine orthopädische Arbeitssicherheitsstiefel- sowie orthopädische Arbeitssicherheitsgummistiefelversorgung denkbar, um die Tätigkeit des Patienten als Maurer in der Folge zu gewährleisten.

Abb. 6
figure 6

Longitudinale Amputation am Fuß, a,b longitudinale Fußamputation des lateralen Strahls, a röntgenologischer, b klinischer Befund; c Einlagenversorgung, d Schuhversorgung

Fazit für die Praxis

Nach Fußverletzungen verbleiben häufig trotz optimaler unfallchirurgischer Versorgung Funktions- und Belastungsdefizite. Ziel der orthopädietechnischen Versorgung ist die Wiederherstellung eines möglichst schmerzfreien und physiologischen Bewegungsablaufs. Neben der Einlagenversorgung kommen entsprechend der Verletzungstopographie unterschiedliche Schuhzurichtungen sowohl an normalen Konfektionsschuhen als auch an semiorthopädischen Arbeitsschuhen sowie nach orthopädischen Modellen hergestellte Schuhe in Frage. Fußprothesen aus Silikon nach Amputationen im Fußbereich dienen insbesondere der Funktionsverbesserung, aber auch der Kosmetik. Insbesondere bei longitudinalen Amputationen sind sehr individuelle Versorgungen notwendig.