Frakturen des oberen Sprunggelenkes (OSG) gehören zu den häufigsten Verletzungen in der unfallchirurgischen Notaufnahme und Praxis. Mit steigendem Komplexitätsgrad sind die Behandlungsergebnisse leider nicht immer günstig und häufig MDE-relevant (MdE: Minderung der Erwerbsfähigkeit). Dies betrifft nicht zuletzt die Frakturen des Pilon tibiale.

Da es sich beim OSG um ein mechanisch besonders stark beanspruchtes Gelenk handelt, sind möglichst anatomische Gelenkflächen- und Bandrekonstruktionen wesentliche Voraussetzungen zur Erzielung eines dauerhaften Behandlungserfolgs. Auch wenn sich diese grundsätzlichen Vorgaben in den letzten Jahren nicht änderten, kamen auf dem Weg zu diesem Behandlungsziel doch neue Erkenntnisse und Behandlungsoptionen hinzu. Dies betrifft nicht zuletzt die präoperative Diagnostik. Eine exakte Planung der Operationstaktik mit Implantat- und Zugangswahl ist bei komplexen Frakturformen ohne CT-Bildgebung (CT: Computertomographie) mit multiplanaren Rekonstruktionen nur schwer zu realisieren. Intraoperativ ist die 3D-Bildgebung extrem hilfreich und ermöglicht das Erkennen von Problemen bei der Gelenkflächenrekonstruktion und der korrekten Einstellung der Fibula in die tibiofibulare Inzisur. Hierdurch kann intraoperativ – sozusagen online – durch den Operateur reagiert werden, womit postoperative CT-Untersuchungen sowie Revisionseingriffe weitgehend vermieden werden können.

Höhergradige Verletzungen der tibiofibularen Syndesmose werden häufig unterschätzt. Besonders die Torsions- und ventrodorsale Einstellung der Fibula in der Inzisur sowie die Längenrekonstruktion und Stellschraubenplatzierung sind hier keineswegs trivial. Auf der anderen Seite werden isolierte Rupturen des vorderen Syndesmosenbands nicht selten überbewertet und operativ übertherapiert. Zudem drängen neue Verfahren wie der „tight rope“ in den Markt.

Bei den Osteosyntheseverfahren sind die Vor- und Nachteile der derzeit zur Verfügung stehenden winkelstabilen Plattenfixateure noch weitgehend unbestimmt.

Moderne Orthesen und Hilfsmittel sowie standardisierte Algorithmen bieten neue Ansatzpunkte für die Nachbehandlung.

Die ohnehin kritische Weichteilsituation um das OSG wird durch die immer älter werdenden Patienten mit Durchblutungsstörungen und Stoffwechselerkrankungen zusätzlich belastet. Wundheilungsstörungen sind hier nicht selten und erfordern klare Konzepte bis hin zu Alternativverfahren, frühzeitiger Implantatentfernung und plastischen Deckungen. Angesichts dieser Herausforderungen sind reflexhafte Operationsindikationen zu hinterfragen. Immer häufiger stellt sich die früher viel geläufigere Frage: Was lässt sich noch konservativ behandeln und wenn ja – wie?

Bei schmerzhaften posttraumatischen Arthrosen entstand durch die Weiterentwicklungen der OSG-Totalendoprothesen bei Erfüllung individueller Indikationskriterien eine gute Alternative zur Arthrodese. Dabei bleibt das physiologische Gangbild weitgehend erhalten, und Beinverkürzung und Anschlussarthrosen können verhindert werden.

Im vorliegenden Schwerpunktheft werden die angesprochenen Themen- und Problemfelder in Übersichtsartikeln dargestellt und damit ein komprimierter Überblick über den aktuellen Stand der Behandlung von OSG- und Pilonfrakturen sowie deren Folgezustände gegeben.

Ihr

Reinhard Hoffmann