Zusammenfassung
Mit dem Begriff der Kausalität wird das philosophische Konstrukt umschrieben, dass jede Veränderung eine Ursache hat, die eine Wirkung hervorruft. Dennoch kann ein scheinbar einfacher Kausalitätsverlauf, gedanklich abgestellt auf repetitive Erfahrungen zu einem vermeintlich „naturgesetzlichen“ Zusammenhang, einer Sinnestäuschung unterliegen, nicht selten auch verknüpft mit einer Nichtbeachtung beweisrechtlicher Regeln. Unterschiedliche Rechtsnormen können einen solchen Prüfungsvorgang so weit beeinflussen, dass am Ende der Kausalitätsprüfung z. B. im Bereich der privaten Versicherung ein anderes Ergebnis steht als in einem Prüfungsverfahren im sozialrechtlichen Bereich. Gleichermaßen bestehen Unterschiede im sozialrechtlichen Prüfungsverfahren zur Kausalität einer Gesundheitsstörung einerseits nach einer Unfalleinwirkung und andererseits nach beruflichen Einwirkungen. Diese Unterschiede in der Kausalitätsprüfung im Sozialversicherungsrecht (gesetzliche Unfallversicherung) werden vergleichend betrachtet. Hierbei werden Besonderheiten aufgezeigt, deren Unkenntnis oder Nichtbeachtung unweigerlich zu fehlerhaften Expertisen führen müssen.
Abstract
The term “causality” describes the philosophical construct that every change has a cause that generates an effect. However, an apparently simple causal chain that is assumed because of repetitive experiences concerning an alleged interrelationship can be liable to misperception, frequently combined with a neglect of judicial rules of evidence. Different legal norms can influence the assessment process to such an extent that the outcome of causality appraisal may differ depending on the legal field involved, e.g., private accident insurance or social law. As far as social law and, specifically, the German statutory accident insurance is concerned, differences also exist between the assessment processes concerning the causality of health disorders after work-related accidents on the one hand and after occupational exposures on the other hand. These differences are compared, and peculiarities that the medical expert must be aware of in order to avoid incorrect assessments are discussed.
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Interessenkonflikt
Der korrespondierende Autor weist auf folgende Beziehung/en hin: Der Autor ist überregional als Gutachter für Gerichte und Versicherungen tätig und hat die dabei gewonnenen Erfahrungen eingebracht in zahlreiche Vorträge, Veröffentlichungen und Fortbildungsseminare, Letzteres in Zusammenarbeit mit Richtern und Anwälten, gesetzlichen und privaten Unfallversicherern. Der Autor ist Leiter der Arbeitsgruppe „Gutachtliche Fortbildung“ der Kommission „Gutachten“ der DGU, gleichzeitig stellvertretender Leiter dieser Kommission und vertritt die zivilrechtliche Begutachtung als Lehrbeauftragter der Universität zu Köln in der studentischen Ausbildung.
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Schröter, F. Kausalität im Sozialrecht. Trauma Berufskrankh 11, 231–241 (2009). https://doi.org/10.1007/s10039-009-1557-3
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