Rehabilitationsmanagement erfordert in personeller und organisatorischer Hinsicht einen hohen Aufwand. Dieser ist nur dann zu rechtfertigen, wenn auch nachweisbare Effekte erzielt werden. Dabei stehen folgende Ziele im Vordergrund:

  • Eine schnelle Wiedereingliederung des Versicherten in das Erwerbsleben, möglichst am alten Arbeitsplatz

  • Reduzierung der Kosten

Im vorliegenden Beitrag wird erläutert, welche Maßnahmen bei der Ausgestaltung des Rehabilitationsmanagements erforderlich sind, um diese Ziele zu erreichen.

Schnelle Wiedereingliederung in das Erwerbsleben

Das Ziel, den Versicherten möglichst schnell wieder in das Erwerbsleben zu integrieren, wird im Wesentlichen durch folgende Faktoren gefährdet:

  • Gründe, die in der Person des Versicherten liegen

  • Mangelnde Kenntnis der Behandler [Durchgangsärzte (D-Ärzte)] hinsichtlich der tatsächlichen Anforderungen des Arbeitsplatzes

  • Fehlende oder inadäquate Einbindung des Arbeitgebers

  • Fehlende, späte oder inadäquate Aktivitäten des Unfallversicherungsträgers (UV-Träger)

Versicherter

Mit der Nennung des Versicherten an erster Stelle der möglichen Probleme bei der raschen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben soll dieser nicht stigmatisiert werden. Vielmehr ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die beste Planung nicht funktionieren kann, wenn der Versicherte nicht eingebunden wird. Zudem gilt es, mögliche, in der Person des Versicherten liegende Risikofaktoren (z. B. Verschuldung, Sucht, psychische Erkrankung, fehlendes soziales Netz, gestörtes Verhältnis zum Betrieb usw.) zu erkennen und wirksam auf diese zu reagieren.

Mit dem frühzeitigen und persönlichen Kontakt mit dem Versicherten ist auch einer der häufigsten Irrtümer des Rehabilitationsmanagements verbunden. Der damit einhergehende zeitaufwändige Außendienst ist nicht mit dem Rehabilitationsmanagement selbst zu verwechseln, sondern stellt vielmehr unverzichtbares Mittel zum eigentlichen Zweck dar.

Praktische Bedeutung

Um das Ziel der schnellstmöglichen Wiedereingliederung ins Erwerbsleben zu erreichen, sind folgende Punkte wichtig:

  • Der persönliche Kontakt mit dem Versicherten sollte so früh wie möglich stattfinden.

  • Der Kontakt ist in erster Linie auf Erkenntnisgewinn ausgerichtet und sollte weniger dem Zweck dienen, dem Versicherten den Katalog der „unfallversicherungsrechtlichen Wohltaten“ zu erläutern.

  • Es ist darauf hinzuwirken, dass beim Versicherten und dem UV-Träger eine Übereinstimmung hinsichtlich des Rehabilitationsziels in inhaltlicher und zeitlicher Hinsicht besteht (Zielvereinbarung).

  • Die betreffenden Rehabilitationsmanager/-innen sind dabei zu unterstützen, wie sie ihre in den Gesprächen gewonnenen Erkenntnisse verarbeiten und zielführend in das Rehabilitationsmanagement einbringen können (z. B. regelmäßige Fallbesprechungen und Supervision).

Arbeitsplatzorientierung

Eine möglichst rasche Rückkehr an den alten Arbeitsplatz setzt die Kenntnis über dessen Bedingungen voraus. Dieses gilt sowohl für die Frage der Attestierung der Arbeitsunfähigkeit durch den D-Arzt als auch für eine entsprechend ausgerichtete Rehabilitation. Den handelnden Akteuren diese Kenntnis zu verschaffen, ist Aufgabe des UV-Trägers. Er bedient sich dabei des von der DGUV entwickelten Arbeitsplatzanforderungsprofils, welches er in der Regel vom Arbeitgeber ausfüllen lässt und dem D-Arzt und insbesondere der therapeutischen Praxis zur Verfügung stellt.

Hierbei ergibt sich aktuell das Problem, dass in Deutschland nur sehr wenige Einrichtungen existieren, die es verstehen, ihre therapeutischen Interventionen auch tatsächlich an den Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes auszurichten. Ein Umstand, der nur auf den ersten Blick irritiert, wenn man berücksichtigt, dass eine EAP-Einrichtung (EAP: Erweiterte Ambulante Physiotherapie) weder in personeller noch in therapeutischer Hinsicht Ergotherapie anbieten muss und auch die Anforderungen an eine BGSW (Berufsgenossenschaftliche Stationäre Weiterbehandlung) in dieser Hinsicht nur wenig konkret sind.

Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die DGUV verbindliche Kriterien für die Durchführung einer arbeitsplatzorientierten Therapie formuliert und Voraussetzungen für die Zulassung entsprechender Einrichtungen verabschiedet, bleibt es dem jeweiligen UV-Träger überlassen, die geeigneten Einrichtungen zu identifizieren. Die VBG (Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) führt aus diesem Grund das Projekt AOMR (arbeitsplatzorientierte, muskuloskelettale Rehabilitation) durch, in dem es darum geht, die verschiedenen unverzichtbaren Bestandteile einer arbeitsplatzorientierten Rehabilitation zu standardisieren und in der Zusammenarbeit mit geeigneten Einrichtungen eine gemeinsame und aussagekräftige Sprache zu entwickeln.

Arbeitgeber

Der enge Kontakt zum Arbeitgeber, meist wahrgenommen vom Berufshelfer, zum Zweck einer passgenauen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben, ist traditionell eine der Stärken der gesetzlichen Unfallversicherung und bedürfte insofern keiner weiteren Erläuterung. Jedoch hat dieses Thema durch die im §84 SGB (Sozialgesetzbuch) IX verankerte Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung eines Eingliederungsmanagements eine verstärkende Wirkung erfahren. Die Aufgabe des Arbeitgebers, bereits ab einer (erwarteten) Dauer der Arbeitsunfähigkeit von mehr als 6 Wochen auf eine Wiedereingliederung hinzuwirken, harmonisiert geradezu ideal mit der aus dem Rehabilitationsmanagement gewonnenen Erkenntnis, dass eine frühe Einbindung des Arbeitgebers schon aus psychologischen Gründen für eine rasche Rückkehr an den Arbeitsplatz wichtig sein kann.

Für die Praxis bedeutet dies, dass, natürlich in Abstimmung mit dem Versicherten, der Arbeitgeber möglichst früh zu kontaktieren ist und eben nicht erst auf die ärztliche Prognose gewartet wird, nach der die Wiedereingliederung nicht bzw. nur unter erschwerten Bedingungen möglich ist. Da das Thema Eingliederungsmanagement bei vielen Arbeitgebern noch wenig bekannt ist, kann der frühe Kontakt anlässlich eines Arbeitsunfalls dazu genutzt werden, dieses generell zu erläutern und ggf. auf den konkreten Einzelfall hin zu präzisieren.

Unfallversicherungsträger

Wie bereits erwähnt, ist das Rehabilitationsmanagement darauf ausgerichtet, den Versicherten nach einem schweren Arbeitsunfall möglichst rasch wieder in das Erwerbsleben zu integrieren. Wer diese Aufgabe effektiv erfüllen will, muss auch bereit sein, die dafür erforderlichen Voraussetzungen in personeller und organisatorischer Hinsicht zu schaffen.

Bei der Auswahl und Ausbildung der mit dem Management der Rehabilitation von schwerverletzten Versicherten betrauten Personen sollte idealerweise auf folgende Kenntnisse und Fähigkeiten geachtet werden:

  • Über die ohnehin erforderlichen versicherungs- und leistungsrechtlichen Kenntnisse hinaus ist auch ein Grundverständnis der gängigen Verletzungsarten und Nachbehandlungskonzepte nützlich, wenn Gespräche mit Behandlern auf „Augenhöhe“ geführt werden sollen.

  • Für die bereits oben erwähnten Gespräche mit schwerverletzten Versicherten, die sich nicht selten auch in schweren Lebenskrisen befinden, sind ausgeprägte kommunikative Fähigkeiten und in gewisser Weise auch ein „psychologisches Gespür“ unverzichtbar. Diese Fähigkeiten sind insbesondere auch dann erforderlich, wenn es darum geht, im Konfliktfall die Notwendigkeit bestimmter Maßnahmen überzeugend erläutern und somit auf den Einsatz „hoheitlicher Schritte“ verzichten zu können.

  • Die Rehabilitation zu managen, erfordert die Fähigkeit, organisieren und erforderliche Aktivitäten verbindlich terminieren zu können.

Diese gerne auch als „weiche Kriterien“ bezeichneten Fähigkeiten sind in ihrer Bedeutung für ein effektives Rehabilitationsmanagement nicht zu unterschätzen! Wo es nicht gelingt, den Versicherten zu überzeugen und in das Rehabilitationskonzept verantwortlich mit einzubeziehen, oder womöglich nicht zur Kenntnis genommen wird, dass erhebliche Risikofaktoren existieren und der Versicherte von ganz anderen Motiven als erwartet geleitet wird, kann die Rehabilitation nicht oder nur verzögert gelingen.

In organisatorischer Hinsicht ist es wichtig, zu wissen, dass ein wirksames Rehabilitationsmanagement mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden ist. Dass heißt, dass für die zu managenden Fälle auch ausreichend Personal zur Verfügung stehen sollte. Wenn z. B. der Außendienst und hier insbesondere der persönliche Kontakt zum Versicherten, nur eingeschränkt möglich sind, kann dennoch Rehabilitationsmanagement betrieben werden. Es wird jedoch eines wesentlichen Faktors seiner erhofften Wirksamkeit beraubt. Gleiches gilt für die bereits oben erwähnte Unterstützung und Begleitung der Rehabilitationsmanager/-innen in Form von regelmäßigen Fallbesprechungen und evtl. sogar dem Angebot einer Supervision.

Zusätzliche organisatorische Maßnahmen sind auch dann erforderlich, wenn das Rehabilitationsmanagement nicht aus einer Hand betrieben wird, sondern z. B. eine Trennung zwischen medizinischer und beruflicher Rehabilitation erfolgt. Auch wenn diese in fachlicher und personeller Hinsicht sinnvoll erscheinen mag, bergen solche „Schnittstellen“ grundsätzlich die Gefahr von Abstimmungsschwierigkeiten und damit einhergehenden Verzögerungen.

Kosten

Rehabilitationsmanagement muss sich lohnen und dies insbesondere in finanzieller Hinsicht!

Es ist erstaunlich, wie oft dieser Satz immer noch zu Irritationen und teilweise sogar zu Widerspruch führt. Doch der mit der Einführung eines effektiven Rehabilitationsmanagements einhergehende hohe Aufwand ließe sich nicht rechtfertigen, wenn es diese erhofften und auch tatsächlichen Effekte nicht gäbe. Dabei liegen die Gründe hierfür auf der Hand:

  • Eine schnelle und nicht verzögerte Wiedereingliederung spart nicht nur Zeit, sondern natürlich auch Geld.

  • Die Vermeidung nicht zielführender Maßnahmen senkt die Kosten der Heilbehandlung.

  • Eine optimale Heilbehandlung unter Einbindung der besten Experten verbessert das medizinische Outcome und vermeidet unnötige Rentenzahlungen.

Der letzte Punkt bedarf noch einer gesonderten Erwähnung, da damit das bisher noch nicht erwähnte Thema der Etablierung und Nutzung von Netzwerken verbunden ist. Gemeint sind die Auswahl und Einbindung geeigneter Leistungserbringer auf dem Gebiet der medizinischen und/oder beruflichen Rehabilitation.

Die Auswahl erfolgt zum einen unter qualitativen Aspekten auf medizinischem Gebiet, wobei das Verletzungsartenverfahren der DGUV eine gute Grundlage bietet. Zum anderen kommen aber auch nur solche Anbieter in Betracht, die eine unverzügliche Behandlung der Versicherten und insbesondere auch eine reibungslose Kommunikation mit dem UV-Träger gewährleisten können. Als besonders wirksam erweist sich hierbei der Umstand, dass durch eine gezielte Zusteuerung der Versicherten und eine regelmäßige, an den Zielen der Rehabilitation ausgerichtete Kommunikation eine gemeinsame Sprache entwickelt wird, die dabei hilft, Missverständnisse zu minimieren und den Erfolg der Rehabilitation zu sichern.