Bei der Beschäftigung mit den Versorgungsstrukturen zur Wunden-, Narben- und Keloidbehandlung drängt sich Allgemeingültiges in den Vordergrund. Insofern ist vieles, was an Strukturen dargestellt wird, in keiner Weise nur auf das Thema Wunden, Narben und Keloide beschränkt, sondern viel umfassender.

Von den Grenzen und Möglichkeiten des niedergelassenen Arztes allgemein wird insbesondere auch auf die speziellen Möglichkeiten und Grenzen des frei praktizierenden Chirurgen eingegangen.

Die bisher sektoral getrennten Bereiche der ambulanten und stationären Versorgung wachsen nicht nur aufgrund von administrativen Vorgaben, sondern auch aufgrund ökonomischer Zwänge immer mehr zusammen. Auch die ambulanten Versorgungsbereiche werden neu geordnet. Die haus- und die fachärztliche Versorgung wurde im GKV-Bereich inzwischen finanziell getrennt.

Wundversorgung

Die Wundversorgung ist selbstverständlich ein Betätigungsgebiet nahezu aller Ärzte. Sie sollte jedem Hausarzt möglich sein. Jeder Facharzt der operativen Fächer beherrscht sie selbstverständlich.

15% aller Hausärzte in Deutschland sind Facharzt für Chirurgie. Somit hat es sich bisher erübrigt, Minimalforderungen für die Wundbehandlung zu stellen. Die nachlassende Versorgungsdichte im ländlichen Bereich rückt jedoch dieses Thema wieder mehr in den Vordergrund. Ein Eingriffsraum, wie vom Robert-Koch-Institut gefordert, sollte in jeder Landarztpraxis vorhanden sein. Aber was nützt eine solche Forderung, wenn es die nötigen Ärzte für die Patientenversorgung inzwischen in weiten Bereichen nicht mehr gibt? In Mecklenburg-Vorpommern und im Land Brandenburg sind inzwischen die Planstellen für Primärärzte nicht mehr alle besetzbar. Dieses Phänomen zeigt sich auch schon in Randbereichen des Saarlands, Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens. Die Unterversorgung beträgt z. T. bereits 20% und mehr.

Problemlos heilende Wunden sollten eigentlich weiterhin in der Hand des—in vielen Gebieten bereits fehlenden—Hausarztes bleiben. Dagegen muss sich der freiberuflich tätige Chirurg aufgrund seiner Freiberuflichkeit und hohen Investition auf die Behandlungen beschränken, die ihm die Existenz sichern. Also wird er die GKV-Versicherten am liebsten an den Hausarzt abgeben; die BG- und Privatpatienten aber weiterbehandeln. Eine solche Verdrängung von Leistungen zu den einzelnen Arztgruppen ist bereits eine Art Einkaufsmodell. Hier stellt sich die Frage, ob das so beabsichtigt war.

In Berlin hält nur noch eine sehr geringe Zahl von Hausärzten einen Eingriffsraum nach den Richtlinien vor. Sie schicken umgekehrt Patienten in die reichlich vorhandenen chirurgischen Praxen. Der Überversorgungsgrad mit Chirurgen in Berlin beträgt 147%!

Die Standards der modernen Wundbehandlung—im Grunde feucht und mit den verschiedenen Wirkstoffen wie Kollagenvliese, Algenpräparate, silberbeschichtete Verbände oder Kohle sowie verschiedene Schaumstoffapplikationen—sind allen bekannt und werden durch die sie vertreibenden Industrien in die Praxen gedrängt, deshalb soll hier nicht näher auf diesen Bereich eingegangen werden.

Schlecht heilende, chronische Wunden sind eine Behandlungs- und Versorgungsdomäne der Chirurgen und hierbei der ambulant tätigen Chirurgen.

Die chronische Wunde bedarf der Suche nach dem Grund der schlechten Heilung. In den meisten Fällen handelt es sich hierbei um eine interdisziplinär zu leistende Aufgabe. Wenn die Ursache nicht eindeutig erkannt ist und die chronische bzw. die schlecht heilende Wunde das Erstphänomen darstellt, ist zu überlegen, ob die Primärdiagnostik nicht unter stationären Bedingungen in einem z. B. angiologischen/diabetologischen Zentrum durchgeführt werden sollte. Die Entscheidung hierüber sollte dem Hausarzt überlassen bleiben.

Jede Verletzung, Entzündung oder Operation ist zwangsläufig—über die entstandene Wunde—mit Narbenbildung verbunden. Der Körper strebt von sich aus eine möglichst geringe Narbenbildung an. Die Wundbehandlung soll dies fördern, auf keinen Fall hindern. Somit stellt sich die Frage, ob bei einfachen Fällen überhaupt Ärzte involviert werden sollen oder ob eine Betreuung durch eine Wundschwester ausreichend wäre?

Narben

In einigen Fällen wird das Ideal der Wundheilung nicht erreicht, und es kommt zu einer Narbenbildung mit Beeinträchtigung der Funktion oder der äußeren Gestalt. Zurzeit handelt es sich dabei in den meisten Fällen noch um Narben, die aus Wunden entstehen, welche ärztlich behandelt werden, somit können die Maßnahmen gegen Wundheilungsstörungen rechtzeitig ergriffen werden. Diese Problemfälle konzentrieren sich im Fachgebiet des Chirurgen, speziell des Unfallchirurgen. Einige werden dem Fachgebiet Dermatologie oder Dermatochirurgie zugeführt. Gravierende Narbenbildungen verlangen die Einschaltung des plastischen Chirurgen.

Grundsätzlich wird in den meisten Fällen die Behandlung zu Lasten einer Solidargemeinschaft abgefordert. Grundvoraussetzung ist dabei, dass die betreffende Gesundheitsleistung auch in dieser Solidargemeinschaft versichert ist und ausreichend bezahlt wird. Andernfalls muss der die Narbe tragende Patient persönlich die Kosten tragen oder eine engagierte Behandlung droht nicht zu erfolgen.

Im Bereich der gesetzlichen Krankenkasse, des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens und auch der privaten Krankenkasse gilt die Forderung, dass die Gesundheitsleistung notwendig, angemessen und wirtschaftlich ist.

Die Narbenbildung ist in den meisten Fällen nur durch eine Operation beeinflussbar. Für die ambulante Operation gilt der Grundsatz, dass sie mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nach den Regeln der Kunst erbringbar ist, technische Sicherheit besteht und der Patient in keiner Weise durch die ambulante Leistungserbringung gefährdet wird.

Bei den Narben mit Beeinträchtigung der Funktion sollte in der heutigen Zeit durchaus die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs, also eine Kosten-Nutzen-Abwägung erfolgen. Eine geringfügige Bewegungseinschränkung durch eine Oberflächennarbe ist z. B. vom Grad ihrer Bewegungseinschränkung her zu bewerten. Insofern ist in jedem Einzelfall eine Grenze zu ziehen, ob der Eingriff zu Lasten einer Solidargemeinschaft durchgeführt werden sollte oder nicht.

Im viel größeren Umfang gilt dies natürlich bei Narben mit Beeinträchtigung der äußeren Gestalt. Hier ist eine Eindeutigkeit durch ein Gutachten zu fordern, was bis in eine psychiatrische Begutachtung hineinreicht.

Narbenkorrektureingriffe, auch bei funktionellen Störungen, sollten auf jeden Fall fotografisch dokumentiert werden.

Ambulante vs. stationäre Behandlung

Möglichkeiten und Grenzen im Spreizfeld zwischen ambulanter und stationärer Behandlung beinhalten die gleichen Grundregeln, ganz gleich, ob die Leistung ambulant durch einen freiberuflich tätigen oder institutionell verankerten Chirurgen erbracht wird.

Das Regelgeflecht ergibt sich aus Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung des Arztes, der Größe des Eingriffs, der technischen Ausrüstung, dem zur Verfügung gestellten Material und dem Gesundheitszustand des Patienten.

Entsprechend werden die Wundbehandlung, die Behandlung von Narben und Narbenfehlbildungen, sei es nun das Keloid oder eine hypertrophe Narbe, in den Praxen und ambulanten Operationseinrichtungen vorgenommen.

Viele frei praktizierende Chirurgen, zumindest in Berlin, sind Kooperationen mit operativ tätigen Krankenhausabteilungen eingegangen und haben damit ihre Möglichkeiten deutlich ausgeweitet. Wegen der zeitlichen Bindung besteht aber hier noch eine Grenze, z. B. wenn die zeitliche Verfügbarkeit des direkt Verantwortlichen durch die freiberufliche Tätigkeit in Niederlassung eingeschränkt ist.

Qualitätskontrolle

Die Qualitätskontrolle der operativen Maßnahmen erfolgt in Berlin zum einen über die Ärztekammer, soweit sie Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung betrifft, über die Amtsärzte, soweit öffentliches Recht betroffen ist.

Im niedergelassenen Bereich haben die Kassenärztliche Vereinigung Berlin und auch viele andere KV eine Qualitätssicherungskommission eingerichtet, welche bei ambulanten Operationen, Arthroskopien und Endoskopien tätig wird und ihre Legitimation aus Strukturverträgen schöpft, welche zwischen KV und Krankenkassen geschlossen werden, mit dem Ziel die Leistungen qualitativ zu sichern und kostengedeckt zu halten. Eigentlich war hier auch eine Einbeziehung der Krankenhäuser vorgesehen, die mit 2004 beginnend auch erfolgen soll.

Fazit für die Praxis

Die Möglichkeiten eines niedergelassenen Arztes sind abhängig von:

  1. 1.

    seiner Ausbildung

  2. 2.

    den technischen Ausstattungen seines Arbeitsumfelds

  3. 3.

    den zur Verfügung gestellten Mitteln

Jeder Arzt stellt die Grenzen auf den Gesundheitszustand seines Patienten und die Belastungen der Behandlung ab.

Dass die Möglichkeiten angemessen ausgeschöpft werden und die Grenzen gewahrt bleiben, ist eine gemeinschaftliche Aufgabe unseres Berufsstands.