1 Einleitung

Eine effektive, zielgerichtete Schwingungsdämpfung, welche die Effizienz eines Mechanismus möglichst wenig beeinträchtigt, ist ein wichtiges Ziel für ein modernes Design, besonders bei Leichtbaukonstruktionen und energieeffizienten Anwendungen. Ein idealer Dämpfer dissipiert Energie nur in der Nähe der Resonanzfrequenz, wenn die unerwünschten Schwingungsamplituden die Lebensdauer oder die Funktion des Systems beeinträchtigen. Somit kann ein derartiger Dämpfer die Energieeffizienz des Systems erhöhen.

Um unerwünschte Schwingungen zu unterdrücken, wird in den meisten Anwendungen eine viskose Dämpfung in das System eingeführt, wie z. B. in der Automobilbranche in Form eines hydraulischen Stoßdämpfers [6], oder zur Erhöhung der bereits vorhandenen Materialdämpfung, z. B. constrained layer damping [33]. Diese Dämpfungsmechanismen sind stets aktiv und dissipieren ständig Energie, auch wenn dies nicht erforderlich ist. Dadurch wird die Energieeffizienz des Systems verringert. Die visköse Dämpfung ist nicht die einzige Möglichkeit zur Schwingungsreduktion. Der Einsatz von Tilgern zur Schwingungsreduktion ist üblich im Ingenieurwesen [27, 5]. Dämpfer, die Stöße sich zunutze machen, werden in [19, 2, 20, 21, 32] hauptsächlich in drei Varianten untersucht: mit Spiel, mit einer einzigen Stoßmasse und mit mehrfachen Stoßmassen. Magneto-elektro-rheologische Dämpfer [16, 29, 30, 9] stellen Dämpfer mit einstellbaren Parametern dar, beispielsweise mit einer verstellbaren Steifigkeit oder Dämpfung. Dämpfer, welche auf nichtlineare viskose Zusammenhänge basieren, werden in [18, 25, 26] untersucht.

Eine weitere Möglichkeit zur Schwingungsreduktion ist die reibungsbasierte Energiedissipation, welche im Ingenieurwesen weit verbreitet ist [1, 10, 11, 23]. Reibungsbasierte Dämpfer werden oft bei Lufttriebwerken zwischen Turbinenschaufeln oder zwischen Schaufel und Rotor eingesetzt [3, 4, 7, 8]. Des Weiteren werden Reibungsdämpfer auch im Bauingenieurwesen zwischen Trägern und Stützen und zur Dämpfung von Kabelschwingungen eingesetzt [22, 24, 31]. Das Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung energieeffizienter Dämpfungsmechanismen. Klassische Dämpfungsmaßnahmen, wie z. B. viskose Dämpfung, sind wirksame Methoden im Hinblick auf die Schwingungsreduzierung. Diese Maßnahme ist jedoch nicht energieeffizient, da Energie über alle Erregerfrequenzen dissipiert wird. Eine mögliche passive Implementierung einer energieeffizienten Schwingungsunterdrückung kann durch trockene Reibung realisiert werden. Der besondere Charakter trockener Reibung mit Stick-Slip-Übergängen ermöglicht es Elemente zu konstruieren, die ihr Verhalten ändern. Reibungskontakte, die haften und gleiten können, ändern die Struktur eines Systems und somit auch sein Verhalten. Die gezielte Gestaltung der haftenden und gleitenden Dynamik erlaubt, dass Systeme sich passiv an die aktuellen Betriebsbedingungen anpassen.

Dieser Beitrag konzentriert sich auf zwei solcher passiven, trockenen Reibungsdämpfer: den trockenen Lock-up Dämpfer und einen vorgespannten trockenen Reibungstilger mit amplitudenabhängiger Reibungskraft. Das zugrundeliegende Wirkungsprinzip der Dämpfer basiert auf den Stick-Slip-Eigenschaften der trockenen Reibung. Diese sorgt für Haften bei niedrigen Anregungsamplituden, wodurch jegliche Relativbewegung zwischen den Massen verhindert wird und somit keine Energie dissipiert wird. Sobald die Losbrechkraft des Dämpfers überwunden ist, bewegt sich das System im Stick-Slip-Bereich. Die Losbrechbedingung gewährleistet eine selektive Energiedissipation, die erst bei hohen Schwingungsamplituden auftritt. Das in dieser Arbeit verwendete Reibmodell entspricht dem einfachsten Coulomb-Modell, in dem Stribeck-Effekte sowie ein Unterschied zwischen Haft- und Gleitreibungskoeffizienten vernachlässigt werden. Diese Arbeit ist wie folgt strukturiert. In Abschn. 2 wird der trockene Lock-Up Dämpfer untersucht. Die Bewegungsgleichungen der Dämpfer werden abgeleitet und numerische Parameterstudien durchgeführt, wodurch ein erster Eindruck der Systemdynamik erhalten wird. Zusätzlich wird eine analytische Lösung für die Systeme über das Mittelwertbildungsverfahren hergeleitet und analysiert. Analoge Untersuchungen werden in Abschn. 3 für den vorgespannten trockenen Reibungstilger durchgeführt. Anschließend werden die Dämpfer in Abschn. 4 verglichen, deren Vor- und Nachteile diskutiert sowie optimale Umsetzungsszenarien abgeleitet. Zusätzlich wird kurz eine semi-aktive Gestaltung des vorgespannten trockenen Reibungstilgers vorgestellt. Die wesentlichen Erkenntnisse werden in Abschn. 5 zusammengefasst.

2 Der trockene Lock-Up Dämpfer

Das Ziel des Lock-Up Dämpfers (Abb. 1) ist die Dynamik eines bestehenden Hauptsystems zu verbessern. In dieser Arbeit wird das Hauptsystem durch die primäre Feder \(c_{1}\) und die primäre Masse \(m_{1}\) dargestellt. An diesem Hauptsystem wird der Lock-Up Dämpfer, bestehend aus einer trockenen Reibstelle mit Reibkraft \(R\), einer sekundären Feder \(c_{2}\) und einer sekundären Masse \(m_{2}\) angebracht. Aufgrund der Vernachlässigung von sowohl Stribeck-Effekten als auch von einem Unterschied zwischen Haft- und Gleitreibungskoeffizienten stimmt die Reibkraft \(R\) mit der Losbrechkraft der Reibstelle für den Lock-Up Dämpfer überein. Die Reibstelle bestimmt das Stick-Slip-Verhalten des Systems und somit auch, wann die sekundäre Feder Einfluss auf die Systemdynamik hat. Wenn das Reibungselement eine Relativbewegung blockiert, bewegen sich beide Massen gleich und die sekundäre Feder ist inaktiv. Im inaktiven Zustand kann die sekundäre Feder sich in einem ausgelenkten Zustand befinden, jedoch wirkt sich diese nicht auf die Dynamik des haftenden Systems aus. Die inaktive sekundäre Feder beeinflusst nur die Haftkraft. Sobald das Reibungselement eine Relativbewegung zulässt, ändert sich die Struktur des Systems von einem Oszillator mit einem Freiheitsgrad zu einem Oszillator mit zwei Freiheitsgraden. Dies führt zu einer Änderung der Eigenfrequenzen des Systems. Die Stick-Slip-Eigenschaften bewirken eine Aufteilung des Systemsverhaltens in lineare und nichtlineare Bereichen, die jeweils durch den geschlossenen und geöffneten Zustand des Reibungselements bestimmt werden. Daher ist die Systemdynamik durch diese zwei Bereiche gekennzeichnet: der Haftbereich und der Gleitbereich. Das System befindet sich im Haftbereich, solange die Haftreibungskraft \(H\) kleiner als die Losbrechkraft \(R \ (|H|\leq R)\) ist und die kinematische Bedingung \(\dot{x}_{1}=\dot{x}_{2}\) erfüllt ist. Wird eine dieser Bedingungen verletzt, so wechselt das System in den Gleitbereich. Die Bewegungsgleichungen für beide Bereiche lauten im Haftbereich

$$(m_{1}+m_{2})\ddot{x}_{1}+c_{1}x_{1}=F\sin\mathrm{\Omega}t,$$
(1)
$$H=m_{2}\ddot{x}_{2}+c_{2}(x_{2}-x_{1}),$$
(2)

und im Gleitbereich

$$m_{1}\ddot{x}_{1}+c_{1}x_{1}-c_{2}(x_{2}-x_{1})-R\,\mathrm{sgn}(\dot{x}_{2}-\dot{x}_{1})=F\sin\mathrm{\Omega}t,$$
(3)
$$m_{2}\ddot{x}_{2}+c_{2}(x_{2}-x_{1})+R\,\mathrm{sgn}(\dot{x}_{2}-\dot{x}_{1})=0.$$
(4)

Der Haftbereich wird durch eine Bewegungsgleichung und eine algebraische Gleichung für die Haftkraft beschrieben, wohingegen der Gleitbereich durch zwei Bewegungsgleichung charakterisiert wird. Wie in [14] beschrieben, ist es intuitiv, dass der Amplitudengang des gesamten Systems bis zu einer bestimmten Losbrechamplitude dem Amplitudengang des linearen Systems folgt. Nach dem Losbrechen folgt ein nichtlinearer Bereich, worin Haft-Gleit-Bewegungen sowie vollständige Gleitbewegungen stattfinden. Der nichtlineare Bereich, wird erst durch das vollständige Schließen der Reibstelle über eine gesamte Periode beendet. Danach folgt der Amplitudengang des Gesamtsystems erneut dem Amplitudengang des linearen Systems.

Abb. 1
figure 1

Lock-Up Dämpfer mit einer harmonischen Erregung an der primären Masse

2.1 Numerische Untersuchungen

Um einen ersten Einblick in die Dynamik des Lock-Up Dämpfers zu erlangen, werden numerische Parameterstudien durchgeführt. Die Parameter des Hauptsystems sind in der Regel a priori festgelegt und somit nicht modifizierbar. In diesen Studien werden sowohl die Masse als auch die Federsteifigkeit ohne Beschränkung der Allgemeinheit zu Eins gesetzt. Da die Gesamtmasse des Systems nicht signifikant verändert werden soll, wird der Wert der sekundären Masse wesentlich kleiner als die primäre Masse gewählt, beispielsweise ein Zehntel der primären Masse. Damit die Amplituden über das gesamte Frequenzspektrum reduziert werden, wird die sekundäre Steifigkeit so gewählt, dass die Resonanz des Hauptsystems getilgt wird. Es bleibt lediglich die Losbrechkraft der Reibstelle als frei wählbarer Konstruktionsparameter. Die Parameterstudie zum Einfluss der Reibkraft wird in Abb. 2 für die Parameter

$$\begin{aligned}\displaystyle&\displaystyle m_{1}=1\,\mathrm{kg},\quad m_{2}=0{,}1\,\mathrm{kg},\quad c_{1}=1\,\mathrm{N/m},\\ \displaystyle&\displaystyle c_{2}=0{,}1\,\mathrm{N/m},\quad F=F_{0}=0{,}1\,\mathrm{N},\end{aligned}$$

dargestellt [28]. Die Reibkraft \(R\) legt die Losbrechfrequenz fest und anhand deren gibt sie vor, ob das System sich hauptsächlich wie ein System mit einem oder zwei Freiheitsgraden verhält. Für ein System mit einem Peak ist es notwendig, dass die Losbrechefrequenz nach der ersten Resonanzfrequenz des Zweifreiheitsgradsystems liegt. Anhand dieser Parameterstudie ist die Existenz einer optimalen Reibkraft zu erkennen. Die optimale Reibkraft führt zu eine Minimierung der maximalen Amplitude im Frequenzspektrum und muss mit der Anregungskraft abgestimmt werden. Dies wird deutlich in Abb. 3. Eine Erhöhung der Erregerkraft bei gleichbleibender Reibkraft führt bei einem nicht abgestimmten Lock-Up Dämpfer zu wesentlich größeren Amplituden. Der Grund dafür liegt in der durch den Dämpfer dissipierten Energie. Die energiedissipierende Kraft ist konstant über den Weg. Dies führt zu einer zur relativen Amplitude proportionalen Energiedissipation. Für den nicht abgestimmten Fall reicht die dissipierte Energie nicht, um die Amplituden zu begrenzen. Bei den gewählten Parametern ist dieser Effekt bei einer Verdoppelung der Erregung zu sehen.

Abb. 2
figure 2

Parameterstudie der Lock-Up Dämpfer für \(R\in[0\,\mathrm{N}\) (blau), \(1{,}5\,\mathrm{N}\) (rot)], \(R_{\mathrm{opt}}\approx 0{,}0369\) N

Abb. 3
figure 3

Parameterstudie der Lock-Up Dämpfer für verschiedene Erregungskräfte bei \(R=0{,}05\) N

2.2 Analytische Untersuchungen

Nach dem Einblick in die Dynamik des Lock-Up Dämpfers, ist eine analytische Lösung für das tiefere Systemverständnis vorteilhaft. Eine ausführliche Beschreibung dieser Lösung kann in [12] gefunden werden. Um eine analytische Lösung für dieses System herzuleiten, werden die nichtlinearen Gleichungen des Systems betrachtet. Es wird zusätzlich davon ausgegangen, dass dauerhaftes Gleiten auftritt. Der erste Schritt besteht darin, die Bewegungsgleichungen des Systems zu entdimensionieren. Die dazu notwendigen Transformationen lauten

$$z_{1}=\frac{m_{1}x_{1}+m_{2}x_{2}}{m_{1}+m_{2}},\quad z_{2}=x_{2}-x_{1},$$
(5)
$$\varepsilon=\frac{m_{2}}{m_{1}+m_{2}}\ll 1,\quad k=\sqrt{\frac{c_{1}}{m_{1}}},\quad\lambda=\sqrt{\frac{c_{2}}{m_{2}}},\quad p=\frac{\lambda}{k},$$
(6a)
$$\tau=kt,\quad(\cdot)^{\prime}=\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}\tau}(\cdot),\quad\eta=\frac{\mathrm{\Omega}}{k},\quad\mu=\frac{R}{m_{2}k^{2}(1-\varepsilon)},$$
(6b)
$$f_{0}=\frac{F}{k^{2}(m_{1}+m_{2})}=\varepsilon f,\quad f=\mathcal{O}(1).$$
(6c)

Die neu eingeführten Variablen \(z_{1}\) und \(z_{2}\) stellen jeweils die Bewegung des Massenschwerpunktes des Gesamtsystems und die relative Bewegung zwischen den Massen dar. Diese Transformationen führen auf die entdimensionierten Gleichungen

$$z_{1}^{\prime\prime}+z_{1}=\varepsilon(z_{1}+z_{2}+f\sin\eta\tau)-\varepsilon^{2}z_{2},$$
(7)
$$z_{2}^{\prime\prime}+\frac{p^{2}}{1-\varepsilon}z_{2}+\mu\mathrm{sgn}(z_{2}^{\prime})=z_{1}-\varepsilon\left(z_{2}+\frac{f}{1-\varepsilon}\sin\eta\tau\right).$$
(8)

Um geeignete Gleichungen für das Mittelwertbildungsverfahren zu erhalten, wird zusätzlich eine Van-der-Pol-Transformation angewendet und die sich langsam ändernden Amplituden und Phasenunterschiede der Variablen werden betrachtet.

$$z_{1}=A\sin\varphi,\quad z_{1}^{\prime}=A\cos\varphi,$$
(9)
$$z_{2}=B\sin\psi,\quad z_{2}^{\prime}=Bp\cos\psi,$$
(10)
$$\gamma=\varphi-\eta\tau,\quad\varepsilon\delta_{1}=1-\eta,$$
(11)
$$\theta=\psi-\varphi,\quad\varepsilon\delta_{2}=p-\eta,$$
(12)
$$A^{\prime}=\varepsilon(f\sin\eta\tau+A\sin\varphi+B\sin\psi)\cos\varphi$$
$$\quad\quad\quad-\varepsilon^{2}B\sin\psi\cos\varphi,$$
(13)
$$\gamma^{\prime}=\varepsilon\delta_{1}-\varepsilon(f\sin\eta\tau+A\sin\varphi+B\sin\psi)\sin\varphi$$
$$\quad\quad\quad+\varepsilon^{2}B\sin\psi\sin\varphi,$$
(14)
$$B^{\prime}=\frac{\varepsilon}{p}\left((\tilde{A}\sin\varphi-\tilde{\mu}\mathrm{sgn}(\cos\psi)-(\!1+\!p^{2})B\sin\psi\right)\cos\psi$$
$$\quad\quad\quad-\frac{\varepsilon^{2}}{p}\left(p^{2}B\sin\psi+\tilde{f}\sin\eta\tau\right)\cos\psi,$$
(15)
$$\theta^{\prime}=\varepsilon\delta_{2}+\frac{\varepsilon}{p}\left(\tilde{\mu}\mathrm{sgn}(\cos\psi)+(1\!+\!p^{2})B\sin\psi\right)\sin\psi$$
$$\quad\quad-\frac{\varepsilon}{p}\tilde{A}\sin\varphi\sin\psi+\frac{\varepsilon^{2}}{p}\left(p^{2}B\sin\psi+\tilde{f}\sin\eta\tau\right)\sin\psi.$$
(16)

Es ist anzumerken, dass in den Gln. (15) und (16) die Skalierungen \(A=\varepsilon\tilde{A}\), \(\mu=\varepsilon\tilde{\mu}\) und \(f=\varepsilon\tilde{f}\) angewendet wurden. Die Begründung dieser Skalierung liegt daran, dass Gl. (8) nur von den Verhältnissen dieser Größen abhängt und nicht von den tatsächlichen Größen selbst. Werden diese ausgewählten Parameter mit dem gleichen Faktor skaliert, so liefert die Gleichung qualitativ dieselbe Lösung, die lediglich um den ausgewählten Faktor skaliert ist. Für eine ausführlichere Erklärung wird der Leser auf [12] hingewiesen. Wird ein Mittelwertbildungsverfahren erster und zweiter Ordnung auf die Gln. (13)–(16) angewendet, so ergeben sich die analytischen Lösungen in Abb. 4.

Abb. 4
figure 4

Analytische Lösungen des Lock-Up Dämpfers

Die Lösung erster Ordnung stellt das qualitative Verhalten des Amplitudenverlaufs dar. Der Resonanzpeak des Systems wird begrenzt und eine abfallende Kennlinie im Resonanzbereich ist zu beobachten. Die Lösung zweiter Ordnung liefert eine quantitative Verbesserung des Ergebnisses.

3 Der vorgespannte trockene Reibungstilger

Analog zum Lock-Up Dämpfer besteht das Ziel des vorgespannten trockenen Reibungstilgers darin, die Dynamik eines Hauptsystems mit der Federsteifigkeit \(c_{1}\) und mit der Masse \(m_{1}\) zu verbessern. Der Reibungstilger wird an dem Hauptsystem angebracht und besteht aus einer zwischen zwei Keilen, mit dem Keilwinkel \(\alpha\), vorgespannten Masse \(m_{2}\), siehe Abb. 5. Die an den Keilen wirkende Vorspannkraft wird durch eine Feder der Steifigkeit \(c_{2}\) hervorgerufen, welche um eine Länge \(\Delta\ell\) vorgespannt ist. Zusätzlich beschreibt der Reibungskoeffizient \(\mu\) den Zusammenhang zwischen Normalkraft und Reibkraft zwischen den Keilen und der Masse. Eine relative Auslenkung zwischen den Massen sorgt dafür, dass die Keile symmetrisch auseinander gedrückt werden. Weiterhin sind die Keile an der Hauptmasse so gelagert, dass sie nur eine Kraft in Schwingungsrichtung übertragen. Dadurch, dass die Keile auseinander gedrückt werden, stellt dieser Dämpfer eine robustere Variante im Vergleich zum Lock-Up Dämpfer dar. Die Reibkraft des Lock-Up Dämpfers ist konstant, wohingegen die Reibkraft im vorgespannten trockenen Reibungstilger von der relativen Auslenkung abhängt. Findet eine relative Verschiebung zwischen den Massen statt, so erhöht sich aufgrund der Geometrie und Federauslenkung die Normalkraft zwischen den Keilen und der Masse. Diese Änderung führt letztendlich zu einer variablen Reibkraft, welche begrenzte Schwingungsamplituden bei unterschiedlichen Erregerkraftamplituden erzielt. Analytische Untersuchungen zu diesem System ohne Vorspannung können in [13] gefunden werden. Die industrielle Umsetzung eines trockenen Reibungstilgers ohne Vorspannung in einem Antriebsstrang ist in [17] beschrieben und wird als Rupftilger bezeichnet.

Abb. 5
figure 5

Der vorgespannte trockene Reibungstilger

Aus praktischer Sicht ist es sinnvoll kleine Reibkoeffizienten zu wählen, denn diese führen zu einer höheren Lebensdauer des Dämpfers [15]. Eine Verringerung des Reibkoeffizienten verringert ebenfalls die Energiedissipation. Falls dieser Effekt nicht erwünscht ist, kann eine Kompensation durch die Anpassung des Winkels \(\alpha\) vorgenommen werden. Weiterhin ist es für kleine Reibwerte zulässig, die Bewegungsgleichungen des Systems in Bezug auf den Reibungsparameter zu linearisieren. Die Bewegungsgleichungen bleiben in Bezug auf die Koordinaten nichtlinear und für kleine Reibungskoeffizienten lauten diese im Haftbereich

$$(m_{1}+m_{2})\ddot{x}_{1}+c_{1}x_{1}=F\sin{\mathrm{\Omega}}t,$$
(17)
$$H=\dfrac{m_{2}}{m_{1}+m_{2}}(F\sin\mathrm{\Omega}t-c_{1}x_{1}),$$
(18)

und im Gleitbereich

$$m_{1}\ddot{x}_{1}+c_{1}x_{1}-F_{\mathrm{RT}}=F\sin\mathrm{\Omega}t,$$
(20)
$$m_{2}\ddot{x}_{2}+F_{\mathrm{RT}}=0,$$
(21)
$$F_{\mathrm{RT}}=2c_{2}\left(2\tan\alpha(x_{2}-x_{1})+\Delta\ell\mathrm{sgn}(x_{2}-x_{1})\right)$$
$$\quad\quad\times\left(\tan\alpha+\frac{\mu}{\cos^{2}\alpha}\mathrm{sgn}(\dot{x}_{2}-\dot{x}_{1})\mathrm{sgn}(x_{2}-x_{1})\right).$$
(22)

Die Haftkraft \(H\) stellt in Gl. (18) die notwendige Zwangskraft dar, um eine Relativbewegung zwischen den Massen zu verhindern. Dementsprechend ist sie nicht die Haftkraft zwischen den Keilen und der Masse \(m_{2}\). Die Dämpferkraft kann in einen dissipationsfreien Anteil \(F_{\mathrm{C}}\) und einen dissipationsbehafteten Anteil \(F_{\mathrm{D}}\) zerlegt werden, vgl. Abb. 6,

$$F_{\mathrm{RT}}=F_{\mathrm{C}}+F_{\mathrm{D}},$$
(23)
$$F_{\mathrm{C}}=2c_{2}(2\tan\alpha(x_{2}-x_{1})+\Delta\ell\mathrm{sgn}(x_{2}-x_{1})\tan\alpha),$$
(24)
$$F_{\mathrm{D}}=2c_{2}(2\tan\alpha|x_{2}-x_{1}|+\Delta\ell)\frac{\mu}{\cos^{2}\alpha}\mathrm{sgn}(\dot{x}_{2}-\dot{x}_{1}).$$
(25)

Die Nichtlinearitäten im Reibungstilger sind deutlich ausgeprägter als bei dem Lock-Up Dämpfer, denn für diesen Dämpfer liegen Unstetigkeiten in der Dämpferkraft sowohl auf Lageebene als auch auf der Geschwindigkeitsebene vor. Zusätzlich ist der dissipationsbehaftete Anteil der Dämpferkraft proportional zum Weg. Dies führt dazu, dass die dissipierte Energie proportional zum Quadrat der relativen Amplitude ist, ähnlich wie bei einem viskosen Dämpfer. Anhand dieses Erkenntnisses bezeichnen die Autoren dieser Arbeit den Reibungstilger als ein pseudoviskoser Dämpfer.

Abb. 6
figure 6

Zerlegung der Dämpferkraft des Reibungstilgers mit \(x_{\mathrm{rel}}=x_{2}-x_{1}\)

3.1 Numerische Untersuchungen

Die erste Erkenntnisse dieses Systems werden durch numerische Simulationen gewonnen. Nach wie vor sind die Parameter des Hauptsystems beispielhaft auf Eins gesetzt und die sekundäre Masse wird als ein Zehntel der Hauptmasse gewählt. Der Reibungstilger bietet allerdings eine höhere Flexibilität in der Gestaltung, da als Konstruktionsparameter der Keilwinkel \(\alpha\), der Reibungskoeffizient \(\mu\), die Vorspannlänge \(\Delta\ell\) und die sekundäre Steifigkeit \(c_{2}\) in Frage kommen. Die numerischen Studien dieser Arbeit beschränken sich auf zwei Konstruktionsparameter \(\alpha\) und \(\Delta\ell\) und auf die Robustheit des Systems gegenüber der Erregungsamplitude \(F\). Falls nicht anders spezifiziert, werden für die numerischen Parameterstudien die folgenden Standartparameter verwendet

$$\begin{aligned}\displaystyle&\displaystyle m_{1}=1\,\mathrm{kg},\quad m_{2}=0{,}1\,\mathrm{kg},\quad c_{1}=1\,\mathrm{N/m},\\ \displaystyle&\displaystyle c_{2}=0{,}1\,\mathrm{N/m},\quad F=F_{0}=0{,}01\,\mathrm{N},\quad\alpha=30^{\circ},\\ \displaystyle&\displaystyle\Delta\ell=0{,}01\,\mathrm{m},\quad\mu=0{,}01.\end{aligned}$$

Die Variation des Keilwinkels \(\alpha\) zeigt, dass dieser Parameter einen wesentlichen Einfluss auf die effektive Steifigkeit \(c_{2,\mathrm{eff}}\) zwischen den Massen hat. Anhand des nicht dissipativen Anteils der Dämpferkraft lässt sich die effektive Steifigkeit als der Koeffizient der relativen Verschiebung ableiten, \(c_{2,\mathrm{eff}}=4c_{2}\tan^{2}\alpha\), vgl. Gl. (24). Diese Einflüsse sind in Abb. 7 erkennbar. Bei kleinen Winkeln ergibt es sich eine niedrige effektive Steifigkeit und somit auch ein Peak bei niedrigen Frequenzen und ein Peak in der Nähe der Resonanz des haftenden Systems. Eine Erhöhung der effektiven Steifigkeit durch den Winkel \(\alpha\) bewirkt eine Verschiebung beider Resonanzen nach rechts, eine Erhöhung des ersten Peaks und eine Verminderung des zweiten Peaks. Zusätzlich hat der Keilwinkel einen Einfluss auf die dissipierte Energie. Je höher der Keilwinkel, desto höher ist die dissipierte Energie bei gleichbleibender relativer Auslenkung, vgl. Gl. (25).

Abb. 7
figure 7

Parameterstudie des Reibungstilgers für verschiedene Keilwinkel \(\alpha\)

Abb. 8
figure 8

Parameterstudie des Reibungstilgers für verschiedene Vorspannlängen \(\Delta\ell\)

Ähnlich zur Reibkraft des Lock-Up Dämpfers bestimmt die Vorspannlänge die Losbrechefrequenz, bei der das System in den nichtlinearen Haft-Gleit-Bereich übergeht. Die Parameterstudie zur Vorspannlänge \(\Delta\ell\) wird in Abb. 8 dargestellt. Eine verschwindende Vorspannlänge führt zu einem Zweifreiheitgradsystem, das nicht ins Haften kommt. Wird die Vorspannlänge erhöht so reduziert sich der Gleitbereich und zwei Haftbereiche treten am Rande des Amplitudengangs in Erscheinung. Je höher die Vorspannlänge desto größer werden die Haftbereiche. Für \(\Delta\ell\rightarrow\infty\) haftet das System stets. Für dieses System existiert eine optimale Vorspannlänge. Diese optimale Vorspannlänge bewirkt die bestmögliche Schaltung zwischen den beiden Extremfällen und erzielt somit niedrigere Schwingungsamplituden. Weiterhin können nicht periodische Lösungen im System auftreten. Diese können sowohl quasiperiodisch als auch chaotisch sein. Für möglichst geringe Schwingungsamplituden sind dieser Art Lösungen zu vermeiden.

Abb. 9
figure 9

Parameterstudie des Reibungstilgers für verschiedene Erregerkraftamplituden \(F\) mit \(V=A_{x1}/F,\quad V_{0}=A_{x1,F_{0}}/F_{0}\)

Die letzte Studie des Reibungstilgers beschäftigt sich mit der Robustheit des Systems gegenüber einer Änderung der Erregerkraftamplitude. Abb. 9 stellt die normierten Vergrößerungsfunktionen des Systems für verschiedene Erregerkraftamplituden dar. Im Gegensatz zum Lock-Up Dämpfer bleiben die Amplituden begrenzt. Die Kurven liegen nicht direkt aufeinander, dennoch sind die Unterschiede minimal. Eine Erhöhung der Erregerkraft bewirkt nahezu keine Änderung des Vergrößerungsfaktors. Folglich werden die Schwingungsamplituden des Systems näherungsweise mit dem gleichen Faktor verstärkt. Dies impliziert eine Art Skalierbarkeit der Amplitudengänge, obwohl eine genaue Skalierbarkeit nur bei linearen mechanischen Systemen mit viskoser Dämpfung zu beobachten ist. Diese letzten Zusammenhänge bekräftigen das pseudoviskose Verhalten des Reibungstilgers.

3.2 Analytische Untersuchungen

Die analytische Lösung des Reibungstilgers [13] wird analog zum Lock-Up Dämpfer über ein Mittelwertbildungsverfahren hergeleitet. Zu diesem Zweck werden die Gleichungen entdimensioniert und die folgenden dimensionslosen Parameter eingeführt

$$\lambda=\frac{m_{2}}{m_{1}},\quad k^{2}=\frac{c_{1}}{m_{1}},\quad f=\frac{F}{m_{1}k^{2}},$$
(26a)
$$\tau=kt,\quad(\cdot)^{\prime}=\frac{\mathrm{d}}{\mathrm{d}\tau}(\cdot),\quad\eta=\frac{\mathrm{\Omega}}{k},$$
(26b)
$$a=\tan^{2}\alpha,\quad b=\mu\frac{\tan\alpha}{\cos^{2}\alpha},$$
(26c)
$$c=\Delta\ell\tan\alpha,\quad d=\dfrac{\Delta\ell\mu}{\cos^{2}\alpha},$$
(26d)
$$\varepsilon\ll 1,\quad f,\Delta\ell,\mu=\mathcal{O}(\varepsilon).$$
(26e)

Werden diese dimensionslosen Parameter in Gln. (17)–(21) eingesetzt, so ergeben sich die dimensionslosen Differentialgleichungen

$$x_{1}^{\prime\prime}+x_{1}+4\lambda a(x_{1}-x_{2})=$$
$$\quad f\sin\eta\tau-4\lambda b|x_{1}-x_{2}|\mathrm{sgn}(x_{1}^{\prime}-x_{2}^{\prime})-2\lambda c\mathrm{sgn}(x_{1}-x_{2}),$$
(27)
$$\lambda x_{2}^{\prime\prime}-4\lambda a(x_{1}-x_{2})=$$
$$\quad 4\lambda b|x_{1}-x_{2}|\mathrm{sgn}(x_{1}^{\prime}-x_{2}^{\prime})+2\lambda c\mathrm{sgn}(x_{1}-x_{2}).$$
(28)

Gln. (27) und (28) werden zunächst in Matrixform zusammengefasst und eine Modaltransformation wird angewendet

$$\mathbf{M}\mathbf{x}^{\prime\prime}+\mathbf{C}\mathbf{x}=\varepsilon\mathbf{f}_{NL}(\mathbf{x},\mathrm{\Omega}),$$
(29)
$$\mathbf{x}=\mathbf{R}\mathbf{z}=\mathbf{R}\begin{bmatrix}p,q\end{bmatrix}^{\top},$$
(30)
$$\mathbf{R}^{\top}\mathbf{M}\mathbf{R}\mathbf{z}^{\prime\prime}+\mathbf{R}^{\top}\mathbf{M}\mathbf{R}\mathbf{z}=\varepsilon\mathbf{R}^{\top}\mathbf{f}_{\mathrm{NL}}(\mathbf{z})=\varepsilon\tilde{\mathbf{f}}_{\mathrm{NL}}(\mathbf{z}),$$
(31)
$$p^{\prime\prime}+\eta_{1}^{2}p=\varepsilon\tilde{f}_{\mathrm{NL,1}}(p,q,\mathrm{\Omega}),$$
(32)
$$q^{\prime\prime}+\eta_{2}^{2}q=\varepsilon\tilde{f}_{\mathrm{NL,2}}(p,q,\mathrm{\Omega}).$$
(33)

Gln. (32) und (33) beschreiben die Bewegungsgleichungen des Systems in den Modalkoordinaten. Die Gleichungen sind schwach gekoppelt, da die Terme auf der rechten Seite der Gleichung von der Größenordnung \(\varepsilon\) sind. Um entkoppelte Gleichungen zu bekommen, wird nur die entsprechende Modalkoordinate ausschließlich in der Nähe ihrer Resonanzfrequenz berücksichtigt. Daher wird die verbleibende Modalkoordinate vernachlässigt [13]. Dies führt zu den entkoppelten Bewegungsgleichungen in den Modalkoordinaten

$$p^{\prime\prime}+\eta_{1}^{2}p=\varepsilon\tilde{f}_{\mathrm{NL,1}}(p,0,\mathrm{\Omega}),$$
(34)
$$q^{\prime\prime}+\eta_{2}^{2}q=\varepsilon\tilde{f}_{\mathrm{NL,2}}(0,q,\mathrm{\Omega}).$$
(35)

Um eine analytische Lösung abzuleiten, wird analog wie beim Reibungstilger eine Van-der-Pol-Transformation auf das System angewendet und die sich langsam ändernde Amplitude und Phasenunterschiede des Systems werden untersucht

$$p=A_{1}\sin\varphi_{1},\quad p^{\prime}=A_{1}\eta_{1}\cos\varphi_{1},\quad\varphi_{1}=\eta\tau+\psi_{1},$$
(36)
$$q=A_{2}\sin\varphi_{2},\quad q^{\prime}=A_{2}\eta_{2}\cos\varphi_{2},\quad\varphi_{2}=\eta\tau+\psi_{2},$$
(37)
$$i=\{1,2\},\quad\delta_{i}=\eta_{i}-\eta,$$
(38)
$$A_{i}^{\prime}=\varepsilon\tilde{f}_{\mathrm{NL,i}}(A_{i},\psi_{i},\varphi_{i})\cos\varphi_{i},$$
(39)
$$\psi_{i}^{\prime}=\varepsilon\left(\delta_{i}-\frac{1}{A_{i}\eta_{i}}\tilde{f}_{\mathrm{NL,i}}(A_{i},\psi_{i},\varphi_{i})\cos\varphi_{i})\right).$$
(40)

Die stationäre Lösung der Gleichungen für \(A_{i}\) und \(\psi_{i}\) wird mit dem Mittelwertbildungsverfahren bestimmt und die Ergebnisse werden in Abb. 10 dargestellt. Zu erkennen ist, dass die analytische Lösung die numerischen Ergebnisse mit der Genauigkeit asymptotischer Verfahren annähert. Die Abweichungen zur numerischen Lösung sind von der Größenordnung \(\varepsilon\), was die Gültigkeit der Lösung bestätigt.

Abb. 10
figure 10

Analytische Lösung des Reibungstilgers für die Standardparameter

4 Vergleich der Dämpfungsmechanismen

Nach der separaten Behandlung der Dämpfer beschäftigt sich dieser Abschnitt mit dem Vergleich dieser. Die Dämpfer werden mit derselben Kraft angeregt, welche verschiedene Betriebsverhältnisse darstellen soll. Es werden mögliche Einsatzszenarien der Dämpfer vorgestellt und deren Vorteile und Nachteile werden erläutert. Die angebrachte Kraft \(F(t)=F_{A}(t)\sin\left(\varphi(t)\right)\) ersetzt die harmonischen Kräfte in den Abbn. 1 und 5. Die Erregeramplitude wird durch die Funktion \(F_{A}(t)\) beschrieben, wohingegen die Phase der Erregung durch die Integration der Kreisfrequenz \(\mathrm{\Omega}(t)\) erhalten wird, \(\varphi(t)=\int_{0}^{t}\mathrm{\Omega}(\tau)\mathrm{d}\tau\). Die Funktionen der Erregeramplitude und der Erregerfrequenz sind in Abb. 11 dargestellt und setzten sich aus den Bereichen \(A\) bis \(D\) zusammen. Im Bereich \(A\) soll das Hauptsystem in Betrieb genommen werden. Dies wird durch eine sweepförmige Anregung von \(\mathrm{\Omega}=0\) rad/s bis zur Nennfrequenz von \(\mathrm{\Omega}=1{,}5\) rad/s dargestellt. Die Amplitude der Erregung soll währen dem Sweep-Signal bei \(F=0{,}1\) N konstant bleiben. Anschließend wird im Bereich \(B\) das System mit einer harmonischen Funktion angeregt, welche den normalen Betrieb des Hauptsystems darstellen soll. Der Bereich \(C\) der Erregung stellt eine Überbelastung des Systems dar, bei dem die Frequenz der Erregerkraft konstant bleibt und die Amplitude linear um das 10-Fache steigt. Anschließend wird das System kontrolliert heruntergefahren, in dem die Amplitude der Erregerkraft von \(F=1\) N bis \(F=0\) N linear abnimmt. Abb. 11 zeigt die Amplituden der transienten Schwingungen über der Zeit für vier Systeme: der Lock-Up Dämpfer, zwei passive, vorgespannte trockene Reibtilger und ein semi-aktiver, vorgespannter trockener Reibtilger.

Abb. 11
figure 11

Verlauf der Erregeramplitude \(F_{A}(t)\) und Erregerkreisfrequenz \(\mathrm{\Omega}(t)\) (oben). Vergleich der Dämpfermechanismen in einem Betriebsszenario (unten)

Für den Lock-Up Dämpfer wird eine Losbrechkraft von \(R=0{,}045\) N eingestellt und alle weiteren Parameter werden nach Abschn. 2.1 gewählt. Es ist zu erkennen, dass die Amplituden während des Resonanzdurchgangs deutlich verringert werden. Der zu erwartende Resonanzpeak wird begrenzt und die Dynamik des Systems verbessert. Nachteile dieses System erscheinen im Überlastungsbereich, wo ein deutlicher Anstieg der Schwingungsamplituden zu erkennen ist.

Tab. 1 Parameterwahl für die passiven Reibtilger

Der passive Reibungstilger wird in zwei Konfigurationen untersucht. Einige Parameter der jeweiligen Fälle sind aus Tab. 1 zu entnehmen. Alle weiteren, nicht spezifizierten Parameter werden vom Abschn. 3.1 übernommen. Für beide Fälle wurde der Reibkoeffizient erhöht, um mit den Lock-Up Dämpfer vergleichbare Ergebnisse zu erzeugen. Der passive Reibungstilger im Fall (a) stellt ein ähnliches Verhalten wie der Lock-Up Dämpfer dar. Zusätzlich wird der Keilwinkel so eingestellt, dass die Resonanzfrequenzen des Zweifreiheitsgradsystems nicht innerhalb des nichtlinearen Resonanzdurchgangs liegen. Die Robustheit dieses Systems ist etwas besser als beim Lock-Up Dämpfer. Die Schwingungsreduktion im Überlastungsbereich ist jedoch gering. Die Parameter für den Fall (b) des passiven Reibungstilgers werden so gewählt, dass die Schwingungen im normalen Betrieb des Hauptsystems (Bereich \(B\)) minimiert werden. Der Keilwinkel wird so gewählt, dass das linearisierte System die Nennfrequenz tilgt. Diese Parameterwahl führt zu hohen Schwingungsamplituden während des Resonanzdurchgangs. Die Vorteile dieses Systems sind im normalen Betrieb und im Überlastungsbereich zu erkennen. Im Vergleich zum Lock-Up Dämpfer und zum Fall (a) sind in diesen Bereichen die Amplituden geringer.

Aus den Untersuchungen der passiven Systeme sind die Grenzen derartiger Systeme zu erkennen. Diese können entweder den Resonanzdurchgang oder die Robustheit eines Systems optimieren. Eine optimale Lösung für alle Bereiche lässt sich durch ein semi-aktives System gestalten. Zu diesem Zweck wird der Keilwinkel des Reibungstilger zeitlich vorgegeben, sodass die momentane Erregerfrequenz getilgt wird. Alle verbleibenden Parameter werden vom passiven Fall (b) übernommen. Der zeitliche Verlauf vom Keilwinkel wird so gestaltet, dass die momentane Erregerfrequenz näherungsweise getilgt wird. Die Näherung für den entsprechenden Winkel wird anhand des linearisierten Systems bestimmt, vgl. Gln. (27) und (28),

$$\qquad\alpha(t)=\arctan\left(\sqrt{\frac{m_{2}\mathrm{\Omega}(t)^{2}}{4c_{2}}}\right).$$
(41)

Der semi-aktive Reibtilger weist geringere Amplituden auf, vermeidet die hohen Amplituden beim Resonanzdurchgang und zeigt sich robust im Überlastungsfall. Somit kombiniert der semi-aktive Reibtilger die Vorteile der passiven Systeme.

5 Diskussion und Ausblick

Diese Arbeit beschäftigt sich mit zwei auf trockener Reibung basierten Dämpfer: der Lock-Up Dämpfer und der vorgespannte trockene Reibtilger. Die Systeme wurden zuerst separat behandelt und einen Einblick in ihrer Systemdynamik wurde vorgestellt. Anschließend wurden die Mechanismen verglichen. Der Lock-Up Dämpfer zeigt sich als ein wirkungsvoller Mechanismus, um Schwingungen zu vermeiden, solange die Größenordnung der im System auftretenden Kräfte und Störungen bekannt ist. Falls die Reibkraft und die Erregerkraft nicht passend zueinander gewählt werden, treten große Schwingungsamplituden im System auf. Der vorgespannte trockene Reibungstilger bietet eine höhere Flexibilität in der Gestaltung als der Lock-Up Dämpfer. Dieser kann in seiner passiven Form entweder die Amplituden beim Resonanzdurchgang begrenzen oder für geringe Schwingungsamplituden und hohe Robustheit im Betrieb sorgen. Die semi-aktive Gestaltung des vorgespannten trockenen Reibungstilgers bietet einen universalen Dämpfer, welcher die Dynamik des Systems sowohl beim Resonanzdurchgang als auch im normalen Betrieb verbessert.

Der Reibungstilger kann die Dynamik des Systems beeinträchtigen, in dem nicht periodische Lösungen durch die Keilgeometrie erzeugt werden. Diese Art Lösungen sollen zukünftig untersucht werden. Weitere Untersuchungen zum kurz vorgestellten semi-aktiven Reibungstilger sind ebenfalls notwendig. Dieser hat ein hohes Potenzial zur Schwingungsreduktion gezeigt. In den vorgestellten Simulation ist allerdings die Anregung bekannt gewesen. Die Fragestellung nach einem robusten Regelungskonzept ist noch offen.