Schwerwiegende Sturzereignisse nehmen nach Beginn einer Behandlung mit Opioiden bei Erwachsenen aller Altersgruppen zu. An Präventivmaßnahmen sollte vor allem in den ersten vier Wochen und bei zusätzlichen Risikofaktoren gedacht werden.

Bei alten Menschen sind Stürze eine häufige Ursache für den Verlust von Mobilität und Selbstständigkeit oder den Tod; eine Behandlung mit Opioiden erhöht das Risiko für solche Ereignisse. Bei jüngeren Erwachsenen ist das absolute Risiko zwar deutlich niedriger, aber auch bei ihnen kommt es unter Opioiden vermehrt zu Stürzen mit schwerwiegenden Folgen, wie nun eine Studie aus Australien veranschaulicht hat. Besonders gefährlich sind demnach für alle Altersgruppen die ersten vier Wochen einer Opioidbehandlung.

Relativer Risikozuwachs am höchsten bei Jüngeren

In einer bevölkerungsbasierten Kohortenstudie (POPPY II) wurden über 3,2 Millionen Erwachsene nachbeobachtet, die in New South Wales zwischen 2005 und 2018 eine Opioidtherapie begonnen hatten (53 % Frauen, medianes Alter 49 Jahre). In der Beobachtungszeit, die pro Person median vier Jahre betrug, ereigneten sich über 500.000 schwerwiegende Stürze, die eine Behandlung in der Notaufnahme oder einem Krankenhaus oder den Tod zur Folge hatten; 5.210 dieser dokumentierten Stürze verliefen tödlich.

Unter einer laufenden Opioidbehandlung war das Risiko eines Sturzes mit schweren Folgen in allen Altersgruppen höher als nach beendeter Therapie: Wenn für andere Risikofaktoren adjustiert wurde, war der relative Risikozuwachs bei den unter 45-Jährigen am höchsten (+ 152 %) und nahm mit steigendem Alter ab, bei den über 85-Jährigen lag das relative Risiko unter Opioiden um 31 % höher. Der geringere Risikoanstieg bei den Älteren dürfte vor allem mit ihrem höheren Ausgangsrisiko zusammenhängen, zu dem die Opioid-Exposition nur als einer von mehreren Faktoren beiträgt. Das absolute Sturzrisiko nahm mit dem Alter zu. Jenseits der 85 Jahre ereigneten sich unter einer Opioidbehandlung mehr als sechsmal so häufig Stürze mit schwerwiegenden Folgen wie im Alter unter 45.

Zusammenhang mit Dosis nur unter bei unter 85-Jährigen

In den ersten 28 Tagen einer Opioidbehandlung ist die Sturzgefahr besonders hoch: In der Gruppe unter 45 war das Risiko 5,5-mal und in der Gruppe ab 85 Jahren 1,9-mal so hoch wie nach beendeter Opioidtherapie. Eine Korrelation der Opioiddosierung mit dem Sturzrisiko war nur in den Altersgruppen unter 85 festzustellen. In der Altersgruppe darüber waren höhere Dosierungen sogar mit einem niedrigeren Risiko verknüpft - vermutlich weil alte Menschen, die hohe Opioiddosen erhalten, wegen der sedierenden Effekte und der zugrunde liegenden Erkrankungen oft nur wenig mobil und daher seltener sturzgefährlichen Situationen ausgesetzt sind.

Fazit: Bei der Verordnung von Opioiden müsse das Risiko für schwerwiegende Sturzereignisse mit in Betracht gezogen werden, so die Botschaft der Studiengruppe um Ria Hopkins von der University of New South Wales in Sydney. „Das gilt besonders für Menschen mit bekannten Risikofaktoren wie Alter und Gebrechlichkeit und bei der Verschreibung höherer Dosierungen sowie in den ersten 28 Tagen einer Opioidbehandlung.“ Maßnahmen zur Sturzprävention sollten aber auch bei jüngeren Menschen in Erwägung gezogen werden. Generell müsse die Gefahr folgenschwerer Stürze bei der Nutzen-Risiko-Abwägung von Opioiden stärker berücksichtigt werden, vor allem in Indikationen mit weniger guter Evidenz.

Hopkins RE et al. Age-related risk of serious fall events and opioid analgesic use. JAMA Intern Med. 2024;184(4):394-1