Zeichnet sich bei Palliativpatientinnen und -patienten ein krankhafter Gewichtsverlust ab, sollte frühzeitig gegengesteuert werden. Denn schwere Gewichtsverluste lassen sich auch mit einer hochkalorischen Ernährung nicht mehr kompensieren.

Kachexie bezeichnet die krankhafte Abmagerung auf einen Body-Mass-Index unter 20 oder einen Gewichtsverlust von mehr als 5 % des Körpergewichts [Christ SM, Gassmann C, Blum D. Swiss Med Forum. 2021;21:284-9]. „Letzteres entspricht einem Gewichtsverlust um mehr als 3,5 kg bei einem 70 kg schweren Mann - und das ist schnell erreicht. Es wird aber leider oft zu spät erkannt und auch zu spät therapiert“, betonte Norbert Schürmann, Niederrheinisches Zentrum für Palliativmedizin und Schmerztherapie am St. Josef Krankenhaus in Moers.

Patientinnen und Patienten mit onkologischen Erkrankungen sind Schürmann zufolge zu 50-80 % von Kachexie betroffen. In 20-30 % der Fälle wird ihr schnelles Fortschreiten als ursächlich für den Tod angesehen. Damit gelte Kachexie als einer der Hauptfaktoren, die zum vorzeitigen Tod der Palliativpatientinnen und -patienten beitragen. Kachexie sei ein komplexes und noch wenig verstandenes Syndrom, dem schnell begegnet werden müsse. „Denn wenn wir erst einmal vom anabolen in den katabolen Stoffwechsel gelangen, können wir es kaum mehr aufhalten“, warnte Schürmann. Die Frage nach einer hochkalorischen und eiweißreichen Ernährung sollte deshalb bei Einsetzen des Gewichtsverlustes frühzeitig gestellt werden.

Im Vordergrund steht immer die Lebensqualität

Bei primärer Kachexie sind Muskelabbau und Funktionsverlust eine direkte Folge der Grunderkrankung. Von sekundärer Kachexie ist die Rede, wenn sie sich infolge von Begleitsymptomen wie Mukositis, Ageusie oder Odynophagie entwickelt. Deshalb sollte zunächst abgeklärt werden, ob die Störung reversibel (z. B. bei entzündeter Mundschleimhaut) oder irreversibel (z. B. bei gastrointestinaler Obstruktion) ist.

Die Therapie sollte dann in Rücksprache mit der Patientin oder dem Patienten erfolgen und auch invasive Verfahren wie eine PEG-Anlage berücksichtigen. Zeichne sich eine präterminale oder terminale Situation ab, sei das Ziel der Ernährungstherapie erneut kritisch zu hinterfragen. Denn im Vordergrund stehe immer die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten.

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Bei Gewichtsverlust zügig mittels hochkalorischer Kost gegensteuern.

Unter den medikamentösen Optionen wirkt hochdosiertes Kortison appetitanregend und leistungssteigernd. Da Kortison in hoher Dosis den Muskelabbau fördert, sollte die Dosis nach einer gewissen Zeit reduziert werden. Antidepressiva und Cannabinoide regen ebenfalls den Appetit an.

Symposium „Muskelschmerz in der Palliation”, 13. März 2024, Deutscher Schmerz- und Palliativtag