Mehr als 10 % der Weltbevölkerung leiden an Migräne. Eine Herausforderung, die nicht nur Gesundheitssysteme betrifft, sondern tief in die Gesellschaft reicht. Wie kann der Umgang mit der Erkrankung auch am Arbeitsplatz verbessert werden?

Die gesellschaftliche Belastung durch Migräne ist enorm. Das zeigten die Zahlen von Prof. Dr. med. Zaza Katsarava, Präsident der European Headache Federation und Chefarzt der Neurologie des evangelischen Krankenhauses Unna, auf einer betriebsmedizinischen Fortbildung des Unternehmens Novartis. 30 % der Arbeitnehmer litten an durchschnittlich 36 Tagen pro Jahr an dem zumeist pulsierenden, einseitigen Kopfschmerz, der oft von Übelkeit/Erbrechen und Licht- und Geräuschempfindlichkeit begleitet werde. Die Kopfschmerzen eines Anfalls dauerten zwischen vier und 72 Stunden, würden jedoch von - teilweise tagelangen - prä- und postdromalen Beschwerden eingefasst, die ebenfalls Teil des Migräneanfalls seien.

Katsarava betonte die neurobiologische Natur und den genetischen Hintergrund der Migräne. Die Erkrankung sei zwar nicht heilbar, aber gut behandelbar. Antikörper gegen das Calcitonin Gene-related Peptide (CGRP) ermöglichten in vielen Fällen eine gezieltere Behandlung und Prophylaxe von Migräneanfällen als früher. Zuvor hätten vier von zehn Patienten die unspezifische Migräneprophylaxe mit Antidepressiva, Antiepileptika, Betablockern oder Calciumantagonisten aufgrund von Nebenwirkungen und ausbleibender Wirksamkeit abgebrochen.

Katsarava unterstrich die Bedeutung von nicht medikamentösen Maßnahmen zur Prophylaxe von Migräneanfällen. Entspannungsverfahren, aerober Ausdauersport, Stressvermeidung, ausreichender Schlaf, ein regelmäßiger Lebenswandel, Verzicht auf Schicht- und Nachtarbeit sowie die Gestaltung des Arbeitsplatzes seien entscheidend.

Leonhard Schätz von Novartis hob anschließend die Bedeutung der Migräne auch für den Pharmakonzern hervor und stellte das hauseigene Konzept zur Krankheitsbekämpfung vor. Allein in der Schweiz habe die Krankheit jährliche Kosten von 15,7 Millionen € verursacht. 19,2 Arbeitstage habe jeder betroffene Beschäftigte aufgrund seiner Migräne verpasst, die meisten nicht wegen Fehlens, sondern wegen Anwesenheit bei eigentlich bestehender Arbeitsunfähigkeit ("Präsentismus").

Auf "Awareness Events" sei zunächst die gesamte Belegschaft über Migräne informiert und die Akzeptanz der Erkrankung erhöht worden. Eine neunmonatige Studie habe dann ein Programm erprobt, die Lebensqualität und Produktivität der Betroffenen zu erhöhen.

Das Ergebnis war ein Zugewinn von 10,8 migränefreien Arbeitstagen und weiteren 14,5 migränefreien Nicht-Arbeitstagen pro Patient. 69 % der Teilnehmer schlossen das Programm ab. Der "Return of Investment" betrug unterm Strich 490 %, ein großer Erfolg mit dem Nebeneffekt, dass Novartis sein Migräneprogramm nun auch anderen Arbeitgebern anbiete, sagte Schätz.

Fortbildung für Betriebsmediziner - Migräne am Arbeitsplatz. Schachmatt durch Migräne. 18. 11. 2020; Veranstalter Novartis