Häufig wiederkehrende Kopf- und Gesichtsschmerzen in der Periorbitalregion können neben Migräne auch auf einen Clusterkopfschmerz oder andere seltenere trigeminoautonome Kopfschmerzsyndrome hinweisen. Eine rasche diagnostische Zuordnung gelingt oft bereits auf Basis der Schmerzdauer.

Schmerzen in der Periorbitalregion sind ein interdisziplinäres Problem, das neben der Neurologie auch Ophthalmologie und HNO betreffen kann. PD Dr. Tim Jürgens, Neurologie, Universität Rostock, erkennt hinter dem im konkreten Fall zur Erstbehandlung gewählten Spezialgebiet jedoch nicht immer eine rationale Begründung. "Hier zeigen sich auch Nachteile unseres stark diversifizierten Versorgungssystems," gab Jürgens auf dem Schmerzkongress 2020 zu bedenken. Chronische Kopfschmerzen bedürfen nach Einschätzung des Experten primär einer neurologischen Abklärung.

Blitzartig einschießend bis ununterbrochen anhaltend

Häufige okuläre Symptome primärer Kopfschmerzerkrankungen sind neben retro- und periorbitalen Schmerzen auch visuelle Aurasymptome, Sehstörungen, autonome Symptome wie konjunktivale Injektion und Lakrimation, Fotophobie sowie neurologische Ausfälle wie ein Horner-Syndrom oder Augenmuskelparesen. Als nützliches Werkzeug für eine diagnostische Ersteinschätzung empfahl Jürgens, das Augenmerk auf die Dauer der Schmerzattacke zu richten. Während die Trigeminusneuralgie durch blitzartig einschießende Schmerzen gekennzeichnet ist, halten die Attacken bei der paroxysmalen Hemikranie 2 bis 30 Minuten lang an, beim Clusterkopfschmerz wenige Stunden und bei der Migräne Stunden bis Tage.

Indometacin als Diagnostikum

Um trigeminoautonome Kopfschmerzformen voneinander zu unterscheiden, ist in Kombination mit der Schmerzdauer auch das Ansprechen auf Indometacin relevant. Bei der paroxymalen Hemikranie und der Hemicrania continua sei, so Jürgens, diese Kombination praktisch beweisend. Spreche ein trigeminoautonomer Schmerz nicht auf Indometacin an, dafür aber auf Verapamil, dann liege wahrscheinlich ein Clusterkopfschmerz vor. Indometacin ist sowohl bei der paroxysmalen als auch bei der kontinuierlichen Hemikranie die medikamentöse Prophylaxe erster Wahl. Um das Ulkusrisiko zu reduzieren, sollte Jürgens zufolge immer zusätzlich ein PPI gegeben werden.

Gerötetes, tränendes Auge: SUNCT-/SUNA-Syndrom?

Eine Sonderstellung bei den trigeminoautonomen Schmerzen nimmt das sehr seltene SUNCT-/SUNA-Syndrom ein. SUNCT steht für "short-lasting unilateral neuralgiform headache with conjunctival injection and tearing", SUNA für "short-lasting unilateral neuralgiform headache attacks with cranial autonomic symptoms".

Das Syndrom ist gekennzeichnet durch orbitale und temporale, teilweise auch zusätzlich nackenbetonte Schmerzen moderater bis hoher Intensität. Die Schmerzattacken halten wenige Sekunden bis 10 Minuten lang an. Zur Attackenbehandlung beim SUNCT-/SUNA-Syndrom kommt intranasales Lidocain infrage, zur Kurzzeitprophylaxe Lidocain 1-4 mg/kg KG i.v., zur Dauerprophylaxe Lamotrigin.

Virtueller Deutscher Schmerzkongress 2020, Fortbildungskurs "Periorbitale Schmerzsyndrome: Gleich und doch verschieden", 23.10.2020