Bildgebende Verfahren der Wirbelsäule ergeben oft auffällige Befunde, die nicht mit den Schmerzen des Patienten zusammenhängen. Darauf hinzuweisen, dass diese auch bei Menschen ohne Beschwerden vorkommen, könnte zur Genesung beitragen.

Die bildgebende Routinediagnostik der Wirbelsäule zeigt bei Patienten mit Rückenschmerzen nicht selten Befunde, die zunächst alarmierend erscheinen können, jedoch nichts mit den Schmerzen des Betroffenen zu tun haben. Häufig sind es lediglich altersbedingte Abnutzungserscheinungen, die auch bei asymptomatischen Personen vorkommen. Dies zu erfahren, kann helfen: In einer aktuellen Studie benötigten darüber informierte Patienten weniger Opioide als jene in der Kontrollgruppe.

US-amerikanische Forscher untersuchten, welche Auswirkungen es auf Patienten hat, wenn ihre Hausärzte in Berichten über die Bildgebung der Lendenwirbelsäule Vergleichsdaten zu häufigen radiologischen Befunden miteinbeziehen. Die knapp 240.000 Teilnehmer waren zu 44 % älter als 60 Jahre, 58 % waren Frauen. 79,6 % der Patienten wurden geröntgt, bei 20,0 % erfolgte ein MRT und bei 0,4 % ein CT.

Macht sich normal zu fühlen weniger krank?

Die Patienten wurden in zwei Gruppen randomisiert: Die Kontrollgruppe erhielt radiologische Standardberichte, während die Befunde der Interventionsgruppe zusätzliche Informationen zur Häufigkeit altersbedingter Anomalien der Wirbelsäule bei beschwerdefreien Personen enthielten. Die Forscher untersuchten, ob der Hinweis, dass die Auffälligkeiten im Grunde normal sind, die Wahrnehmung der Patienten bezüglich ihrer Symptome veränderte. Sie verglichen, wie oft in beiden Gruppen innerhalb eines Jahres Arztbesuche aufgrund von Rückenproblemen erfolgten und wie häufig Opioide verschrieben wurden.

Aufklärung verhindert mehr Folgeinterventionen

Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied bezüglich der Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung zwischen Interventions- und Kontrollgruppe. Die mediane RVU("spine-related relative value units")-Rate lag bei 3,56 bzw. 3,53 (p = 0,54). Auch unter Berücksichtigung der einzelnen klinischen Diagnosen unterschieden sich die RVU-Werte nicht. Lediglich in Hinblick auf das gewählte Bildgebungsverfahren wurden Unterschiede beobachtet. Die Patienten, die sich einem CT unterzogen hatten, zeigten in der Interventionsgruppe eine signifikant niedrigere RVU-Rate als die Kontrollgruppe (Differenz -29,3 %). Den Wissenschaftlern zufolge könnte das daran gelegen haben, dass nach CT-Untersuchungen möglicherweise häufiger und schneller behandelt wird, verglichen mit den anderen Verfahren. Da diese Patienten insgesamt mehr Interventionen erhielten, konnte die Aufklärung bei ihnen auch mehr Folgeinterventionen verhindern.

Bei der Verschreibung von Opioiden wurde ein kleiner, aber signifikanter Unterschied festgestellt: Den Patienten der Interventionsgruppe waren sie seltener verordnet worden als der Kontrollgruppe (36,2 vs. 37,0 %). In einer Subgruppenanalyse mit Patienten, die vor der Untersuchung keine Opioide benötigt hatten, zeigte sich jedoch ein größerer Unterschied: Innerhalb eines Jahres erhielten nur 25 % der Probanden in der Interventionsgruppe opioidhaltige Schmerzmittel verglichen mit 72 % der Kontrollpersonen.

Vergleichsdaten könnten helfen, Befunde besser einzuordnen und Ärzte und Patienten zu beruhigen. Es sei eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, um möglicherweise den Bedarf an Schmerzmitteln zu senken, resümierten die Forscher.

Fazit: Hatten Patienten mit Rückenschmerzen während der Analyse der Wirbelsäulen-Bildgebung Hinweise zu häufigen Befunden erhalten, nahmen sie die Gesundheitsversorgung nicht weniger in Anspruch, erhielten jedoch weniger Opioide als die Kontrollgruppe. Die Intervention könnte einfach und kostengünstig dazu beitragen, dass Patienten ihre Krankheit als weniger schlimm wahrnehmen und sie sich besser fühlen.

Jarvik JG et al. The Effect of Including Benchmark Prevalence Data of Common Imaging Findings in Spine Image Reports on Health Care Utilization Among Adults Undergoing Spine Imaging A Stepped-Wedge Randomized Clinical Trial. JAMA Network Open. 2020;3(9):e2015713