Bei der Fibromyalgie werden mannigfaltige Mechanismen als Schlüsselfaktoren der Krankheitsentstehung diskutiert. Dazu zählen Schädigungen der kleinen Nervenfasern (small fibers). Darauf basierend könnten in naher Zukunft möglicherweise krankheitsspezifische molekulare Marker entwickelt werden.

Hinweise auf eine reduzierte intradermale und korneale Faserdichte bei bestimmten Subgruppen von Fibromyalgiebetroffenen stammen ausschließlich aus Fall-Kontroll-Studien [Deutsche Schmerzgesellschaft et al. AWMF-Register-Nr. 145-004; Üçeyler N et al. Brain 2013;36:1857-67]. Professor Nurcan Üçeyler, Neurologie, Universität Würzburg, berichtete aus einer Studie mit 117 betroffenen Frauen, die eine Korrelation zwischen Kleinfaserschädigung und Schwere der Fibromyalgiesymptome zeigte. Im Vergleich zu den Fibromyalgiepatientinnen mit normaler Hautinnervation hatten die Frauen mit generalisierter Reduktion der intraepidermalen Nervenfaserdichte unter anderem stärkere Schmerzen und Parästhesien sowie stärkere Depressions- und Angstsymptome [Evdokimov D et al. Ann Neurol 2019;86:504-16].

Zwei Favoriten bei der Suche nach Markern

In einer aktuellen Studie sequenzierten Üçeyler und Mitforschende Mikro(mi)-RNA im Blut und in Haut-Keratinozyten von Fibromyalgiebetroffenen. Mit dieser Methode wurden Stoffwechselwege ermittelt, die bei Fibromyalgie herunterreguliert sind, und mittels quantitativer Real-Time-PCR (qRT-PCR) bestätigt. Zwei damit assoziierte molekulare Zielstrukturen wurden identifiziert: Das FASN-Gen, das für die Fettsäuresynthase (FAS) kodiert, die wiederum in die Regulationskaskade entzündlicher Signalmoleküle involviert ist, sowie Forkhead box protein O1 (FOXO1), ein wichtiger Transkriptionsfaktor für die Regulation immunologischer und metabolischer Prozesse von Apoptose und oxidativem Stress. Üçeyler sieht diese beiden Strukturen als vielversprechende Kandidaten bei der Suche nach molekularen Markern der Fibromyalgie. Weitere mechanistische Studien seien nun notwendig, um die zugrundeliegenden Mechanismen zu erkunden.

Bio-psycho-soziales Modell bleibt unerschüttert

Die Rolle einiger potenzieller Kovariaten, die die bisherigen Ergebnisse verzerrt haben könnten, ist noch nicht zufriedenstellend geklärt. Dazu zählen beispielsweise Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus oder Depression und deren Wechselwirkungen über psychophysiologische, verhaltensbezogene und metabolische Mediatoren. Unerschüttert bleibt die Empfehlung laut Leitlinie, die Erkennung und Behandlung der Fibromyalgie weiterhin auf ein integriertes bio-psycho-soziales Krankheitsmodell zu stützen.

European Acadamy of Neurology (EAN) Virtual Congress 2020. Session "Headache and pain", 23.5.2020, www.eanvirtualcongress.org