Wechselt der Träger eines MVZ, gilt eine auf fünf Jahre begrenzte Nachhaftung des ausscheidenden Gesellschafters. Nach Ablauf dieser Frist müssen etwaige Bürgschaftserklärungen der Altbürgen herausgegeben werden. Ob diese Frist auch für eine BAG gilt, ist fraglich.

Mit Urteil vom 11. September 2019 (Az.: B 6 KA 2/18 R) hat das Bundessozialgericht (BSG) zu Nachhaftungsfristen nach Trägerwechsel bei einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) entschieden. Bei einem Trägerwechsel eines MVZ in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sind demnach die Altbürgen nach fünf Jahren aus ihrer Haftung entlassen. Fraglich ist, ob die Frist auch nach Ausscheiden aus einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gilt. Auf Ärzte, die aus einer als Personengesellschaft geführten BAG ausscheiden, ist diese Rechtsprechung wohl nicht direkt übertragbar. Dennoch dürfte auch hier wohl die Frist von fünf Jahren gelten.

Der Fall

Konkret ging es um eine MVZ-GmbH in Niedersachsen, die im Jahr 2008 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden war. Im Jahr 2009 kam es zu einem Trägerwechsel. Die Altgesellschafterin forderte daraufhin die Herausgabe ihrer Bürgschaftserklärung. Diese sei durch die Bürgschaft der Neugesellschafterin ersetzt worden. Zulassungs- und Berufungsausschuss verweigerten dies. Sie verwiesen darauf, dass die Altgesellschafterin weiterhin für alle bis zu ihrem Ausscheiden entstandenen Forderungen hafte. Solange ein Sicherungsbedürfnis besteht oder bestehen könnte, ist die Bürgschaft somit gültig.

Vor dem Sozialgericht (SG) Hannover (Urteil vom 2.9.2015, Az.: S 78 KA 505/10), hat die Klägerin eine mit der Altgesellschafterin abgeschlossene Vereinbarung zur Abtretung des Herausgabeanspruchs vorgelegt. Das SG hat die Klage als unbegründet abgewiesen, weil der Gesellschafterwechsel nicht zu einer Entlassung der Altgesellschafterin aus der Haftung geführt habe und der Klägerin die Aktivlegitimation fehle.

Während des Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen (Urteil vom 8.11.2017, Az.: L 3 KA 109/15), hat die Klägerin eine weitere Abtretungsvereinbarung mit der Neugesellschafterin präsentiert. Das LSG hat den Beklagten Berufungsausschuss zu der Feststellung verurteilt, dass die Bürgschaftserklärung vom 18. Februar 2008 an die Klägerin herauszugeben ist. Die Neugesellschafterin habe den auf sie übergegangenen Herausgabeanspruch wirksam an die Klägerin abgetreten. Der Herausgabeanspruch sei auch entstanden. Zwar sei die Bürgschaftsverpflichtung noch nicht durch Entfallen der Hauptschuld erloschen, doch seien die Regelungen zu der auf fünf Jahre begrenzten Nachhaftung des aus einer Personengesellschaft ausscheidenden Gesellschafters anzuwenden.

Mit ihren Revisionen wenden sich der Beklagte Berufungsausschuss und die beigeladene KV gegen die entsprechende Heranziehung der Vorschriften zur Begrenzung der Nachhaftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters auf die Bürgschaftsverpflichtung der Gesellschafter der Träger-GmbH eines MVZ.

Das Urteil

Das BSG entschied, dass der Zulassungsausschuss die Urkunde herausgeben muss. Die Richter verwiesen darauf, dass das Instrument der Bürgschaft aus dem Zivilrecht komme, es müssten daher auch zivilrechtliche Vorschriften beachtet werden. Dabei gehe es hier nicht um die Nachhaftung eines ausgeschiedenen Gesellschafters, sondern um einen kompletten Trägerwechsel. Einschlägig sei diesbezüglich das handelsrechtliche Umwandlungsgesetz, das die Haftung des Altgesellschafters auf fünf Jahre begrenzt.

Hinweis

Nicht entschieden hat das BSG hingegen, ob auch die Nachhaftung des aus einer Personengesellschaft, etwa einer BAG, ausgeschiedenen Gesellschafters auf fünf Jahre begrenzt ist. Abgeleitet aus Vorschriften des Bürgerlichen und des Handelsgesetzbuchs wird dies vielerorts vertreten. Unter anderem aus Gründen der Gleichbehandlung spricht nun auch das BSG-Urteil dafür, diese Regelung auch auf die BAG anzuwenden.

Etwas überraschend war, dass dem Zulassungsausschuss eine Pflicht auferlegt wurde, obwohl er gar nicht am Prozess teilnahm. Die Kasseler Richter verwiesen darauf, dass nach dem Willen des Gesetzgebers in der Regel der Berufungsausschuss die Belange der Zulassungsgremien vor Gericht vertreten soll, auch wenn der in diesem Fall gar nicht in dem Gerichtsprozess vor dem BSG beteiligt war. Diese Regelung gelte auch hier, da sich die Bürgschaftsurkunde in den Unterlagen des Zulassungsausschusses, nicht des beklagten Berufungsausschusses befand. Nach nach Auffassung des BSG kann davon ausgegangen werden, dass der Zulassungsausschuss als Behörde auch einen lediglich feststellenden Ausspruch befolgt (Bundessozialgericht Az.: B 6 KA 2/18 R).