Die Gefahr, dass akute Kreuzschmerzen chronifizieren, ist bekanntlich recht hoch. Studien zufolge betrifft das 20–30 % der Patienten, die aufgrund von Rückenschmerzen einen Arzt aufsuchen, wie Gesundheitsforscher um Dr. Adrian Traeger von der Sydney School of Public Health berichten. Dies sei selbst dann der Fall, wenn die Patienten leitliniengerecht behandelt werden und neben Medikamenten auch Informationen über die Entstehung der Schmerzen sowie Tipps zum Schmerzmanagement von ihren Ärzte erhalten.

Darüber hinaus werde in vielen Leitlinien eine spezielle Schmerzedukation empfohlen und in Schmerzmanagementprogrammen aufgegriffen. Patienten sollen dabei Ursachen und Präventionsmöglichkeiten kennenlernen und von falschen Vorstellungen befreit werden, etwa, dass übermäßige körperliche Schonung nützt. Eine solche meist zweistündige Schmerzedukation sei bislang vorwiegend in offenen Studien geprüft worden. Die beobachteten positiven Effekte könnten dabei aber auch auf das therapeutische Gespräch an sich und weniger auf die Inhalte zurückzuführen sein. Diesen Verdacht scheint nun eine randomisiert-kontrollierte Studie zu bestätigen: Dabei schnitt eine spezifische Schmerzedukation nicht besser ab als eine ähnlich lange dauernde Unterhaltung über Gesundheitsthemen.

Für die Studie „Preventing Chronic Low Back Pain“ (PREVENT) haben sich die Forscher um Traeger auf Patienten mit akuten Kreuzschmerzen konzentriert, die ein hohes Chronifizierungsrisiko (über 30 %) aufweisen. Das Risiko wurde anhand eines speziellen Fragebogens ermittelt.

Das Team um Traeger fand 202 Patienten, die solchen Kriterien entsprachen. Die Hälfte wurde von Physiotherapeuten zweimal eine Stunde einer Schmerzedukation unterzogen. Dabei sollten die Patienten die Ursachen und biologische Bedeutung von Schmerzen erfassen — allgemein sowie mit Bezug auf akute und chronische Rückenschmerzen. Ferner wurden Missverständnisse und Ängste angegangen, etwa, nicht mehr arbeiten zu können, weil der Rücken dauerhaft geschädigt ist, oder Befürchtungen, das Problem könnte persistieren. Schließlich wurde den Betroffenen geraten, körperlich aktiv zu werden, sich nicht zu schonen, aber auch nicht zu überlasten. Die übrigen Patienten erhielten eine „Placeboedukation“. Ein Physiotherapeut sprach mit ihnen über ihren allgemeinen Zustand und befragte sie zu ihren Rückenschmerzen, gab aber keine Tipps oder spezifische Informationen zu Schmerzen und zum Schmerzmanagement.

Im Schnitt waren die Teilnehmer 45 Jahre alt, die Hälfte Frauen, sie wurden seit etwas weniger als zwei Wochen von Kreuzschmerzen geplagt. Etwa die Hälfte nahm Schmerzmittel ein, rund ein Viertel war krankgeschrieben oder hatte die Arbeitszeit aufgrund der Schmerzen reduziert.

Auf einer analogen Schmerzskala (0–10 Punkte) lag der Wert in der Woche vor der Schulung etwas über 6 Punkte und zum Zeitpunkt der Maßnahme in beiden Gruppen bei 4,0 Punkten. Eine Woche nach der Schmerzedukation war er auf 3,2 Punkte, nach der Placeboedukation auf 3,1 Punkte gesunken. Nach drei, sechs und zwölf Monaten zeigten sich ebenfalls keine statistisch belastbaren Unterschiede, wenngleich sich nach einem Jahr zumindest eine numerische Differenz zugunsten der Schmerzedukation ergab (1,8 vs. 2,5 Punkte).

Ähnlich geringe Unterschiede fanden die Forscher bei den schmerzbedingten Beeinträchtigungen auf einer 24-Punkte-Skala. Dieser Wert ging innerhalb einer Woche von zunächst 11–12 Punkten auf 5,6 Punkte mit und auf 7,1 Punkte ohne spezifische Edukation zurück, die Differenz von 1,6 Punkten war statistisch signifikant und bleib bis zum dritten Monat nach der Intervention bestehen, allerdings wurde der Unterschied nicht als klinisch relevant beurteilt. Nach sechs und zwölf Monaten pendelten sich die Werte in beiden Gruppen zwischen 3 und 4 Punkten ein, wobei es keine signifikanten Differenzen mehr gab.

Immerhin erlitten die Patienten mit Schmerzedukation deutlich seltener einen Rückfall in den ersten zwölf Monaten nach der Intervention (29 vs. 47 %), auch suchten sie etwas seltener erneut einen Arzt oder Physiotherapeuten wegen Rückenschmerzen auf als in der Kontrollgruppe, signifikant war die Differenz hierbei jedoch nur in den ersten drei Monaten. Katastrophisierende Gedanken und falsche Vorstellungen über Schmerzen wurden in der Schmerzedukationsgruppe ebenfalls häufiger beseitigt als in der Kontrollgruppe, dies führte letztlich aber nicht zu einer verstärkten Schmerzlinderung.

„Unsere Studie legt nahe, dass eine intensive Schmerzedukation nicht effektiver ist als eine Placebomaßnahme“, schlussfolgern die Wissenschaftler um Traeger. „Die Ergebnisse stehen damit im Widerspruch zur weitläufigen Auffassung, nach der die Patientenschulung ein wirksames Mittel zum Management von Kreuzschmerzen darstellt.“

Fazit: Schmerzen und schmerzbedingte Behinderungen gehen mit einer zweistündigen Schmerzedukation nicht stärker zurück als mit einer gleich langen allgemeinen Unterhaltung durch einen Therapeuten. Eine intensive Schmerzedukation scheint daher nur wenig zu bringen. Eine Einschränkung der Studie besteht darin, dass die Schmerzen in beiden Gruppen stark zurückgingen, Unterschiede lassen sich dadurch nur schwer nachweisen.