_ Was kommt auf mich zu, wenn ich Angehörige beim Sterben begleite? Wie kann ich ihr Leiden lindern? Und immer wieder: Was macht mich weniger hilflos? Viele Menschen haben das das Gefühl, viel zu wenig über das Sterben zu wissen. „Letzte Hilfe“ nennt sich der Ansatz, den Palliativmediziner daher vor einigen Jahren entwickelt haben. Ein vierstündiges Seminar soll der Breite der Bevölkerung kompaktes Wissen über einen würdevollen Tod vermitteln. Die Analogie zur Ersten Hilfe ist dabei kein Zufall, erklärt Georg Bollig. Der gelernte Rettungssanitäter und Palliativarzt hatte die Idee für das Konzept: „Was im Notfall zu tun ist, haben viele im Erste-Hilfe-Kurs gelernt. Doch die wenigsten kommen je in so eine Situation. Beim Tod ist es andersherum“. Wir verlieren ältere Familienangehörige, Freunde können unheilbar krank werden. „Dann macht es doch nur Sinn, dass wir uns mindestens genauso gut auf die Begleitung von Sterbenden vorbereiten wie auf das Wiederbeleben eines Menschen im Notfall“, bekräftigt Bollig.

Themen des Kurses sind neben rechtlichen Fragen, etwa zur Vorsorgevollmacht, auch praktische Tipps für die letzten Stunden im Leben eines Menschen. So erfahren die Teilnehmer, dass es den Sterbenden gut tut, wenn die Lippen mit Feuchtigkeit benetzt werden und sie geliebte Geschmäcker wahrnehmen können. Und manchmal gelte es einfach, die unsagbar schwere Situation des Sterbens gemeinsam auszuhalten.

In der Fachwelt findet das Konzept Anklang: Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin etwa zeichnete die Kurse nach den ersten Pilotversuchen 2015 mit einem Förderpreis aus. Und auch die steigende Nachfrage unterstreicht die Bedeutung des Projekts: Den ersten Kurs gab Bollig 2015 in Schleswig, inzwischen werden die Kursmaterialien europaweit in andere Sprachen übersetzt. Allein im deutschsprachigen Raum haben sich 800 Kursleiter ausbilden lassen. Fast 8.000 Teilnehmer konnten sie bisher erreichen.

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Was zu tun ist, um Leben zu retten, lernt man im Erste-Hilfe-Kurs. Aber wie begleitet man richtig am Lebensende?

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