Einführung

Die isolierte abdominelle Aortendissektion (IAAD) ist eine seltene Konstellation, deren Behandlungsstrategie auf der klinischen Erfahrung des Gefäßchirurgen basiert, da das Evidenzlevel aufgrund der geringen Inzidenz limitiert ist [1].

Die IAAD ist definiert als Dissektion, die nur die Bauchaorta betrifft und nach Vorschlag von Zhu et al. [2] morphologisch nach der Eintrittspforte in suprazöliakale, paraviszerale und infrarenale Dissektionen unterteilt wird. Liu et al. [3] stellten in ihrer Metaanalyse fest, dass insgesamt 91 % der IAADs spontan waren. Bluthochdruck, Rauchen und Hyperlipidämie wurden als die häufigsten Begleitrisikofaktoren der IAAD identifiziert. Die Dissektionen treten vorwiegend im mittleren Alter auf und betreffen Männer dreimal häufiger als Frauen [4].

Das Management von IAAD wird immer noch kontrovers diskutiert. Ein Überblick über die Literatur der letzten 50 Jahre liefert hauptsächlich Fallberichte und es fehlt ein Behandlungsalgorithmus für diese ungewöhnliche Gefäßerkrankung [5]. Im Falle einer Versorgung stehen als Therapiemöglichkeiten das offen-chirurgische Verfahren sowie die endovaskuläre Therapie („endovascular aortic repair“ – EVAR) zur Verfügung. Wegen der niedrigen Invasivität und Reduktion der perioperativen Letalität und Morbidität wird die endovaskuläre Versorgung von Pathologien der Aorta, insbesondere Aortenaneurysmen und -dissektionen, seit Jahrzehnten vermehrt eingesetzt und stellt mittlerweile das präferierte Vorgehen dar. Im Rahmen der EVAR kann es allerdings auch zu zahlreichen Komplikationen kommen. Der klinische gefäßmedizinische Alltag bringt in diesem Zusammenhang eine Fülle von speziellen klinischen Konstellationen und Gegebenheiten hervor, deren Management eine immense Herausforderung auch für den versierten Gefäßmediziner/-interventionalisten darstellen kann.

Ziel.

Anhand eines Falles eines Patienten, bei welchem es im Rahmen der endovaskulären Therapie einer IAAD zu einer Dislokation des Prothesenhauptkörpers gekommen ist, soll, basierend auf

  1. 1.

    der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur (und)

  2. 2.

    erworbenen fallspezifischen Managementerfahrungen,

das interdisziplinäre intraoperative Komplikationsmanagement beim EVAR, was die suffiziente Beibehaltung der minimalen Invasivität erlaubte, illustriert werden.

Kasuistik

Anamnese

Bei einem 78-jährigen Patienten wurde im Februar 2022 im Rahmen einer urologischen Verlaufskontrolle bei bekannter benigner Prostatahyperplasie durch den ambulant behandelnden Urologen die Verdachtsdiagnose eines infrarenalen Aortenaneurysmas gestellt, woraufhin er sich in der gefäßchirurgischen Sprechstunde vorstellte. Bezüglich des Aneurysmas beklagte der Patient keine Beschwerden.

Eigenanamnestisch lagen zahlreiche Erkrankungen vor – erwähnenswert sind insbesondere eine asymptomatische A.-carotis-interna-Stenose links (50–60 %), arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ II, chronische Niereninsuffizienz Stadium 3, Zustand nach Apoplex, ischämische Kardiomyopathie (LVEF: 45 %) sowie koronare Dreigefäßerkrankung. Zusätzlich lagen an Voroperationen ein Zustand nach 3‑fach-aortokoronarer Bypassimplantation sowie mehrfache Operationen bei Glaukom beidseits vor. Von besonderer Bedeutung könnte ein Zustand nach STEMI („ST-elevation myocardial infarction“) der Hinterwand im Juni 2020 sein, weshalb eine PCI (perkutane koronare Intervention) mit Stentimplantation durchgeführt wurde, wobei es bereits im Juli 2020 zu einem erneuten STEMI bei Frühthrombose nach Stentimplantation kam und eine erneute PCI mit erneuter Stentimplantation erforderlich wurde. Im Rahmen dessen könnte es bereits zur Dissektion der infrarenalen Aorta gekommen sein, wobei die Inzidenz von Aortendissektionen nach kardialen Kathetereingriffen bei 0,01 % liegt [6]. Bildgebende Untersuchungen, welche einen Anhalt dafür liefern bzw. ausschließen, lagen uns nicht vor.

Klinischer Befund

Der Patient war in reduziertem Allgemeinzustand und leicht adipösem Ernährungszustand, zu allen Qualitäten orientiert und kardiopulmonal kompensiert. Die peripheren Pulse waren allseits nur schwach palpabel, aber durchgehend nachweisbar.

Diagnostik

Laborchemisch bestand eine „moderate“ Anämie (Hb: 7,9 mmol/l) sowie eine verringerte GFR („glomerular filtration rate“ – 38,1 ml/min/1,73 m2) mit entsprechender Erhöhung des Kreatinins (149 µmol/l) bei bekannter chronischer Niereninsuffizienz Stadium 3. Ansonsten waren keine weiteren Auffälligkeiten beschrieben.

In der weiterführenden CT-Angiographie wurden eine kurzstreckige Dissektion der infrarenalen Aorta (39 × 35 mm) mit perfundiertem Lumen auf einer Länge von 51 mm mit thrombotischem Randsaum bis proximal der Nierenarterien bds. und kaudal bis zur A.-iliaca-communis-Bifurkation bds., a. e. dem thrombosierten „falschen“ Lumen entsprechend, und der Nachweis eines exzentrischen infrarenalen Aortenaneurysmas beschrieben (Abb. 1). Dabei bestand bildmorphologisch kein Anhalt für eine Plaqueruptur, welche differentialdiagnostisch ebenfalls ursächlich für die Aortendissektion sein könnte.

Abb. 1
figure 1

Präoperative CT-Angiographie mit Darstellung des Aortenaneurysmas. a Koronarscan, b Sagittalscan. Gelbe Pfeile Kontrastmittel-verstärkte Darstellung des Aortenaneurysmas

Bei der präoperativ durchgeführten neurovaskulären Doppler- und Duplexsonographie zeigte sich eine mittelgradige, auf 50–60 % lokale Durchmesserreduktion zu schätzende Stenose der linken A. carotis interna, ansonsten keine relevanten Stenosen oder Verschlüsse an den übrigen extrakraniellen hirnzuführenden und intrakraniellen Arterien.

Therapie

Der CT-Befund wurde als IAAD mit aneurysmatischer Aufweitung gewertet. Die infrarenale Halslänge betrug 20 mm bei einem leicht zunehmenden Durchmesser nach distal von 21–22 mm. Das Lumen der Bifurkation betrug 16 × 16 mm, während vor der Iliakalgabel rechts der Durchmesser der A. iliaca communis 13 mm und links 10 mm betrug. Aufgrund der exzentrischen Konfiguration und damit bestehender Rupturgefahr wurde die Indikation zur Operation gestellt. Diese sollte wegen der Komorbiditäten des Patienten als EVAR mittels Implantation einer GORE EXCLUDER AAA-Endoprothese (W. L. GORE, Putzbrunn, Deutschland) – Hauptkörper von rechts, Verlängerungsbeinchen links – erfolgen.

Dabei kam es zu folgender intraoperativer Problematik: Nach Einbringen des Hauptkörpers der Endoprothese (REF: RLT281216, SN: 24113816, W. L. GORE) von rechts über eine 18-Fr-GORE-DrySeal-Flex-Introducer-Schleuse (W. L. GORE & Associates, Inc., Flagstaff/AZ, USA) und Platzierung desselben distal der Nierenarterien sowie Entfaltung der Prothese war die Sondierung des Ansatzstücks des kontralateralen „Beinchens“ von links unter Zuhilfenahme des „Head-Hunter-Katheters“ (Cordis Super Torque Catheter Headhunter, Cordis Corporation, Miami Lakes, FL, USA – über die 8‑Fr-Schleuse) aufgrund der Dislokation der gesamten Prothese nicht gelungen. Auch nach kompletter Freisetzung des Hauptkörpers und Einführen eines Sos-Katheters (Sos Omni Selective 2, AngioDynamics, New York/NY, USA) war die Sondierung des kontralateralen Beinchens von rechts im Sinne eines „Cross-over-Manövers“ nicht möglich, da das kontralaterale Beinchen des Hauptkörpers in das „Falschlumen/Dissektionssack“ disloziert war (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Angiographie und Darstellung der Dislokation des Prothesenhauptkörpers in das Falschlumen der Dissektion (intraoperativ). Gelber Pfeil Kontrastmittel-verstärkte Darstellung des Prothesenhauptkörpers

Aufgrund der Problematik wurde der interventionelle Radiologe zur interdisziplinären Befundbesprechung hinzugerufen. Gemeinsam entschied man sich zu folgender Problemlösung: Zunächst wurde linksseitig auf eine 10-Fr-Schleuse (Terumo Radifocus Introducer II, Terumo Corporation, Shibuya, Präfektur Tokio, Japan) gewechselt und ein Rösch-Uchida Transjugular Liver Access Set (Cook-Medical, Bloomington/IN, USA) eingeführt. Mithilfe dessen wurde die Dissektionsmembran inzidiert und das kontralaterale Beinchen über die linke Seite sondiert (Abb. 3 und 4). Anschließend wurde ein Pigtailkatheter (Cook-Medical, Bloomington/IN, USA) über die linke Seite eingebracht und die korrekte Katheterlage durch Drehung desselben im Hauptkörper unter Durchleuchtungskontrolle überprüft. Über den Katheter wurde danach ein Lunderquistdraht (Lunderquist Extra-Stiff Wire Guide, Cook-Medical, Bloomington/IN, USA) eingeführt und auf eine 12-Fr-Gore-DrySeal-Sheath-Introducer-Schleuse (W. L. GORE) gewechselt. Das kontralaterale Beinchen (REF: PLC141200; SN: 24400337, W. L. GORE) konnte nun entsprechend eingeführt und direkt oberhalb des Abganges der A. iliaca interna links platziert und entfaltet werden. Anschließend wurden die Prothesen von proximal nach distal mithilfe eines 33 mm x 65 cm messenden Equalizer™-Ballons (Fa. Boston Scientific, Düsseldorf/Gießen, Deutschland) anmodelliert (Abb. 5). Nach entsprechender angiographischer Dokumentation der regelrechten Lage und Perfusionsverhältnisse der implantierten Endoprothesen (Prothese liegt in Ballerina-Technik infraaortal) wurden die Schleusen entfernt und die Punktionsstellen abschließend mit 5‑0 Prolene(Ethicon, Norderstedt, Deutschland)-Einzelknopfnähten beidseits verschlossen.

Abb. 3
figure 3

Inzision der Dissektionsmembran und Sondierung des kontralateralen Beinchens mithilfe des „Rösch-Uchida Transjugular Liver Access Set“ (intraoperative Darstellung). Gelber Pfeil kontralateraler Beinchenansatz

Abb. 4
figure 4

Inzision der Dissektionsmembran und Sondierung des kontralateralen Beinchens mithilfe des „Rösch-Uchida Transjugular Liver Access Set“ (schematische Darstellung)

Abb. 5
figure 5

Anmodellierung des kontralateralen Beinchens mithilfe eines Equalizer™-Ballons jeweils unterschiedlicher intraaortaler Höhenlokalisation (a,b), dargestellt in Röntgendurchleuchtung (gelbe Pfeile kontrastierter Dilatationsballon)

Postoperativer Verlauf.

Postoperativ wurde der Patient auf der Intensivstation überwacht und am Folgetag auf die Normalstation rückverlegt. Am ersten postoperativen Tag erfolgte ein Röntgen der LWS in 2 Ebenen, wobei die regelrechte Lage der Prothese dokumentiert wurde (Abb. 6). Die Doppler- und Duplexsonographie am 3. postoperativen Tag ergaben ebenfalls regelrechte Befunde mit einem uneingeschränkten cruro-brachialen Index sowie keinem Anhalt für ein Endoleak. Nebenbefundlich war eine temporäre Hämaturie nach Entfernung des transurethralen Blasenkatheters zu verzeichnen, welche im Verlauf sistierte. Die Entlassung erfolgte am vierten postoperativen Tag bei subjektivem Wohlbefinden und reizlosen Wundverhältnissen bei noch einliegendem Hautnahtmaterial (Abb. 7).

Abb. 6
figure 6

Röntgen der LWS in 2 Ebenen (postoperativ) – reguläre Stentprothesenposition (gelbe Pfeile implantiertes aortales Stentgraft). a anterior/posterior, b lateral

Abb. 7
figure 7

Zeitstrahl der Behandlung

Diskussion

Die Indikation zur operativen Versorgung dieser IAAD mit aneurysmatischer Aufweitung wurde anhand der exzentrischen Konfiguration und damit bestehender Rupturgefahr festgemacht. Auch wenn die aktuellen Daten eine kurzfristige Verlaufsbeobachtung erlauben, so ist doch die Indikationsstellung in solch einem Falle bei fehlendem internationalen Konsens oder Evidenz an die Erfahrungswerte des Operateurs geknüpft. Zudem bestand eine sacculäre aneurysmatische Aufweitung bis 48 mm, was nach aktueller Untersuchung von Ozawa et al. im Durchmesserbereich von 40–54 mm mit einem erhöhten Rupturrisiko einhergeht [7]. Die Gefahr eines Typ-II-Endoleaks wurde bei wenigen, sehr schmalen Lumbalarterien und einem A.-mesenterica-inferior-Durchmesser von 2 mm im Abgang als gering eingeschätzt, sodass eine präoperative Embolisation dieser Arterien als nicht notwendig erachtet wurde. Alternative Möglichkeiten der Versorgung wären ein CERAB („gecoverte endovaskuläre Rekonstruktion der Aortenbifurkation“) oder eine monoiliakale Stentprothese mit anschließender Anlage eines femoro-femoralen „Cross-over-Bypasses“ und Plug-Verschluss der A. iliaca communis gewesen. Die Präferenz des Operateurs für das biiliacale System von W. L. GORE begründete sich auf der langjährigen positiven Handhabung und dem unkomplizierten Gebrauch der Prothesen. Eine einfache Rohrversorgung kam aufgrund des Thrombusbesatzes und der aneurysmatischen linkslateralen exzentrischen Aufweitung vor der Bifurkation nicht infrage.

Komplikationen im Rahmen des EVAR lassen sich in prozedurale Komplikationen und Spätkomplikationen unterteilen [8]. Zu den prozeduralen Problemen zählen dabei Komplikationen der Zugangsgefäße, Fehlplatzierungen der Prothese, ischämische Komplikationen sowie systemische Komplikationen.

Probleme bei den Zugangswegen treten bei 9–16 % der Patienten auf [9]. Hierzu zählen Verletzungen der Zugangsgefäße mit oder ohne akute Thrombosierung, Blutungen, Pseudaneurysmen sowie arteriovenöse Fisteln. Diese lassen sich häufig durch eine korrekte Patientenselektion vermeiden.

Inkorrekte Positionierungen der Endoprothesen betreffen meist die Lage des proximalen Prothesenendes zu den Nierenarterien, wobei eine zu tiefe Freisetzung in einem Endoleak Typ I resultieren kann. Zu hohe Platzierungen können wiederum zu Überdeckungen der Nierenarterien führen, während Torquierungen der Prothese eine Fehllage der Prothesenschenkel mit Knickbildung und -schenkelstenosierung bzw. -schenkelverschluss zur Folge haben können.

Während der EVAR sind Extremitäten‑, Becken‑, Rückenmark- sowie Viszeral(arterien)ischämien möglich [10, 11]. Die eingriffsbedingten Manipulationen und die hierdurch möglicherweise ausgelösten peripheren Verschlüsse führen in 2 % der Fälle zu Minderperfusionen der Extremitäten. Beckenischämien werden in der Mehrzahl der Fälle durch Überdeckungen der A. iliaca interna ausgelöst, wobei die Symptome in 90 % aller Fälle im weiteren zeitlichen Verlauf reversibel sind. Minderdurchblutungen der Organe betreffen vorwiegend das Colon descendens aufgrund einer Überstentung der A. mesenterica inferior. Daher ist der präoperative Ausschluss von relevanten Stenosen des Truncus coeliacus und der A. mesenterica superior von entscheidender Bedeutung. Rückenmarkischämien im Rahmen der EVAR sind sehr seltene Komplikationen, welche allerdings bis zur Querschnittslähmung führen können. Durch eine frühzeitige Diagnose und Einleiten einer Liquordrainage sind die Symptome bei 90 % der Betroffenen reversibel.

Kardiopulmonale, zerebrovaskuläre sowie kontrastmittelbedingte Komplikationen werden als systemische Komplikationen bezeichnet. Die Inzidenz der kardiopulmonalen Komplikationen im Rahmen der EVAR liegt bei 1,8–5,3 % [12]. Daher ist es notwendig, eine entsprechende präoperative Diagnostik durchzuführen (Echokardiographie, Lungenfunktionstests, Doppler-Sonographie der „Carotiden“).

Das potenzielle Komplikationsprofil muss natürlich Gegenstand einer ausführlichen und sorgfältigen Patientenaufklärung sein.

Der beschriebene Fall der Dislokation des kontralateralen Beinchens des Endoprothesenhauptkörpers in das Falschlumen der Dissektion zählt ebenfalls zu den prozeduralen Komplikationen. Schwierigkeiten bei der Entfaltung oder Positionierung des Grafts können mit einer Inzidenz von 2 % bis 5 % auftreten [13]. Im geschilderten Fall wäre eine Positionierung der Prothese in Ballerina-Position ideal gewesen, was sich aber während der Prozedur nicht gewährleisten ließ, da sich der Hauptkörper nicht in die gewünschte Position bringen ließ. Der interdisziplinär gewählte Lösungsansatz der Fenestration der Dissektionsmembran (im dargestellten Fall mithilfe eines „Rösch-Uchida Transjugular Liver Access Set“) wurde erstmals 1990 beschrieben [14]. Seitdem wurden das Procedere und die technischen Instrumente zur Fenestration kontinuierlich weiterentwickelt, insbesondere auch großlumige und gekrümmte Kanülen wie beispielsweise das gewählte „Rösch-Uchida Transjugular Liver Access Set“, welches normalerweise zur transjugulären portosystemischen Stentshunt(TIPS)-Anlage eingesetzt wird. Mittlerweile kommen zusätzlich auch verschiedene bildgebende und spezielle Zielinstrumentarien zur Anwendung, mit denen es zum Beispiel durch Einsatz von Ultraschall noch präziser gelingt, das wahre und falsche Lumen bei der endovaskulären Therapie von Dissektionen zu detektieren [15].

Ein alternativer Lösungsweg zum gewählten Verfahren wäre die Embolisation des Ansatzstücks des kontralateralen Beinchens des Prothesenhauptkörpers und Implantation eines femoro-femoralen „Cross-over-Bypasses“ im Sinne einer Hybrid-Operation gewesen. Hierbei handelt es sich um eine sichere und effektive Alternative zur Implantation von Bifurkationsprothesen bei Hochrisikopatienten mit abdominellen Aortenaneurysmen [16, 17]. Gründe hierfür sind die kürzere Operationsdauer und einfachere präoperative Planung beim Einsatz von Mono-Stents im Vergleich zu Bifurkationsprothesen. Weiterhin fällt die intraaortale Manipulation geringer aus und somit auch die Gefahr für thrombembolische Komplikationen mit Schädigung der Nieren‑, Viszeral- oder Extremitätenarterien [18]. Zusätzlich wird meistens eine niedrigere Menge an Kontrastmittel benötigt, was wiederum in einem geringeren Nephropathierisiko resultiert. Zu den Nachteilen, v. a. des femoro-femoralen „Cross-over-Bypasses“, zählen allerdings mögliche Bypassinfektion, Ausbildung von Pseudaneurysmen, Serome und Bypassverschlüsse. Die nachteiligeren Offenheitsraten finden sich insbesondere bei Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) [19].

Eine weitere Lösungsmöglichkeit hätte die Konversion zum offen-chirurgischen Verfahren dargestellt. In einer Studie von mehr als 32.000 Patienten wurde allerdings gezeigt, dass die Konversion zum offenen Verfahren nach fehlgeschlagener EVAR mit einer deutlich erhöhten 30–Tage-Mortalität einhergeht (10 % vs. 4,2 % im Vergleich zum primär offenen Verfahren, 10 % vs. 1,7 % im Vergleich zum erfolgreichen EVAR). Auch die Komplikationsraten für Major-Ereignisse waren nachweislich erhöht. Hierzu zählten Myokardinfarkte, Nierenversagen mit notwendiger Dialyse, kardiopulmonale Reanimation sowie notwendige Bluttransfusionen [20].

Die Stärke der gewählten Vorgehensweise war die Fortführung der endovaskulären und somit Erhalt der minimal-invasiven Therapie. Weiterhin konnte erfolgreich demonstriert werden, dass durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Kenntnis verschiedener technischer Devices der interventionellen radiologischen Behandlung auch bei einem solchen Spezialfall eine kompetente und sofortige Problemlösung möglich ist.

Allerdings liegen hierin auch die Limitationen des dargestellten Komplikationsmanagements: Es handelt sich um einen sehr seltenen Spezialfall einer prozeduralen Komplikation während der endovaskulären Versorgung eines Aortenaneurysmas, welcher besondere technische Hilfsmittel benötigt und insbesondere auch einen in der Handhabung des Rösch-Uchida Transjugular Liver Access Set versierten Interventionalisten erfordert.

Fazit

Im Rahmen der EVAR kann eine Vielzahl von Komplikationen auftreten. Die präsentierte seltene Fallkonstellation aus dem klinischen Alltag verdeutlicht anschaulich, dass die Kenntnis über die möglichen Komplikationen und eine gute und ggf. zeitnahe interdisziplinäre Zusammenarbeit unabdingbar sind, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Ein kompetentes Komplikationsmanagement, das im vorliegenden, erfolgreich versorgten Fall die minimale Invasivität erhalten konnte, ist dabei zwingend notwendig und erfordert das Vorhandensein verschiedener technischer Devices der endovaskulären Therapie sowie auch eine ausreichende Erfahrung in der offen-chirurgischen Versorgung als notwendige „Hintergrundabsicherung“.