FormalPara Erwiderung

Zum Leserbrief von Bernheim C (2020) Komplikation bei nicht perfekter oder sogar fehlerhafter Durchführung des Verfahrens. Gefässchirurgie. https://doi.org/10.1007/s00772-019-00604-4.

Zum Leserbrief von Brandl R (2020) Komplikation in der Lernkurve des Anwenders? Gefässchirurgie. https://doi.org/10.1007/s00772-019-00605-3.

Zum Leserbrief von Fuchs J (2020) Vermutungen zur vermeintlichen Cyanoacrylatverklebung. Gefässchirurgie. https://doi.org/10.1007/s00772-019-00606-2.

Originalbeitrag: Netzer FJ (2019) Cyanoacrylatkleber im Leitvenensystem. Komplikation nach der Embolisation von Stammvenen. Gefässchirurgie 24:572–576. https://doi.org/10.1007/s00772-019-00567-6.

Sehr geehrte Herren Kollegen Bernheim, Brandl und Fuchs,

vielen Dank für Ihre Leserbriefe zur genannten Publikation.

Langfristige Folgen akzidentieller Instillation von Cyanoacrylatkleber ins subfasziale Venensystem sind heute möglicherweise noch nicht vollständig abzuschätzen. Ich möchte hierzu auf zwei Case Reports von 2019 und eine Publikation aus 2009 verweisen:

  • Lew PS, Tan YK, Chong TT, Tang TY (2019) Venaseal™ Cyanoacrylate Glue Rejection Following Endovenous Ablation—Another New Complication. Biomed J Sci & Tech Res. 17(4). BJSTR.MS.ID.003040.

  • Jones AD, Boyle EM, Woltjer R, Jundt JP, Williams AN (2019) Persistent type IV hypersensitivity after cyanoacrylate closure of the great saphenous vein. Journal of Vascular Surgery Cases and Innovative Techniques 5(3): 372–374

  • Galperine T et al. (2009) Recurrent Bacteremia, a Complication of Cyanoacrylate Injection for Variceal Bleeding: report of Two Cases and Review of Literature. Case Reports in Medicine Hindawi Publishing Corporation 9: 1–3

Diese Case Reports schildern starke Immunreaktionen auf die Chemikalie Cyanoacrylat (Publikationen von Lew et al. und Jones et al.) und eine chronische Bakteriämie, ausgehend von dem infizierten Fremdkörper Klebstoff. Sollten solche Komplikationen am subfaszialen Venensystem durch die akzidentielle Instillation von Cyanoacrylat dort auftreten, ist erforderlichenfalls eine Resektion der betroffenen Venenabschnitte, wie sie in den Fallbeispielen am epifaszialen System erfolgte, nur mit erheblichem operativen, rekonstruktiven Aufwand vorstellbar.

Unter diesem Aspekt kann ich Ihre, eher bagatellisierende, Reaktion auf den Case Report in Gefässchirurgie nicht nachvollziehen. Neue Verfahren gehen stets mit neuen Risiken einher. Der Bericht über eine ungewollte Instillation eines dauerhaft verbleibenden chemischen Produkts, in eine Leitvene, schildert ein solches, verfahrensimmanentes Risiko, und eine vermeidbare Komplikation, bei der elektiven Behandlung einer nicht primär lebensbedrohlichen Erkrankung (Stammvarikose). Damit geht es also nicht um die generelle Ablehnung eines neuen Behandlungsverfahrens. Neue Verfahren dürfen aber auch nicht mit anderen Maßstäben gemessen werden als die bestehenden: Wenn es bei diesen galt und gilt, jede iatrogene Beeinträchtigung der Leitvenen strikt zu vermeiden, scheint es unverständlich, weshalb diese Regel bei neuen Verfahren aufgeweicht werden sollte.

Risiken und Komplikationen gehen mit ärztlichem Handeln, in einem gewissen Umfang, stets einher und sollten, zur Erhöhung der Behandlungssicherheit unserer Patienten, noch viel offensiver kommuniziert werden. Ich bedauere, dass das Editorial Board dafür kritisiert wird.