Für Grundwasser ging es die letzten beiden Jahre erst hoch, dann wieder runter, aber nicht wie Sie vielleicht annehmen, wenn Sie an Grundwasser denken. Nein, es geht um den Impact-Faktor unserer Zeitschrift. Sie haben sich möglicherweise darum noch nie gekümmert und nur wenige werden sich dafür interessieren, dennoch lohnt es sich weiterzulesen, insbesondere wenn Sie aus der „Praxis“ kommen:

Der Impact-Faktor von Grundwasser lag im Jahr 2021 mit 1,1 doppelt so hoch wie in den Vorjahren; im Jahr 2022 ging er auf 0,7 zurück, den Fünfjahresschnitt. Das ist gegenüber internationalen Zeitschriften mit ähnlichen Themenfeldern zwar niedrig, verglichen mit der US-amerikanischen Groundwater ist es dann doch nicht so schlecht (derer ist 2,6), zumal sie Artikel aus einer deutlich größeren Fachgemeinschaft national und international rekrutiert.

Doch was ist der Impact-Faktor und wieso ist er relevant? Nun, er ist eine ziemlich umstrittene bibliometrische Messzahl, um die Publikationsleistung und den Einfluss wissenschaftlicher Zeitschriften untereinander zu vergleichen. Er misst für einen Zweijahreszeitraum die Zahl der zitierten Publikationen einer Zeitschrift im Verhältnis zur Gesamtzahl ihrer Publikationen. Allerdings wird der Impact-Faktor aber nicht nur dazu herangezogen, die Bibliometrie zu messen, sondern wird oft auch als ein Anzeiger für die wissenschaftliche Qualität von Veröffentlichungen einer Zeitschrift interpretiert – in dem Sinne: Ein Artikel kann nur dann von hoher Qualität und Relevanz sein, wenn er in einer Zeitschrift mit hohem Impact-Faktor veröffentlicht wird. Entsprechend hat sich das Bestreben eingeschlichen, Manuskripte vor allem bei Zeitschriften mit hohem Impact-Faktor einzureichen. Dass die dort veröffentlichten Artikel aber grundsätzlich von höherer Qualität oder Relevanz sind, ist jedoch nicht gesagt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft rät beispielsweise davon ab, diese Messzahl zur Beurteilung der wissenschaftlichen Qualität heranzuziehen. Wir als Grundwasser-Herausgeber wollen nicht allzu sehr auf den Impact-Faktor schielen, sondern in Grundwasser Arbeiten von guter Qualität veröffentlichen, die für unsere hydrogeologische Fachgemeinschaft interessant und relevant sind!

Aber wie können wir überhaupt feststellen, ob ein Artikel von Relevanz für unsere Fachgemeinschaft ist? Wir nutzen hierzu ebenfalls die Zahl der Zitationen einzelner Artikel, wodurch sich vermeintlich einfach messen lässt, wie einzelne Veröffentlichungen im wissenschaftlichen Diskurs wahrgenommen werden. Auch wenn diese Betrachtung Probleme mit sich bringt, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Relevanz einer Arbeit auch dadurch bemisst. Damit wird auch klar, dass es eben nicht unbedingt wichtig ist, möglichst viel zu publizieren, sondern solche Erkenntnisse zu publizieren, die für andere wichtig sind und im Diskurs aufgegriffen werden.

Hier bleibt aber die Perspektive der Praxis außen vor! Die Zahl der Zitationen zeigt zwar, ob ein Beitrag bei der wissenschaftlichen Diskussion von Relevanz ist. Jedoch muss ein viel zitierter Beitrag nicht zwangsläufig Praxisrelevanz besitzen, denn diese kann sich aus ganz anderen Fragestellungen ergeben. Für unsere Fachgemeinschaft könnte sich Relevanz beispielsweise auch durch Erkenntnisse aus Fallstudien ergeben, die sich auf andere Untersuchungen übertragen lassen, oder durch neue Erkenntnis zur hydrogeologischen Funktionsweise wichtiger Einheiten sowie durch neue Untersuchungstechniken. Ob nun Veröffentlichungen praxisrelevant sind, ist allerdings kaum zu messen, da nicht nachzuverfolgen ist, welche Arbeiten dort Berücksichtigung finden. Wir können aber mutmaßen, denn die Zahl der Online-Zugriffe auf Grundwasser-Artikel zeigt interessantes: Es gibt Artikel, auf die einige tausend Mal – und damit erheblich öfter im Vergleich zu anderen Artikeln – in sehr kurzer Zeit zugegriffen wird, wobei sie aber nicht besonders viel zitiert werden. Zudem werden wohl viele Zugriffe durch FH-DGGV-Mitglieder erfolgen, die auch zu einem großen Teil aus der Praxis kommen. Diese besonders nachgefragten Artikel scheinen also für die Fachgemeinschaft überaus interessant und relevant zu sein, ohne (schnell) viele Zitationen zu generieren.

Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mag das zunächst enttäuschend sein, wenn ihre Arbeiten wenig zitiert werden. Dennoch können ihre Arbeiten von großer Praxisrelevanz sein – auch wenn das leider nicht direkt messbar ist. Es sei denn, es würden mehr Erkenntnisberichte aus der Praxis veröffentlicht, die auch zeigen, welche wissenschaftlichen Arbeiten „inspirierend“ waren. Und anders herum könnte die Wissenschaft damit zeigen, wie relevant eigene Arbeiten sind.

Vor diesem Hintergrund sollten wir uns bewusst machen, dass die FH-DGGV satzungsgemäß „ein Forum für Wissenschaft und Praxis in der Hydrogeologie“ ist. Um diesem Anspruch an Grundwasser als Kommunikationsplattform gerechter zu werden und um klarer zu benennen, wie Erkenntnisgewinne kommuniziert werden können, werden wir unsere Veröffentlichungsrichtlinien modernisieren und erweitern: Denn wir wollen vielfältigere Möglichkeiten bieten, Erkenntnisse zu veröffentlichen. Als Fachzeitschrift wollen wir unserem Fachpublikum relevante Arbeiten bieten, wobei die Situation von Grundwasser besonderes ist: Wir sind Sprachrohr für die hydrogeologische Wissenschaft UND Praxis – vor allem im deutschsprachigen Raum – und dementsprechend wollen wir hochwertige Arbeiten aus beiden Bereichen veröffentlichen!

An die Praxis möchten wir daher den Appell richten: Seien Sie mutig und fassen Sie Ihre guten Arbeiten zusammen und reichen Sie sie bei Grundwasser ein! Teilen Sie Ihre wertvollen Erkenntnisse und zeigen Sie die Relevanz Ihrer Arbeit – gerne auch auf Englisch. Unsere Fachgemeinschaft wird von Ihrer Arbeit lernen und es Ihnen bestimmt auch danken. Vielleicht werden Sie bei einer Tagung auf Ihren „tollen Artikel im letzten Heft“ angesprochen oder Sie werden in Form von Zitationen belohnt. Beides wird Sie freuen! Und letzteres hebt den Impact-Faktor unserer Zeitschrift, den wir vielleicht dauerhaft über eins halten können – aber eigentlich wollten wir darauf ja gar nicht schielen.