Das Thema „Grundwasser und Landwirtschaft“ hat viele Facetten, wie wir in unserem Aufruf zur Beitragseinreichung für ein Themenheft in der Grundwasser bereits hervorgehoben haben. Mit der hohen Anzahl an eingereichten Beiträgen hatten wir die schöne Möglichkeit, gleich zwei Ausgaben der Grundwasser gestalten zu dürfen. Während sich das vorherige Heft 1/2023 vor allem mit den Auswirkungen der Landwirtschaft auf Grundwasserqualität beschäftigte, widmet sich das vorliegende Heft 2/2023 nun dem Problemfeld der Grundwassermenge und -bewirtschaftung.

Weltweit ist die Landwirtschaft der größte Nutzer von Süßwasser. Gerade bewässerungsintensive Kulturen sorgen dafür, dass global 70 % des geförderten Süßwassers der landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden. Nach OECD-Angaben sind die Zahlen in unserem Raum sehr viel geringer: Während die Schweiz 8 % des entnommenen Wassers für die landwirtschaftliche Nutzung einsetzt, sind es in Österreich und Deutschland nur 2 %. Das klingt wenig und eigentlich nach einem soliden Spielraum für die Wasserversorgung unter den prognostizierten Klimaveränderungen und den damit einhergehenden Anpassungen der landwirtschaftlichen Praxis. Oder täuschen wir uns hier? Die Rechnung darf sicher nicht so einfach gemacht werden: Die nationalen Angaben lassen sich nicht einfach auf regionale bis lokale Gegebenheiten übertragen. Individuelle naturräumliche Voraussetzung bedingen unterschiedliche Auswirkungen auf die Grundwasserressourcen. Gerade bei kleineren lokalen Grundwasservorkommen können in Trockenperioden Engpässe entstehen, auch wenn im langjährigen Mittel ausreichend Grundwasser zu Verfügung steht. Die extreme Dürre der letzten Jahre hat einen deutlich steigenden Bedarf landwirtschaftlicher Bewässerung induziert. Bei der Vergabe von Wasserrechten müssen Behörden konkurrierende Interessen gegeneinander abwägen und die Möglichkeit längerer Trockenphasen im Blick behalten. Zudem stehen die Angaben zur Wassernutzung durch die Landwirtschaft auf wackeligen Beinen: Das Rechercheteam CORRECTIV veröffentlichte jüngst eine Analyse, die zeigt, dass die tatsächliche Nutzung von Wasser durch die Landwirtschaft in Deutschland mutmaßlich sehr viel höher liegt als die angegebenen 2 % und die derzeitig publizierten Angaben, die von Landwirten an die Wasserbehörden gemeldet werden, wenig verlässlich sind. Eine schlechte Datenlage und zunehmender Druck auf die Grundwasserressourcen sind sicherlich keine gute Kombination, um eine nachhaltige Grundwassernutzung in Zukunft zu gewährleisten.

Das vorliegende Themenheft zeigt, dass die Fragestellung der Grundwassernutzung durch die Landwirtschaft in der Realität von Wasserwirtschaft und Genehmigungspraxis angekommen ist. Die Beiträge stammen überwiegend aus der Praxis, die sich häufig im Auftrag von Behörden den verschiedenen Aspekten der Problematik stellt. Im Kern geht es um zukunftssicheres und nachhaltiges Management unserer Grundwasserressourcen unter Berücksichtigung des Klimawandels, das die Interessen aller Akteure im Blick behält. Konkret stellen sich Fragen zu möglichen Grundwasserständen unter Berücksichtigung der Zunahme und Verstärkung von Extremereignissen (Kämpf et al.), Möglichkeiten der Anpassung von Entwässerungsinfrastrukturen und die Prognose von landwirtschaftlichen Erträgen (Kröcher et al.) sowie um integriertes Wasserressourcenmanagement in landwirtschaftlichen Gebieten (Drastig et al.), die mithilfe verschiedener Modellansätze adressiert werden. Weitere Arbeiten stellen Werkzeuge für die Genehmigung von Wasserrechtsanträgen (Flechtner et al.) und neue Monitoringansätze zur Steuerung von Grundwasserentnahmen (König et al.) vor. Schließlich zeigen Schulz et al., wie mit den komplexen Sachverhalten von Grundwassernutzung im Klimawandel und den Interessen verschiedener Grundwasserakteuren umgegangen werden kann und wie regional Konflikte reduziert werden können.

Für das komplexe Thema Grundwasser und Landwirtschaft brauchen wir Werkzeuge, die auf einer soliden wissenschaftlichen Basis stehen. Wir brauchen ausreichend valide Daten auch über die derzeitige Grundwassernutzung und können es uns nicht leisten, hier auf grobe Abschätzungen zurückgreifen zu müssen. Es ist ein gemeinsames und vertrauensvolles Handeln von Landwirtschafts- und Grundwasserakteuren gefragt. Mit diesen Werkzeugen und Daten in der Hand müssen wir solide Prognosen machen und Szenarien entwickeln, wie nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung im Interesse aller Akteure zukunftssicher gestaltet werden kann. Diese Prognosen sind unausweichlich mit großen Unsicherheiten behaftet, die in den Daten, in den angewendeten Werkzeugen und in den Szenarien zur Entwicklung von Klima, zukünftiger Wassernutzung sowie landwirtschaftlicher Praxis stecken. Wir müssen diese Unsicherheiten quantifizieren und klar kommunizieren. Dabei ist es auch unsere Aufgabe, den Anwendern zu helfen, mit Unsicherheiten in den Ergebnissen umzugehen. Wir denken, die Beträge in diesem Heft gehen einen guten Schritt in diese Richtung.