Trotz seiner Seltenheit von 1:10.000 Einwohnern [34] gebührt dem medullären Schilddrüsenkarzinom besondere Aufmerksamkeit wegen seiner einzigartigen biochemischen und genetischen Erscheinungsformen und den daraus resultierenden klinischen Konsequenzen. Es ensteht aus den neuroendokrinen parafollikulären C-Zellen der Schilddrüse und sezerniert große Mengen des spezifischen Tumormarkers Kalzitonin, der entscheidend für die Diagnose und die Verlaufsbeobachtung ist. Etwa 10% aller Schilddrüsenkarzinome sind medulläre Karzinome und mindestens ein Viertel dieser Tumoren tritt als hereditäre Erkrankung auf – isoliert oder im Kontext einer multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) IIa oder IIb. Die Prognose quo ad vitam der langsam wachsenden Tumoren ist gut (Überlebensrate nach 10 Jahren insgesamt 76% [34]), obwohl nur etwa 35–40% der Patienten durch die einzige Therapieform mit kurativem Ansatz – die radikale chirurgische Resektion – tatsächlich geheilt werden können. Dieses klinische Problem –: späte Diagnose und häufig frustrane Therapie – ist heute dank der bahnbrechenden Arbeiten von Donis-Keller et al. [4] und Mulligan et al. [31] für die hereditäre Manifestation der Erkrankung weitgehend gelöst. Die Identifikation der ursächlichen Keimbahnmutation auf dem RET-Protoonkogen ermöglicht bei Mutationsträgern in den betroffenen Familien die operative Krebsprophylaxe, eine bis heute in der Medizin fast einmalige Chance.
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Mann, B., Kasten, C., Hotz, H. et al. Medulläres Schilddrüsenkarzinom. Onkologe 6, 651–659 (2000). https://doi.org/10.1007/s007610050039
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