Funktionelle onkologische Bildgebung bezeichnet eine Reihe von Techniken und Methoden, die es ermöglichen, die biologische Funktion von Tumoren sichtbar zu machen und damit deren biochemische und proliferative Aktivität zu charakterisieren. Diese Verfahren ergänzen damit die konventionelle Bildgebung, die pathologische Veränderungen v. a. anhand morphologischer Kriterien wie Form, Größe, Begrenzung, Struktur usw. zu detektieren und bewerten versucht. Funktionellen Bildgebungsverfahren machen hingegen bzw. darüber hinaus physiologische und biochemische Prozesse direkt oder indirekt sichtbar, wie z. B. Blutfluss, Stoffwechsel- und Proliferationsaktivität, Zelldichte oder hormonell gesteuerte Prozesse.

Maligne Tumoren können mit funktionellen Bildgebungsverfahren genauer erkannt und charakterisiert werden

Für die Onkologie und besonders für die personalisierte Medizin sind funktionelle Bildgebungsverfahren von zunehmender Bedeutung. Maligne Tumoren können damit frühzeitig erkannt und charakterisiert werden, noch bevor sie durch eine auffällige Größe oder Größenveränderungen in Erscheinung treten. Die Visualisierung der räumlichen Tumorheterogenität in Bezug auf z. B. Stoffwechselaktivität, Durchblutung und Zelldichte ist von entscheidender Bedeutung sowohl für die Planung und Steuerung von Biopsien als auch für die individualisierte Therapieplanung. Auch das frühzeitige Therapiemonitoring profitiert wesentlich von funktionellen Bildgebungsverfahren, denn biologische Therapieeffekte gehen oft morphologischen Reaktionen voraus. Therapien können so individueller geplant, gesteuert und optimiert werden, und unwirksame Therapieregime können frühzeitig abgebrochen und verändert werden.

Entwicklungen und Anwendungen funktioneller Bildgebungsverfahren sind auch ein integraler Bestandteil der Krebsforschung und Therapieentwicklung. Methodische Weiterentwicklungen umfassen die radiologischen Schnittbildverfahren Sonographie (US), Computertomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) sowie die nuklearmedizinische Bildgebung, die die räumliche Verteilung speziell entwickelter Radiotracer bzw. molekularer Sonden mittels Positronenemissionstomographie (PET) und Single-photon-emission-Computertomographie (SPECT) sichtbar macht. Funktionelle Bildgebungsverfahren werden zudem auch in der In-situ-Diagnostik eingesetzt, um biologische Eigenschaften von Tumoren und deren Mikromilieu zu charakterisieren und prognostisch wie prädiktiv einzustufen.

Ziel dieses Leitthemas ist es, schlaglichtartig einen Einblick in aktuelle Entwicklungen der funktionellen Bildgebung mit deren Anwendung auf onkologische Fragestellungen zu geben. B. Beuthien-Baumann et al. beschreiben die Bedeutung der multimodalen Bildgebung beim CUP-Syndrom und zeigen das diagnostische Potenzial, aber auch die Grenzen der Methodik zum Nachweis des Primärtumors und zur Erfassung der gesamten Tumorlast der Metastasierung auf. V. Gaidzik et al. erörtern die Bedeutung der funktionellen und molekularen Bildgebung für die Zentren für personalisierte Medizin. Bei den molekularen Tumorboards sind die Informationen funktioneller Bildgebungsverfahren für die Planung und Überwachung gezielter molekularer Therapien von Bedeutung. A. Holzgreve et al. beschreiben die Schlüsselrolle der funktionellen Bildgebung für das Therapiemonitoring bei der Überwachung der neoadjuvanten Radio‑/Chemotherapie. V. Saase et al. befassen sich mit den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz für die funktionelle Bildgebung und diskutieren deren möglichen Nutzen für die Verbesserung der quantitativen und objektiven onkologischen Bildgebung. M. Lell et al. erörtern die neuesten Entwicklungen in der Spektralcomputertomographie. Diese Technologie ermöglicht es, in einer Untersuchung und ohne zusätzliche Strahlenbelastung gleichzeitig morphologische und diverse funktionelle Eigenschaften von Gewebestrukturen zu erfassen. A. Mayer et al. zeigen die neuesten Entwicklungen der multiparametrischen, molekularen Bildgebung für die In-situ-Gewebediagnostik. Die Kombination von morphologischen, molekularen und zellulären Informationen liefert eine Vielzahl wichtiger Biomarker, die zur Identifizierung therapeutischer Ansätze herangezogen werden können.

Krebsforschung und personalisierte Onkologie profitieren wesentlich von den Weiterentwicklungen der funktionellen Bildgebung. Die multiparametrischen und molekularen Verfahren verknüpfen morphologische mit funktionell-biologischen Informationen und liefern damit wertvolle Beiträge zur präzisen Diagnostik, individualisierten Therapieplanung und frühen Kontrolle von individuellen Therapieeffekten. Die hervorragenden Beiträge zu diesem Leitthema geben einen Einblick in die beeindruckenden Möglichkeiten zur Verbesserung einer personalisierten Onkologie.

Für die Schriftleitung

Heinz-Peter Schlemmer

Für die Herausgebenden

Christiane Bruns