Knochensarkome sind exemplarische Erkrankungen für den Erfolg einer interdisziplinären Behandlung. Das Alter der Patienten ist dabei oft eine Herausforderung, so sind mehr als 60 % aller Patienten mit Osteosarkomen jünger als 25 Jahre und haben aufgrund der mittlerweile guten Prognose einer nichtmetastasierten Erkrankung eine in der großen Mehrheit normale Lebenserwartung. Wie bei allen primär malignen Knochentumoren sollte der Verdacht zur Überweisung an ein Sarkomzentrum führen.

In dieser Ausgabe sollen gezielt die in den letzten Jahren getroffenen Änderungen der Therapieempfehlungen, Diagnosen und Therapien am Rande der Standardverfahren und Protokolle bei „klassischen“ Diagnosen dargestellt werden. Wir freuen uns, für Sie Autorinnen und Autoren gefunden zu haben, die nicht nur Mitglieder etablierter großer Sarkomzentren sind, sondern aufgrund ihrer hohen Spezialisierung und langjährigen Erfahrungen bei diesen seltenen Krankheitsbildern maßgeblich zum Fortschritt und Erkenntnisgewinn beigetragen haben.

Knochensarkome sind exemplarische Erkrankungen für den Erfolg einer interdisziplinären Behandlung

Im Beitrag von Bielack et al. wird neben dem lange bewährten Einsatz von Doxorubicin, Hochdosismethotrexat, Cisplatin und Ifosfamid als wirksamste Substanzen in der Osteosarkomtherapie auf den Immunmodulator Muramyl-Tripeptid-Phenol-Ethanolamin (MTP) eingegangen. Die Ergebnisse damit werden sehr kontrovers diskutiert. Die postoperative Adaptation und Intensivierung konnte in der EURAMOS-1-Studie keinerlei prognostische Verbesserung zeigen. Eine Interferonerhaltungstherapie führte ebenfalls nicht zum gewünschten Erfolg. Aktuell kam international die Studienaktivität, zumindest die der prospektiv randomisierten Prüfungen, fast zum Erliegen. Auch der randomisierte Zusatz eines Bisphosphonats (Zoledronat) zeigte keinen positiven Effekt.

Timmermann et al. beschreiben die Ist-Situation beim Ewing-Sarkom. Bei lokoregionärer Erkrankung wird weiterhin eine Kombinationschemotherapie bestehend aus Ifosfamid, Cyclophosphamid, Doxorubicin, Etoposid, Actinomycin D und Vincristin als Standard angesehen. Bei ungünstigem histologischem Ansprechen auf eine konventionell dosierte Chemotherapie wird eine hoch dosierte Chemotherapie mit Busulfan und Melphalan in Verbindung mit einer Stammzelltransplantation eingesetzt. Seitens der Lokaltherapie wird die Kombination aus Operation und Bestrahlung favorisiert. In Abhängigkeit von der Lokalisation und Größe des Tumors ist das Risiko für ein Lokalrezidiv bei alleiniger Strahlentherapie größer. Bei sakralen EWS besteht jedoch kein Unterschied zwischen definitiver RT und kombinierter RT/Operation sowohl in Bezug auf das Lokalrezidiv als auch das Überleben, sodass in diesem Fall die definitive RT als Behandlungsmodalität international anerkannt ist. Therapieverzögerungen, die im interdisziplinären Setting nicht selten sind, führen, so eine Untersuchung der CESS-Studiengruppe, zu einer signifikant schlechteren Überlebenswahrscheinlichkeit.

Die Strahlentherapie hat gerade auch bei den nichtresektablen Knochentumoren einen hohen Stellenwert. Combs et al. widmen diesem Punkt einen eigenen Beitrag. Moderne Bestrahlungstechniken wie auch eine Partikeltherapie mit Protonen oder Ionen mit Strahlendosen größer als 70 Gy führen zu lokalen Kontrollraten von 60 bis 70 % nach 5 Jahren. Auch die Ganzlungenbestrahlung bei einer pulmonalen Metastasierung des Ewing-Sarkoms mit 15–18 Gy behält ihren Stellenwert.

Letztlich werden die meisten Knochentumoren jedoch weit reseziert werden. In den meisten Fällen erfolgt die Rekonstruktion mit guten Langzeitergebnissen, so Engel et al. auch bei Kindern und Jugendlichen, durch Tumorprothesen. Mittels Wachstumsprothesen wird gerade bei jüngeren Kindern eine größere Beinlängendifferenz vermieden. Auch 3‑D-gedruckte Individualimplantate kommen zunehmend zum Einsatz. Aber Revisionseingriffe wie bei periprothetischen Infektionen, Prothesenverschleiß und aseptischen Lockerungen sind unter Berücksichtigung des jungen Lebensalters und der onkologisch guten Prognose nicht selten.

Biologische Rekonstruktionen können diese, so Klein et al., reduzieren, allerdings zum Preis einer im frühen Verlauf bis zur knöchernen Konsolidierung oft höheren Revisionsrate. Gerade bei diaphysären Tumoren bietet sich diese Versorgungsoption an. Verschiedenste Verfahren, auch in Kombination, sind möglich. Für die Auswahl ist die Beratung durch einen mit diesen Verfahren erfahrenen Tumororthopäden notwendig.

Der letzte Beitrag von Smolle et al. aus Graz widmet sich den atypischen chondrogenen Tumoren (ACT) der kurzen und langen Röhrenknochen, die früher von der WHO als Chondrosarkome G1 bezeichnet wurden. Die operative Therapie hat sich hier über die letzten Jahre gewandelt, weg von einer weiten Tumorentfernung hin zur intraläsionalen Kürettage. Sowohl die Diagnostik als auch die Therapie dieser Tumoren sollte zur Vermeidung von Unter- wie auch Übertherapie an einem spezialisierten Tumorzentrum erfolgen.

Knochentumoren sind Paradebeispiele für das Zusammenwirken aller Fachdisziplinen. Wir haben uns bewusst auf die Therapie fokussiert. Die Fortschritte in der molekularen Pathologie oder der modernen radiologischen Diagnostik der letzten Jahre hätten den Rahmen dieses Hefts gesprengt. Im klinischen Alltag sind wir häufig mit Problemen gerade in der Behandlung von „Nichtstandardfällen“, wie sehr jungen Patient*innen oder ungünstigen Lokalisationen, konfrontiert. Hier hat sich einiges verändert und wir wünschen uns weitere Forschungsprojekte, die viele wichtige Fragen jetzt und in Zukunft beantworten.

Für die Schriftleitung

Hans Roland Dürr

Für die Herausgebenden

Christiane J. Bruns