Aufgrund der rasanten Entwicklung im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnik entstehen ständig neue Möglichkeiten und Anwendungsgebiete auch für die Tumormedizin. Für einen regelhaften Einsatz sind allerdings – deutlicher als in anderen Bereichen – ethische, technische, organisatorische, wirtschaftliche sowie rechtliche Voraussetzung zu bewältigen.

Die Erkenntnisse der Medizin haben eine Halbwertszeit von 5 Jahren

Das Wissen der Medizin nimmt kontinuierlich und rasch zu, sodass die Erkenntnisse der Medizin eine Halbwertszeit von 5 Jahren haben. Dementsprechend besteht ein enormer Informationsbedarf für Ärzte und Patienten, dem durch Techniken der Informations- und Kommunikationstechnologie hervorragend begegnet werden kann. Das Internet hat dazu geführt, dass sich in der Onkologie internationale Standards entwickelt haben. Wichtige klinische Studien werden zuerst auf internationalen Kongressen vorgestellt und in internationalen Journalen unabhängig von Nationalstaaten publiziert. Onkologen sind also darauf angewiesen, auf diese Erkenntnisse im Original, als kommentierte Zusammenfassungen, in Reviews und Leitlinien zugreifen zu können. Ebenso wichtig ist unverändert der persönliche Austausch mit Fachkollegen zur Wertung von neuen Erkenntnissen und zur eigenen Meinungsbildung. So einleuchtend das klingt, ist es in der medizinischen Realität doch schwierig, dafür die Informations- und Kommunikationstechnologie als passendes Werkzeug anzuwenden. Es bedarf daher der Schulung im Umgang mit den Internettechnologien, Informationsportalen, Datenbanken, Suchstrategien und v. a. deren Qualitätsbeurteilung, um dem Anspruch der optimalen, d. h. aktuellen und besten Wissensqualität für die tägliche Arbeit gerecht zu werden.

Der Begriff Telematik setzt sich aus den Worten „Telekommunikation“ und „Informatik“ zusammen und bezeichnet die Verbindung von wenigstens zwei Computersystemen mittels Telekommunikation. Zu den Kernbereichen, der Telematik, gehören Rechnernetze wie beispielsweise das Internet, aber auch Telefon- und Mobilfunknetze werden im Zusammenhang mit diesem Begriff genannt. In der Medizin erlaubt die Telematik eine ortsdiskrete Diagnose, beispielsweise die diagnostische und therapeutische Abstimmung zwischen zwei sich konsultierenden Ärzten oder die Kommunikation zwischen Arzt und Patient unter Überbrückung räumlicher Distanz. Die Telematik ist damit die Grundlage jeder telemedizinischen Anwendung.

Die ursprüngliche Triebkraft zur Entwicklung telemedizinischer Konzepte war dementsprechend auch eine räumliche Trennung von Arzt und Patient wie beispielsweise in der Raumfahrt oder in großflächigen Ländern mit dünn besiedelten Regionen. Hier wurden schon sehr früh die Relevanz und der Nutzen telemedizinischer Anwendungen deutlich. Auch heute sind mehr denn je der Fachärztemangel und die zunehmende Spezialisierung der Medizin mit der hiermit verbundenen Notwendigkeit einer stärkeren räumlichen Vernetzung ein wichtiger Motor für die Etablierung stets neuer telemedizinischer Lösungen geworden.

In der Onkologie ist die elektronisch gestützte Teletumorkonferenz die wohl wichtigste Anwendung der Telematik. Neu und tendenziell zunehmend verbreitet sich auch die psychoonkologische Patientenbegleitung und persönliche Internetberatung. Eine randomisierte Studie konnte bei Patienten mit einer direkten persönlichen Internetberatung eine statistisch signifikante Steigerung des Therapieerfolgs nachweisen. Telemedizin wird zudem häufig mit dem Ziel der Qualitätsverbesserung, beispielsweise durch Einholung einer Zweitmeinung, verwendet, oder zur Verbesserung der Lebensqualität der Patienten durch eingesparte Wege zum Arzt.

Mittels mobilem Telemonitoring kann Notfällen durch eine kontinuierliche computergestützte Beobachtung von Vitalparametern vorgebeugt werden. Bei Eintreten eines Notfalls können zudem automatisiert ein Notarzt alarmiert und vorbereitende Maßnahmen eingeleitet werden. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig und wachsen seit einigen Jahren insbesondere durch die zunehmende Verbreitung mobiler Endgeräte mit Internetzugang. Diese erlauben eine effiziente und kostengünstige Datenübermittlung auf einer bereits bestehenden Infrastruktur.

Die sog. Robotik in der Chirurgie hat die Gemüter für einige Jahre sehr bewegt. Inzwischen ist es um dieses Thema sehr viel ruhiger geworden. Zumindest in der onkologischen Viszeralchirurgie ist es bisher nicht gelungen, einen entscheidenden Vorteil nachzuweisen, der den unverhältnismäßig höheren finanziellen und sonstigen Aufwand rechtfertigen würde, sodass nach einer recht intensiven Pionierphase in der Mitte der vergangenen Jahrzehnts der Einsatz von Telemanipulatoren vor allem zum Thema sehr spezialisierter, technisch komplexer onkologischer Verfahren wird (z. B. Prostatektomie, tiefe anteriore Resektion, Thymom-Chirurgie).

Generell ist eine Überlegenheit der roboterassistierten Operation gegenüber den anderen minimal-invasiven oder offenen Vorgehensweisen in onkologischer Hinsicht derzeit keineswegs belegt. Auf jeden Fall ist damit aber meist eine gewaltige Kostensteigerung verbunden. Trotzdem sollten auch weiterhin mechatronische Assistenzsysteme – die bessere Umschreibung für das, was mit dem Begriff „Robotik“ gemeint ist – auch in der Onkologie im Rahmen sorgfältig geplanter Studien weiterverfolgt werden, um Visionen nicht einer unzureichend geprüften Realität zu opfern.

H. Feußner

Für die Herausgeber des Schwerpunkthefts

P. M. Schlag

Für die Herausgeber