Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser!

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Willkommen zur September-Ausgabe von psychopraxis.neuropraxis.

In turbulenten Zeiten für das Gesundheitssystem in Österreich – Ärzte- und Pflegemangel, Pensionierungswelle, Finanzausgleichsverhandlungen usw. – darf der Patient/die Patientin nicht zu kurz kommen. Unsere Hauptaufgabe als Ärztin oder Arzt ist und bleibt die eingehende und umfassende Behandlung unserer Patienten und Patientinnen. Neben dieser individuellen Zuwendung zum Patienten/zur Patientin haben wir aber auch den Blick auf das „Ganze“, d. h. die Struktur und Organisation der Versorgung aller Patienten unseres Landes.

Beides finden Sie in den Beiträgen aus dem psychiatrischen und neurologischen Bereich dieser Ausgabe.

Ausbildung in Medizin und Psychotherapie sind wesentlicher und wichtiger Teil unserer Arbeit. Henriette Löffler-Stastka zeigt die Kernkompetenzen eines Psychotherapeuten auf. Mentalisierungsfähigkeit – die Fähigkeit, eigene und fremde psychische Zustände zu verstehen – und Empathie sowie Authentizität sind Hauptfaktoren einer Interventionswirksamkeit. Sie diskutiert die Bedingungen und Voraussetzungen dieser Faktoren in der Psychotherapieausbildung und findet in der sozialen Unterstützung, Selbstfürsorge und persönlichen Therapie Faktoren für die Trainierbarkeit der Mentalisierung.

Schlaganfallerkrankungen führen häufig zu bleibender Behinderung und Tod und sind aufgrund der demografischen Entwicklung mit höherer Lebenserwartung zunehmend. Die konzeptionelle Weiterentwicklung der Schlaganfallversorgung in Wien stellt Elisabeth Fertl dar. Ausgehend von der aktuellen Situation (8 Stroke Units in Wien) und einem Vergleich mit einem Vorprojekt aus dem Jahre 2008 werden im laufenden Projekt in den einzelnen Arbeitsgruppen Verbesserungen und Weiterentwicklungen diskutiert und erarbeitet. Auch die interessante Idee einer mobilen Stroke Unit, wie schon in einzelnen Großstädten etabliert, wird erörtert werden.

Astrid Chladek diskutiert die Diagnostik von ADHS aus klinisch-psychologischer Sicht und stellt Testverfahren dar. Für die Diagnostik im Kindesalter ist neben der Eigenanamnese vor allem auch die Beurteilung durch Bezugspersonen und Lehrer sowie die Verhaltensbeobachtung wesentlich. Eine ADHS-Diagnose im Erwachsenenalter benötigt zwingend das Vorhandensein der Diagnosekriterien bereits in der Kindheit.

Demenzen betreffen unsere beiden Fachgebiete. Iris Steinbrecher zeigt in ihrem ausführlichen Fallbericht einer Lewy-Body-Demenz die fluktuierende Symptomatik mit psychotischen und halluzinierenden Phasen auf. Die Abgrenzung zu deliranten Episoden ist schwierig, zumal im Krankheitsverlauf medikamentöse Therapieprobleme und körperliche Komplikationen delirogen wirken können. In der Falldiskussion werden die Verhaltensauffälligkeiten und daraus resultierende Betreuungsprobleme beleuchtet, das Problem der Polypharmazie angesprochen.

Anfallsfreiheit bei schwerer Epilepsie diskutiert Michael Feichtinger anhand einer interessanten Fallgeschichte. Bei bisheriger medikamentöser Therapieresistenz und zweier epilepsiechirurgischer Eingriffe ohne wesentlichen Effekt konnte eine mehrjährige Anfallsfreiheit mit einem neuen anfallssupprimierenden Medikament (ASM) erzielt werden. Betont wird auch die kontinuierliche, regelmäßige Betreuung bei langjähriger Therapie und die Berücksichtigung von Stress- und Belastungsfaktoren.

Eine bestehende orale Antikoagulation muss nicht zwangsläufig eine Kontraindikation zur systemischen Lysetherapie bei Schlaganfall darstellen. In ihrem Beitrag fasst Cristina Cerinza Sick mit Milan R. Vosko die aktuellen Daten zur Thrombolyse in dieser Situation zusammen. Die Substanzen (Vitamin-K-Antagonisten, direkte orale Antikoagulantien) werden einzeln anhand der Literatur diskutiert. Auch die Effekte einer versehentlichen Thrombolyse unter suffizienter oraler Antikoagulation werden berichtet. Ein kurzer Fallbericht rundet die Darstellung praxisgerecht ab.

Abschließend stellt Harald P. David den Literaturpreis für Suchtkranke (Fit for Life) vor. Er zeigt die positiven therapeutischen Effekte auf. Die in den letzten fünf Jahren ausgezeichneten Arbeiten sind kürzlich in einer Anthologie erschienen.

Ich wünsche Ihnen nun viel Spaß beim Schmökern und Lesen der Beiträge unserer aktuellen Ausgabe von psychopraxis.neuropraxis.

Mit freundlichen Grüßen,

Otto Berger