Maschinen, die eine Beziehung zum Menschen herstellen sollen, haben in vielen Lebensbereichen bereits Einzug gehalten. Die Robotik bietet auch neue Möglichkeiten in der Gesundheitsüberwachung oder in Servicefunktionen. Ilona Kickbusch von der Schweizer Stiftung CAREUM und langjährige Mitarbeiterin der Weltgesundheitsorganisation, stellte kürzlich beim Pflegemanagement Forum in Wien einige Aspekte der Entwicklung zur Diskussion. Ihr Fazit: Es stellen sich zahlreiche ethische Fragen in der Anwendung und Nutzung.

Roboter können im Service, in der Kommunikation, Emotion und Assistenz Aufgaben übernehmen. Im Zusammenhang mit der Corona-Virus-Infektion kamen beispielsweise in China Roboter zur Desinfektion, Überwachung und für Hilfestellungen zum Einsatz. Soziale Roboter im Gesundheitswesen kommunizieren mit Patienten oder Heimbewohnern scheinbar eigenständig, sie spielen mit ihnen, unterhalten sich mit ihnen, machen Vorschläge oder erinnern an die Medikamenteneinnahme. Interessanterweise, so Kickbusch, reagieren wir auf die Maschinen häufig als wären sie lebendig Wesen. Dies hänge mit unserem großen Bedürfnis zusammen, zu kommunizieren. Aber wie menschenähnlich sollen die Maschinen sein, um zu funktionieren und schwindet der Unterschied zwischen Mensch und Maschine? Kann eine Maschine alles, was der Mensch kann und kann man der Maschine trauen? Kann sie Gefühle lernen, kann sie Persönlichkeit entwickeln, können Maschinen Partner werden? Die Fragen sind vielfältig und ihre systematische Beantwortung steht noch am Anfang. Bekannt ist, dass Nutzer den Maschinen viel umfangreichere Fähigkeiten zuschreiben, als diese tatsächlich aufweisen. Die Erwartungen sind hoch. Nicht zuletzt erhoffen sich manche, dass Roboter — in welcher Form auch immer — die Pflege revolutionieren und die Pflegekrise lösen helfen.

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Zunehmend stellt sich die Frage, wie menschlich eine Maschine sein soll.

Photo: © Tatiana Dyuvbanova / Getty Images / iStock

Die Interaktion funktioniert

In der Forschung hat man bereits begonnen soziale Roboter zu kategorisieren, wobei es verschiedene Ansätze gebe, so Kickbusch. So gehe es um erinnern, empfehlen, etwas beibringen, motivieren oder Beziehung herstellen. In der Unterstützung im Alter kann mobile Assistenz geleistet werden, es kann ebenfalls an Tätigkeiten erinnert und soziale Aktivitäten können durchgeführt werden. „Diese Interaktion funktioniert“, betonte Kickbusch.

Wie der Roboter im Gesundheitswesen eingesetzt werden kann, lässt sich vier Kategorien zuordnen: Von „Analog Care“ über „Robotik Care“ und „Smart Care“ bis zu „Deep Care“. „Analog Care“, so Kickbusch, entspricht jenen Pflegetätigkeiten, wie sie heute durchgeführt werden — von Mensch zu Mensch. Zwar sei die Einstellung gegenüber Robotern in der Pflege derzeit eher skeptisch, gleichzeitig werde der Faktor Menschlichkeit freilich in der konventionellen Pflege aufgrund von Zeitdruck oft schwer zu erbringen. „Mit Robotern bleibt mehr Zeit für Menschlichkeit“, gab Kickbusch zu bedenken.

Der Roboter hat mehr Geduld

In „Robotic Care“ wird Pflege durch Technologie ersetzt. Das habe den Vorteil, dass bei guter Programmierung, der Roboter tatsächlich beispielsweise mehr Geduld aufbringt oder eben, wie aktuell in der Krise der Coronavirus- Übertragung, risikolos für verschiedene Tätigkeiten eingesetzt werden kann. Das wahrscheinlichste Konzept sei jenes der „Smart Care“, so Kickbusch. Hier unterstützen soziale und Serviceroboter die menschliche Pflege und helfen Sicherheit herzustellen. Zunehmend gibt es entsprechende Angebote auch für daheim in Verbindung mit den bereits bestehenden Funktionen des Smart Home. Noch einen Schritt weiter geht „Deep Care“. Dabei geht es um eine Transformation im Gesundheitswesen, nicht nur um eine Integration in bestehende Strukturen. Menschliche Pflege soll damit verstärkt werden, beispielsweise für Verwaltungs- und Überwachungsfunktionen, wie Kickbusch erklärte, die gleichzeitig einschränkt: „elektronische Maschinen können schneller und besser klar strukturierte Vorgänge abwickeln, aber sie können keine komplexen Entscheidungen treffen.“

Ausbildung für die Nutzer

Um den künftigen Anforderungen in der Nutzung und Zusammenarbeit mit digitalen Instrumenten entsprechen zu können, müssen diese Kompetenzen bereits in der Ausbildung und jedenfalls in der Fortbildung von Pflegekräften Platz finden. Wesentlich sei auch, Nutzer in die Entwicklung einzubinden und gleichzeitig zu beachten, dass Nutzer meist mit sehr hohen Erwartungen in diese Entwicklung gehen. Dies führt auch zu einer Reihe von ethischen Fragen: Was machen Maschinen mit uns und was machen wir mit ihnen? Ziemlich weit fortgeschritten ist die Entwicklung in der „Emotionsrobotik“, berichtete Kickbusch. Maschinen können mittlerweile Gesichter und Emotionen besser erkennen als Menschen. Zunehmend zeigen Roboter Emotionen, aber hier sei Vorsicht geboten, denn Roboter haben keine Emotionen. Dessen sollte man sich stets bewusst sein. Die von Maschinen entgegengebrachten „Gefühle“ seien synthetisch und Menschen müssen erkennen können, was reale Zuwendung und was künstlich erzeugt ist. Daher wäre wichtig zu klären, wie Algorithmen unsere Gefühle steuern können „und wann wir anfangen, uns selbst zu steuern.“ Die Würde der zu Pflegenden muss gewahrt werden. Es gehe letztlich darum, die Menschlichkeit der Menschen mit dem Beitrag der Maschinen zusammenzubringen.