Jeder Mensch wünscht sich Respekt und Achtung durch die anderen — beim Austeilen ist man allerdings, wie so oft, nicht so großzügig, wie beim Einfordern. Da gibt es Grenzen zwischen den Berufsgruppen, zwischen Hierarchie- und Kompetenzstufen, zwischen den Geschlechtern und Altersgruppen. In ebenso vielfältiger Weise sind Respektlosigkeit und Ausdrucksformen von Missachtung bis Bösartigkeit in der Kommunikation zu finden. Das funktioniert in alle Richtungen. Wo immer Menschen zusammenkommen, zusammen arbeiten oder sonstwie miteinander zu tun haben.

Der Ausgangspunkt ist stets die Annahme, dass man selbst besser ist, als der andere — klüger, angesehener, wichtiger, kompetenter, einflussreicher... der andere also dümmer, unwichtiger, inkompetent, unbedeutend. Eine Kommunikation auf Augenhöhe wird hier unmöglich und eine gelungene Kommunikation gar nicht. Speziell im beruflichen, formalen Umfeld kann eine solche Einstellung mit ihren Folgen für alle Betroffenen fatale Folgen haben. Im Gesundheitssystem leiden die Beteiligten auf beiden Seiten der Grenzen. Feindselige Stimmung beeinträchtigt Wohlbefinden und Motivation. Die Patienten finden sich häufig als Spielball undurchschaubarer Ränkespiele. Und all das kostet obendrein noch Geld.

Als Grundlage für eine gelungene Kommunikation konzipierte der Deutsche Soziologe und Philosoph Jürgen Habermas den „idealen Sprechakt“, der dann zustande kommt, wenn es keine Verzerrung der Kommunikation gibt. Wenn es also gleiche Chancen auf Dialoginitiation und -beteiligung, gleiche Chancen der Deutungs- und Argumentationsqualität, Herrschaftsfreiheit, und keine Täuschung der Sprechintentionen gibt. Ideal heißt freilich nicht, dass eine vollständige Erfüllung all dieser Bedingungen in der Realität tatsächlich umzusetzen ist. Für Habermas ist aber das grundsätzliche Einverständnis mit diesen Bedingungen eine Voraussetzung für das Gelingen. Und das hat eben sehr viel mit der inner en Einstellung und Absicht der Akteure zu tun. Daran lässt sich arbeiten — über Grenzen hinweg und eigenverantwortlich

Meint Ihre

Verena Kienast