Menschen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) leiden an einer stark eingeschränkten Lebensqualität. Sie benötigen vielfältige Hilfestellungen und vor allem Zeit und Vertrauen in der Betreuung. Pflegekräfte sind oft ihre wichtigsten Ansprechpartner. Eine neue Ausbildung zur CED-Nurse soll ab dem kommenden Jahr das nötige Rüstzeug dafür zur Verfügung stellen.

Schon der Weg zur Diagnose ist für Betroffene in der Mehrzahl lange und kann bis zu Jahre dauern, denn die Symptome sind meist diffus. Die Diagnose „chronisch entzündliche Darmerkrankung“ selbst bedeutet schließlich eine gravierende Verunsicherung. Pro Jahr erkranken in Österreich etwa 1500 Personen neu an einer CED, die Betroffenen sind bei Diagnosestellung meist noch recht jung — zwischen 18 und 45 Jahren. Eine Heilung ist derzeit nicht in Sicht, wie Univ.-Prof. Dr. Harald Vogelsang, Leiter der CED-Ambulanz am AKH Wien und medizinisch-wissenschaftlicher Beirat von CED-Nursing Austria, bei der Präsentation der neuen Ausbildung Anfang Mai in Wien feststellte. Allerdings wurden in der medikamentösen Therapie in den vergangenen Jahren entscheidende Fortschritte erzielt. Lebensstilmodifikationen mit Stressvermeidung, körperliche Aktivität, Nikotinvermeidung und Ernährungsaspekte können den Verlauf der Krankheit ebenfalls beeinflussen.

Um die Krankheit bestmöglich zu kontrollieren, ist zunächst die möglichst frühe Diagnose für eine früh einsetzende Therapie nötig, gefolgt von einer bestmöglichen Compliance mit Therapie und Lebensstilempfehlungen. „Der Großteil der Patienten befindet sich in Remission“, stellte Vogelsang fest: „Wenn das Netzwerk optimal funktioniert, kann man einiges machen.“ Dazu müssen Hausärzte, versierte Gastroenterologen und Spezialambulanzen zusammenarbeiten. Dazu benötigen die Patienten aber auch Kontrolle, Ratschläge und Erreichbarkeit, für die Ärzte nicht immer ausreichend zur Verfügung stehen.

Vorbilder in USA und Europa

Pflegepersonen stellen auch hier kompetente Partner dar. Eine Entwicklung, die nur in Österreich neu ist, wie Vogelsang feststellte, in den USA, den Niederlanden und den skandinavischen Ländern gebe es speziell ausgebildete CED Pflegepersonen bereits länger.

Gerade bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen mit einer komplexen Symptomatik und einer ebenso komplexen Therapie sei es wichtig, die Krankheit zu „managen“ — dazu benötigen Pflegekräfte entsprechendes Fachwissen. „Die Aufgaben von CED-Pflegepersonen gehen über die herkömmlichen Anforderungen einer Diplompflegeperson weit hinaus“, stellte Anita Beyer, DGKS, Präsidentin des Vereins CED-Nursing Austria und CED-Nurse in der CED-Ambulanz am AKH-Wien, fest. Die Lebensumstände der Betroffenen müssen miteinbezogen werden: Partnerschaft, Schwangerschaft, Komorbiditäten, Ernährung, psychische Belastungen usw.

Die Ausbildung zur CED-Nurse stützt sich auf langjährige positive und leitliniengestützte Evidenz. Die international renommierteste Leitlinieninstanz ECCO (European Crohn’s & Colitis Organisation) führt eine eigene Organisationseinheit für Pflegekräfte — N-ECCO — , in der die wesentlichsten CED-Nursing Versorgungstandards festgelegt und weiterentwickelt werden, wie Beyer berichtete.

Ab 2017 soll das Ausbildungscurriculum mit etwa 180 Stunden plus einem Praktikum in Österreich im Rahmen von bestehenden Fortbildungsakademien angeboten werden. Mit dem Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) und dem Land Steiermark gibt es bereits Verhandlungen.

Für Wien liegt übrigens ein interdisziplinäres Versorgungskonzept mit niedergelassenen Ärzte, Spezialisten und CED-Nurses vor, berichtete Vogelsang. Untersuchungen zeigen, dass die Patienten in einem derartigen Konzept weniger Komplikationen und weniger Spitalsaufenthalte haben und dadurch weniger Kosten anfallen. „Das müsste auch mit dem KAV-Konzept zusammenpassen, die Spitalsambulanzen zu entlasten“, so Vogelsang.