1. Sozialversicherungsrechtliche Gesamtverträge sind nach stRsp Rechtsquellen sui generis, deren Zustandekommen zwar nach privatrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen ist, die ihrem Inhalt nach aber Gesetzen im materiellen Sinn gleichzuhalten sind. 2. Aus dem Charakter des Gesamtvertrags als Gesetz im materiellen Sinn folgt, dass eine Verletzung von dessen § 9 in die lauterkeitsrechtliche Fallgruppe "Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch" einzuordnen ist. 3. Ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinn zuzuordnende generelle Norm ist als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung iSv §1 Abs1 Z1UWG zu werten, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht. Der Unterlassungsanspruch setzt ferner voraus, dass das beanstandete Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von rechtstreuen Mitbewerbern nicht bloß unerheblich zu beeinflussen. Der Vertretbarkeitsstandard hat auch bei der Verletzung von Pflichten aus einem Gesamtvertrag zu gelten. Z 10 des Anh erfasst die Werbung mit rechtlichen Selbstverständlichkeiten. Als "gesetzlich zustehende Rechte" werden dabei in der Literatur vor allem Ansprüche aufgrund zwingenden Verbraucherschutzrechts genannt. Die Bestimmung setzt weiters voraus, dass die gesetzlich zustehenden Ansprüche als Besonderheit des Angebots präsentiert werden. Z 10 des Anh erfasst daher nicht einen bloßen Hinweis auf bestehende Ansprüche, der nicht den Eindruck erweckt, dass diese Ansprüche ausschließlich beim werbenden Unternehmen bestünden.
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Schuhmacher Zum Verstoß gegen einen "Gesamtvertrag" zwischen dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und der WKÖ als unlautere Handlung; zur Werbung mit Selbstverständlichkeiten. wbl 25, 48–51 (2011). https://doi.org/10.1007/s00718-010-1756-5
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00718-010-1756-5