Wie eine Zusammenschau der § 76 Abs 2a StPO, §§ 40, 47 Abs 1 JN erkennen lässt, lag es in der Absicht des Gesetzgebers, dass im Falle eines Konflikts zwischen Organen der Gerichtsbarkeit im Zusammenhang mit Amts- und Rechtshilfe ein übergeordnetes Gericht zur E angerufen werden kann. Bei Fassung des § 76 Abs 2a StPO wurde aber offensichtlich nicht bedacht, dass ausnahmsweise als Gericht erster Instanz auch das OLG Wien (als KG) tätig sein kann. Es ist kein Grund erkennbar, warum die dort vorgesehene Möglichkeit, Meinungsverschiedenheiten zwischen Organen der Gerichtsbarkeit über den Umfang der Rechtshilfe auszuräumen, allein dann nicht zur Verfügung stehen soll, wenn das ersuchte Gericht das KG ist. Diese planwidrige Lücke im Gesetz ist mittels Analogie zu schließen, weil für eine verschiedene Behandlung der Sachverhalte kein Grund zu finden ist. Über einen Antrag analog § 76 Abs 2a StPO, wenn das ersuchte Gericht das KG ist, hat deshalb der OGH als KOG zu entscheiden. Stellt eine Staatsanwaltschaft ein Begehren auf Amtshilfe durch Übersendung eines Kartellakts im Rahmen des ihr obliegenden gesetzlichen Wirkungsbereichs, den Verdacht einer Straftat, die nicht bloß auf Verlangen einer hiezu berechtigten Person zu verfolgen ist, in einem auf die Erforschung der materiellen Wahrheit abzielenden Ermittlungsverfahren von Amts wegen aufzuklären (§ 2 Abs 1, § 3 Abs 1 StPO), hat das KG diesem Ersuchen ohne Rücksicht auf die in § 39 Abs 2 KartG normierten besonderen Parteirechte im Kartellverfahren zu entsprechen. In einem Kartellakt enthaltene Geschäftsgeheimnisse, die infolge Erfüllung eines Amtshilfeersuchens Bestandteil des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens werden, fallen jedenfalls unter den Schutzzweck des § 54 StPO.
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Schuhmacher Zur verpflichtenden Amts- und Rechtshilfe des Kartellgerichts bei der Aufklärung von Straftaten; Zuständigkeit des OGH als übergeordnetes Gericht bei Konflikten. wbl 24, 480–483 (2010). https://doi.org/10.1007/s00718-010-1711-5
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00718-010-1711-5