Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wie entwickelt sich die Augenheilkunde in den nächsten ein bis zwei Jahrzehnten?

Derzeit gibt es viele Diskussionen, wie wir unser „kleines“, aber höchst technisiertes und innovatives Fach aufstellen sollen. Auch die Ophthalmologie bewegt sich im Wandel der Gesundheitssysteme und kann, wenn sie klug agiert, ein ganz entscheidender „Player“ in der medizinischen Zukunft sein.

Unsere Stärken sind auf jeden Fall eine hoch entwickelte Technologie, sowohl im diagnostischen als auch im chirurgischen Bereich, eine hohe Zielgenauigkeit in den Diagnosestellungen und immer erfolgreichere Therapien und chirurgische Verfahren sowie eine weitgehende Unabhängigkeit von anderen Fachbereichen; wenngleich uns eine vermehrte Kooperation und Lernfähigkeit mit und in anderen Fachbereichen gut täte.

Vom allgemeinen Ophthalmologen haben wir uns – spät aber doch – unterschiedlichen Subspezialisierungen unseres Faches zugewandt, und dies ergab eben den deutlichen Verbesserungsschub unseres Faches.

So haben sich etwa im niedergelassenen Bereich Spezialisten für Kinderophthalmologie entwickelt, die dringend benötigt werden, um die ersten Ansprechpartner in der Versorgung unserer Kinder zu bleiben. Andere Kollegen und Kolleginnen haben sich auf dem Gebiet der Kontaktlinsen und Orthoptik spezialisiert und wieder andere besitzen ein OCT (optische Kohärenztomographie) und Lasergeräte für retinale Diagnostik und Therapie. An den Kliniken und großen Abteilungen sind Subspezialisierungen nötig, um entsprechend modern versorgen zu können.

Keiner von uns deckt heute den Fachbereich in allen seinen Facetten auf dem geforderten internationalen Niveau ab, das heute und noch mehr in der nächsten Zukunft notwendig ist, um erfolgreich zu arbeiten.

So verfügen wir über Hornhautchirurgen, Kataraktchirurgen, Glaukomchirurgen, vitreoretinale Chirurgen, Orbitachirurgen, Tumorspezialisten und Lid-und Tränenwegschirurgen. Daneben ist das breit gefächerte Fach der konservativen Ophthalmologie zur Zeit jenes, das am raschesten wächst. Der Arzt für „medical retina“ ist derzeit in seiner Frequenz der am meisten beschäftigte, im Bereich der Uveitis gibt es immer mehr neue Therapien, die einen entsprechenden Spezialisten oder eine Spezialistin notwendig machen.

Die Bildgebung, also das „imaging“, hat eine rapide Entwicklung erfahren, ein Ende ist aber hier keineswegs abzusehen. Darüber hinaus kann es ohne weiteres sein, dass wir unser Operationsmikroskop in 20 Jahren nicht mehr verwenden, sondern uns bereits der „heads up“-Chirurgie zugewendet haben.

Auch die Lesebrille wird bald nur noch ein Relikt der Vergangenheit sein. Ein weiterer Vorteil unseres Fachgebietes liegt natürlich in der steigenden Zahl von Patienten, die sich sowohl aus der demographischen Entwicklung ergibt als auch aus dem immer steigenden Bedürfnis, unsere Patienten fehlerfrei zu sehen. Gleichzeitig gelingt es uns mit neuen Methoden auch bisher nicht behandelbare Fälle in unserem Fachbereich erfolgreich zu behandeln.

Die Zukunft der Augenheilkunde ist aus meiner Sicht eine durchaus rosige. Abgewöhnen müssen wir uns allerdings das rigide Festhalten an alten Strukturen, chronisches Jammern und Neid sowie das Verhindern neuer Innovationen.

Mit kollegialen Grüßen

Univ.-Prof. Dr. Susanne Binder

Editor-in-Chief