Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Immer mehr werden Leitlinien oder Strategie- Empfehlungen von Gesellschaften veröffentlicht. „Consens paper“ einer Expertengruppe erfreuen sich ebenfalls großer Beliebtheit. Stellen sie eine echte Hilfe für unseren klinischen Alltag dar oder verwirren sie eher unsere Entscheidungen?

In diesem Heft finden sie die Stellungnahmen zweier Kommissionen der ÖOG.

Die eine aus der Kommission für Okuloplastik, die ihnen eine Übersicht moderner Behandlungsstrategien in verschiedenen Bereichen der ophthalmo-plastischen Chirurgie gibt. Für jeden von uns, der sich mit diesem Bereich der Ophthalmochirurgie wenig beschäftigt, sicher eine gute, moderne Entscheidungshilfe. Für die Spezialisten unter den Okuloplastikern wahrscheinlich ein Kompromiss, den sie selbstverständlich aufgrund ihrer eigenen Erfahrung und in Kenntnis der Spezialliteratur dem Einzelfall anpassen.

Gleiches gilt auch für die Empfehlungen der Netzhautkommission über die so viel diskutierte intravitreale Medikamentenapplikation. Jene von uns, die im Alltag kaum einschlägige Patienten behandeln, haben hier die Möglichkeit sich einen guten Überblick über die derzeitige Strategie zu verschaffen. Gehört man aber in die Gruppe der Experten, die im Alltag viele netzhautkranke Patienten behandeln, so wird man eben auch die eigenen Erfahrungen heranziehen um eine Behandlungsstrategie zu entwickeln, mit der man sich als eigenverantwortlicher Arzt identifizieren kann.

Damit kommen wir schon zur Antwort meiner einleitend gestellten Frage.

Natürlich stellen Leitlinien oder Strategie-Empfehlungen eine große Hilfe in unserem klinischen Alltag dar, denn der fundierte Überblick in der Literatur ist uns in allen Bereichen der Ophthalmologie aufgrund der angebotenen Menge schwer möglich. Besonders in jenen Subspezialisierungen, mit denen wir seltener zu tun haben, bedeutet eine Leitlinie oder Empfehlung eine gute Grundlage um die wesentlichen Dinge im Alltag richtig zu machen. Sie verhindert das Beharren in altmodischen Therapien oder ein Übersehen einer modernen Behandlungsmethode, die dem Patienten angeboten werden könnte. Leider ersetzt sie aber nicht unsere eigene Entscheidung und Verantwortung als Arzt gegenüber jedem einzelnen Patienten. Eine Leitlinie oder Empfehlung ist eine Unterstützung aber kein Gesetz – dies sollte man immer bedenken.

Mit kollegialen Grüßen,

Univ.-Prof. Dr. Susanne Binder

Editor in Chief

FormalPara Interessenskonflikt

Es besteht kein Interessenskonflikt.