Zusammenfassung
In den folgenden Ausführungen soll an einem Beispiel dargestellt werden, wie man mit Schülern oder Studenten Mathematik – ausgehend von einem konkreten Problem – entwickeln kann: es werden zu seiner Lösung – bekannte Strategien angewandt, – (Lösungs-)Algorithmen aus verschiedenen Gebieten der Schulmathematik geübt, – bei Bedarf ein Wechsel der Sichtweise vorgenommen, – neue Begriffe und Techniken „entdeckt“. Das alles ereignet sich bei dem Versuch, die unverstandene Lösung eines Problems verstehen zu lernen.
Das gewählte Problem ist im Sinne von Courant und Robbins [3] ein geometrisches Extremwertproblem. Weil die Frage nach etwas „Bestmöglichem“ viele Studierende anregt und zugleich als eine typisch mathematische Fragehaltung gelten kann, haben wir uns für zwei Extremwertprobleme entschieden. Da es um einführendes Material für das Selberlernen mit einiger Muße geht, wollten wir nichts Exotisches erfinden. Uns ging es um besonders ergiebige Probleme, die für Anfänger befriedigend abschließbar sind, aber den unvermeidlichen Lernaufwand mit nachhaltig wirksamen Aus- und Durchblicken belohnen. Ein Prioritätsrecht für die Aufgabenstellung oder für irgendwelche Lösungsteile strebten wir nicht an.
In der Tat wählen wir als erstes Beispiel eine Umkleidung der Eingeweihten natürlich bekannten Kirchturmaufgabe von Regiomontanus (zur ursprünglichen Quelle s. [6]). Wir stellen uns vor, dass Lehrende an so einem – Laien zunächst verblüffenden, dann aber erstaunlich klaren und doch beziehungsreichen – Musterbeispiel gut einsehen können, dass sich das ernsthafte Studium einen nur scheinbar singulären Beispiels lohnen kann und welche Vorgehensweisen in den stärker mit Eigenarbeit durchsetzten Phasen des zweiten Problemkreises erwartet werden. Nach Fertigstellung unserer Ausarbeitungen fanden wir dieses zweite Problem auch schon anderswo, nämlich als eine der berühmten Übungsaufgaben von Coxeter [2]. Wir begrüßen das als durchaus erfreuliche Bestätigung unserer Wahl.
Literatur
Cinderella: http://www.cinderella.de
Coxeter, H. S. M.: Unvergängliche Geometrie, Band 17 von Wissenschaft und Kultur. Birkhäuser Verlag, Basel, 2. Auflage, 1981 [aus dem Englischen übersetzt von Burckhardt, J. J.]
Courant, R., Robbins, H.: Was ist Mathematik? Springer, Berlin, 4. Auflage, 1992 [aus dem Englischen übersetzt von Iris Runge, mit einem Vorwort von Hildebrandt, S.]
Hartshorne, R.: Euclid and Beyond. Springer, New York, 2000
Spieker, T.: Lehrbuch der ebenen Geometrie. Verlag von August Stein, Potsdam, 1895.
Maor, E.: http://press.princeton.edu/books/maor/sidebar_c.pdf
von Renteln, M.: Geschichte des harmonischen Maßes – von Regiomontan zu Nevanlinna. In: Toepell, M. (Hrsg.) Mathematik im Wandel – Anregungen zum fachübergreifenden Mathematikunterricht I. div Verlag Franzbecker KG Hildesheim, Berlin, 1998 (Reihe: Mathematikgeschichte und Unterricht; Band 1) VI + 438 Seiten
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Meixner, T., Metsch, K. Von einer Extremwertaufgabe zur Inversion am Kreis . Math. Semesterber. 57, 103–122 (2010). https://doi.org/10.1007/s00591-010-0070-x
Received:
Accepted:
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00591-010-0070-x