Grundsatzstatement

Es besteht breiter Konsens, dass übergewichtige und adipöse Patienten mit Diabetes mellitus ihr Gewicht normalisieren sollten [1]. Um dies zu erreichen und das Gewicht auch zu halten, ist in der Regel eine Modifikation des Lebensstils, einschließlich des Ernährungs- und Bewegungsverhalten nötig [2]. Die positive Beeinflussung des Glukose- und Fettstoffwechsels, die Normalisierung des Körpergewichts und die Prävention bzw. Verzögerung von T2DM-assoziierten Komplikationen kann durch folgende ernährungstherapeutische Maßnahmen erreicht werden:

  • Gemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukten als grundlegende Kohlenhydratquellen.

  • Eine Reduktion der Aufnahme von Mono- und Disacchariden (z. B. zuckerreiche Getränke, Süßigkeiten und Mehlspeisen) erleichtert das Erreichen einer ausgeglichenen bzw. negativen Energiebilanz und damit die Gewichtstabilisierung bzw. eine Gewichtsreduktion.

  • Eine Reduktion der Fettzufuhr kann indiziert sein. Für die Auswirkung der Nahrungsfette auf den Stoffwechsel ist jedoch nicht nur die verzehrte Menge von Bedeutung, sondern die Fettqualität. Pflanzliche Öle, reich an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, sind den tierischen Fetten vorzuziehen.

  • Für die Empfehlung einer dauerhaft erhöhten Proteinzufuhr zur Gewichtsnormalisierung gibt es derzeit noch unzureichende Evidenz.

  • Die ausreichende Aufnahme von Mikronährstoffen (Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen) ist ein wichtiger Faktor zur Erhaltung der Gesundheit von Typ 1 und Typ 2 Diabetikern. Die empfohlene tägliche Zufuhr unterscheidet sich nicht von jener für gesunde Erwachsene. Nährstoffdichte Lebensmittel (i. e. reich an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen) sollten daher bevorzugt werden.

  • Der Konsum von alkoholischen Getränken sollte moderat sein (Frauen: maximal ein, Männer maximal zwei Getränke/Tag).

Fest steht, es gibt keine „One-Size-Fits-All“ Lösungen. Eine Ernährungstherapie muss individualisiert und vorurteilsfrei sein und vermittelt lebensmittelbasierte Empfehlungen [3, 4]. Studien, die gesamte Ernährungsmuster betrachten, geben Hinweise, dass eine mediterrane Ernährungsweise bzw. andere Ernährungsmuster, die ebenfalls reich an Gemüse, zuckerarmen Obst und Vollkornprodukten sind, einschließlich der Verwendung von Oliven- und/oder Rapsöl, sich günstig auf die glykämische Kontrolle und das kardiovaskuläre Risiko auswirken [5,6,7,8,9]. Den Patienten wird die Bedeutung der Portionsgrößen erklärt, ihre persönlichen Vorlieben und Bedürfnisse, kulturelle und religiöse Aspekte, sowie ökonomische Möglichkeiten werden in der Mahlzeitenplanung berücksichtigt. Studien zeigen, dass eine Beratung durch Ernährungsfachkräfte mit einer effektiveren Senkung des HbA1c assoziiert ist [3]. Digitale und qualitätsgesicherte Programmangebote haben ebenfalls das Potential bei einer Ernährungsumstellung zu unterstützen [10].

Nährstoffaufnahme im Detail

Kohlenhydrate und Ballaststoffe

Typ 1 und Typ 2 Diabetiker können zwischen 45 und 60% der aufgenommenen Gesamtenergie in Form von Kohlenhydraten aufnehmen. Kohortenstudien zeigen, dass Gemüse, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und Obst bevorzugt werden sollten. Der häufig beobachtete ungünstige Effekt einer stärkereichen Ernährung auf die Triglyzerid-Plasmaspiegel [11] kann vermieden werden, wenn die verzehrten kohlenhydratreichen Lebensmittel gleichzeitig ballaststoffreich sind. Daher sind Vollkorngetreideprodukte Weißmehlprodukten vorzuziehen. Eine tägliche Ballaststoffaufnahme von mindestens 25–29 g/d wird empfohlen. Höhere Aufnahmen waren mit größeren positiven Effekten assoziiert [12]. Die Hälfte der Ballaststoffe sollte in Form von löslichen Ballaststoffen aufgenommen werden (z. B. Pektine, Inulin). Diese finden sich vor allem in Gemüse und Obst. Der Verzehr von Ballaststoffen in Form von natürlichen Lebensmitteln ist dem von ballaststoffreichen Nahrungsergänzungsmitteln vorzuziehen.

Bei der Auswahl von kohlenhydratreichen Lebensmitteln ist neben dem Ballaststoffgehalt auch der Glykämische Index bzw. die Glykämische Last zu beachten. Der Einfluss von Nahrungskohlenhydraten auf die glykämische Antwort hängt von verschiedenen Faktoren wie aufgenommener Menge, Art und zellulärer Struktur, thermischer und/oder mechanischer Verarbeitung sowie gleichzeitigem Verzehr anderer Makronährstoffe ab [13]. Darüber hinaus wird die glykämische Antwort auf Nahrungsmittel auch von der Nüchternblutglukosekonzentration und dem Ausmaß der Insulinresistenz beeinflusst.

Glykämischer Index (GI), glykämische Last (GL)

Der GI ist eine Maßzahl für die Wirksamkeit verschiedener Lebensmittel auf die Blutglukose. Seine Bestimmung erfolgt, indem die Blutzuckerkurve nach Aufnahme von 50 g Kohlenhydraten aus einem Testlebensmittel über 2 h verfolgt wird. Diese Kurve wird zu jener, die sich aus dem Konsum von 50 g Kohlenhydraten in Form von Weißbrot oder Glukose ergibt, in Beziehung gesetzt. Der GI wird in Prozent in Bezug zum Referenzlebensmittel angegeben. Daher bedeutet ein GI = 70, dass die Blutzuckerwirksamkeit des untersuchten Lebensmittels 70% der von 50 g Weißbrot bzw. Glukose beträgt (die Fläche unter der Blutzuckerkurve ist um 30% kleiner als die von Weißbrot bzw. Glukose). Die Auswirkungen eines Lebensmittels auf den Blutglukose- und Insulinspiegel hängen sowohl von der Menge der verzehrten Kohlenhydrate als auch vom GI ab. Die alleinige Betrachtung des GI hat den Nachteil, dass er sich definitionsgemäß auf 50 g Kohlenhydrate bezieht, was nicht immer die realen Verzehrgewohnheiten wiederspiegelt. So entsprechen 50 g Kohlenhydrate aus Karotten einer Menge von 650 g, so dass der Verzehr einer üblichen Portion zwischen 100–150 g trotz des höheren GI geringe Auswirkungen auf den Blutglukose-Spiegel hat. Die Verzehrgewohnheiten werden im Konzept der GL berücksichtigt. Die GL errechnet sich aus dem Produkt der verwertbaren Kohlenhydratmenge pro Portion und dem GI [14].

Neben dem Einfluss des GI auf die metabolische Kontrolle wird auch eine generelle Reduktion der Kohlenhydrataufnahme zur Verbesserung der Stoffwechsellage diskutiert. Diese Reduktion wird üblicherweise dann unter dem Terminus „Low Carb Diät“ subsummiert. Der Ausdruck „low carb“ ist eigentlich falsch – es müsste „low carb high fat“ (LCHF) Diät genannt werden [15]. Nach derzeitigem Wissenstand spricht man von einer LCHF Diät, wenn 50–150 g Kohlenhydrate pro Tag verzehrt werden. Eine ketogene Diät, die Extremform der LCHF Diät, erlaubt einen Kohlenhydratverzehr von 20–50 g pro Tag [16, 17]. Ziel der LCHF-Ernährung bzw. ihrer Extremform, der ketogenen Ernährung, ist, dass durch die Kohlenhydratreduktion weniger Glukose als Energielieferant zur Verfügung steht, der Insulinspiegel sinkt und der Körper durch Lipolyse Energie gewinnt, dies führt auf längere Sicht zu Exsikkose. Nach dieser Hypothese müsste es einen Wert geben, ab dem diese metabolischen Veränderungen auftreten. Eine Kohlenhydratreduktion auf unter 45% der aufgenommenen Energie kann zu Therapiebeginn mit einer stärkeren Reduktion des HbA1c assoziiert sein. Langfristig ist sie einer Diät mit einem höheren Kohlenhydratanteil nicht überlegen [13, 18]. Zum jetzigen Zeitpunkt fehlen gute Vergleichsstudien, ob eine LCHF-Ernährung einer „low fat, high carb“-Ernährung bei Patienten mit Diabetes wirklich zu bevorzugen ist. Eine Metanalyse zeigte, dass zumindest über einen kurzen Zeitraum eine LCHF-Diät zu einer Verbesserung der Blutzuckereinstellung und zu einer Gewichtsabnahme bei Patienten mit T2DM führt [19]. Noch deutlicher sind diese Resultate bei einer ketogenen Diät sichtbar. Allerdings, wie bei allen extremen Ernährungsformen, ist die Therapieadhärenz eingeschränkt. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die meisten PatientInnen eine Kohlenhydratreduktion durch eine höhere Fettaufnahme kompensieren. Bei Nichtbeachtung der Qualität der Kohlenhydrate und Fette könnte das langfristige Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen steigen.

Für alle Patienten mit einem Insulinmangeldiabetes, insbesondere einem Typ 1 Diabetes, ist eine ketogene Diät nicht zu empfehlen, da das Risiko einer Ketoazidose aufgrund einer zu drastischen Insulinreduktion nicht unterschätzt werden darf. Dies kann besonders gefährlich sein, wenn diese Patienten mit SGLT2-Hemmern (bei Typ 1 Diabetes wäre dies allerdings „Off-Label“) behandelt werden.

Gesamt gesehen dürfte also immer noch die Gesamtkalorienaufnahme der beste Prädiktor für Gewichtsverlust und Verbesserung der glykämischen Stoffwechsellage sein und nicht eine alleinige Reduktion der Kohlenhydrate [15].

Zucker

Eine vollständige Saccharoserestriktion wird heute nicht mehr gefordert. Zucker kann bei befriedigender Blutglukoseeinstellung in Form von Mono- und Disacchariden (max. 50 g/d) aufgenommen werden. Die Zuckeraufnahme sollte jedoch – wie auch für gesunde Erwachsene empfohlen – 10% der Gesamtenergie nicht überschreiten. Eine Reduktion der Aufnahme von Mono- und Disacchariden in verarbeiteten Lebensmitteln und Getränken, erleichtert das Erreichen einer ausgeglichenen bzw. negativen Energiebilanz und damit die Gewichtstabilisierung bzw. eine Gewichtsreduktion.

Eine Diät mit einem hohen Anteil an Haushaltszucker (>20% der Gesamttagesenergie) führt sowohl bei Nicht-Diabetikern als auch bei Personen mit Metabolischem Syndrom zu erhöhten Plasma-Triglyzeriden [20]. Die Reaktion der Triglyzeride auf Nahrungszucker ist abhängig von der aufgenommenen Menge und dem gleichzeitigen Konsum anderer Lebensmittel. Dem Zuckerkonsum von Patienten mit einem Metabolischen Syndrom (hohe Plasma-Triglyzerid-, niedrige HDL-Cholesterinspiegel) muss besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Süßstoffe

Süßstoffe können das Erreichen einer negativen Energiebilanz unterstützen [21]. Sie sind nach derzeitigem Wissen, wenn der „Acceptable Daily Intake“ (ADI) nicht überschritten wird, unbedenklich. Ein möglicher negativer Einfluss auf das Mikrobiom und die Glukosetoleranz wird diskutiert [22]. Für eine endgültige Aussage bedarf es jedoch weiterer Forschung. Es ist jedenfalls darauf zu achten, dass die kalorische Einsparung durch die Verwendung von nicht-kalorischen Süßstoffen und Süßungsmitteln nicht über andere Lebensmittel oder Getränke kompensiert wird.

Nahrungsfette und Fettsäuren

Der Anteil der täglich aufgenommenen Energie aus Fetten sollte 35% der Gesamtenergie nicht überschreiten. Darüber hinaus ist es von besonderer Bedeutung, die Qualität des aufgenommenen Fettes zu beachten bzw. zu modifizieren.

Maximal 10% der täglichen Gesamtenergiezufuhr dürfen, wie bei gesunden Erwachsenen, in Form von gesättigten Fettsäuren und Transfettsäuren aufgenommen werden. Transfettsäuren entstehen bei der Hydrogenierung pflanzlicher Öle bzw. im Pansen von Wiederkäuern. Gesättigte Fettsäuren sind vor allem in tierischen Lebensmitteln und streichfähigen Fetten zu finden. Sie sind der diätetische Faktor mit den größtmöglichen Auswirkungen auf den Serum-Cholesterinspiegel.

Die Aufnahme mehrfach ungesättigter Fettsäuren (PUFA) sollte ebenfalls 10% der täglichen Gesamtenergieaufnahme nicht überschreiten.

Es gibt Hinweise, dass der Austausch von gesättigten Fettsäuren durch einfach- oder mehrfach ungesättigte Fettsäuren einen protektiven Effekt in der Prävention der koronaren Herzkrankheit (KHK) hat. Der Austausch der gesättigten Fettsäuren mit Kohlenhydraten senkt das Risiko hingegen nicht. Eine Modifikation der Lebensmittelauswahl und der Ernährungsgewohnheiten kann auch eine deutliche Verbesserung im Sinne der sekundären Prävention der KHK bewirken [23].

Fischöl-Supplemente können bei Patienten mit T2DM die Triglyzerid-Spiegel senken [24]. Eine generelle Supplementierung mit Fischölen bei Patienten mit Diabetes ohne ein kardiovaskuläres Risiko kann aber derzeit nicht empfohlen werden [25].

Eine tägliche Aufnahme von 5 g und mehr Transfettsäuren erhöht das kardiovaskuläre Risiko um 25% [26]. In verschiedenen Studien wurde ein LDL-Cholesterin steigernder und HDL-Cholesterin senkender Effekt beobachtet. Die Frage, ob ein höherer Konsum von Transfettsäuren mit einem höheren Diabetesrisiko verbunden ist, kann derzeit nicht endgültig beantwortet werden. Die Minimierung der Aufnahme von Transfettsäuren erscheint jedenfalls angezeigt. In Europa ist ihr quantitativer Anteil in Margarinen aufgrund verbesserter Produktionsbedingungen jedoch vernachlässigbar. Zu berücksichtigen sind jedoch andere mögliche Quellen für Transfettsäuren wie Fastfood-Produkte und fettreiche Backwaren.

Cholesterin

Die Cholesterinaufnahme sollte auf 300 mg/d beschränkt werden. Bei erhöhtem LDL-Cholesterin kann die weitere Einschränkung der Aufnahme von Nahrungscholesterin sinnvoll sein. Allerdings werden interindividuell erhebliche Unterschiede hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Cholesterinaufnahme und -serumspiegeln beobachtet, weshalb auch die Reaktion auf eine Reduktion der Cholesterinzufuhr sehr unterschiedlich ist [27].

Die gleichzeitige Reduktion der Aufnahme von Nahrungsfett, gesättigten Fettsäuren und Cholesterin resultiert in einer sehr deutlichen Abnahme des LDL-Cholesterins, obgleich auch eine geringfügige Abnahme des HDL-Cholesterins beobachtet wird. Jedoch überwiegt der positive Effekt der Senkung des LDL-Cholesterins. Eine fettreduzierte Kost, die zusätzlich reich an pflanzlichen Lebensmitteln ist, kann Gesamt- und LDL-Cholesterin deutlicher senken als eine lediglich fettreduzierte Diät [28, 29].

Protein

Der Anteil der täglichen Proteinaufnahme an der Gesamtenergieaufnahme kann bei Patienten ohne Anzeichen einer Nephropathie 10–20% betragen. Die durchschnittliche Proteinaufnahme der österreichischen Bevölkerung liegt deutlich über der empfohlenen Zufuhr (1–2 g/kgKG/d, Ernährungsbericht vs. empfohlen 0,8g/kgKG D‑A-CH Empfehlungen), weshalb man auch bei Diabetikern von einer ausreichenden Versorgung ausgehen kann. Lediglich während einer energiereduzierten Diät zur Gewichtsabnahme ist darauf zu achten, dass die adäquate Proteinaufnahme sichergestellt ist.

Inwiefern eine höhere Proteinaufnahme (>20% der täglichen Energieaufnahme) sich langfristig auf die Entwicklung einer Nephropathie auswirkt, ist noch nicht endgültig geklärt. Die Proteinaufnahme in den üblichen Mengen (≈1 g/kgKG) erscheint sicher [30, 31]. Eine Beschränkung der Proteinaufnahme verzögerte die Entwicklung der Albuminurie und die Abnahme der glomerulären Filtrationsrate. Bei Typ 1 Diabetikern mit diabetischer Nephropathie ist eine geringere Proteinaufnahme mit einer verringerten Albuminurie und einer Abnahme der glomerulären Filtrationsrate verbunden. Der Blutglukosespiegel wird durch die Proteinaufnahme nicht erhöht, allerdings stimuliert Nahrungsprotein die Insulinsekretion [32].

In den letzten Jahren wurde der Einfluss einer proteinreichen, kohlenhydratarmen Diät auf das Ausmaß der Gewichtsabnahme sehr kontroversiell diskutiert. Energiereduzierte, proteinreiche vs. kohlenhydratreiche Diäten über sechs Monate resultierten bei Gesunden in einer signifikant besseren Gewichtsabnahme [33]. Eine randomisierte Langzeitstudie untersuchte den Einfluss einer proteinreichen Ernährung (30 E% Protein) versus eine kohlenhydratreiche Ernährung (15 E% Protein) auf das Körpergewicht von Probanden mit T2DM. Die proteinreiche Ernährung hatte keinen signifikant besseren Einfluss auf das Körpergewicht und den Bauchumfang [30]. Es ist anzumerken, dass eine Proteinanteil von 30% an der Gesamtenergieaufnahme nicht praktikabel zu sein scheint – im Mittel lag die Proteinaufnahme zwischen 20 und 21E% [30]. Proteinreiche Diäten favorisieren jedoch in der Regel eine hohe Aufnahme von Cholesterin und gesättigten Fettsäuren, der Obst- und Gemüsekonsum wird stark eingeschränkt, sie müssen daher im Hinblick auf die Prävention einer Arteriosklerose kritisch betrachtet werden.

Mikronährstoffe und pflanzliche Nahrungsergänzungen

Vitamine

Die ausreichende Aufnahme von Mikronährstoffen (Vitaminen und Spurenelementen) ist ein wichtiger Faktor zur Erhaltung der Gesundheit von Typ 1 und Typ 2 Diabetikern. Die empfohlene tägliche Zufuhr unterscheidet sich nicht von der für gesunde Erwachsene. Lebensmittel, die reich an Vitaminen und Spurenelementen sind, sollten daher bevorzugt werden.

Eine Langzeit-Metformingabe kann mit einem erniedrigten Vitamin-B12-Spiegel assoziiert sein. Die Einnahme von Protonenpumpenhemmern kann die Bioverfügbarkeit von Vitamin B12 darüber hinaus reduzieren. Eine regelmäßige laborchemische Kontrolle und bei Bedarf eine Supplementierung von Vitamin B12 kann sinnvoll sein.

Da Diabetes mit erhöhtem oxidativem Stress verbunden ist, erscheint es möglich, dass bei schlecht kontrolliertem diabetischem Stoffwechsel der Bedarf an Antioxidantien erhöht ist. In verschiedenen Studien wurde eine inverse Beziehung zwischen der Antioxidantienzufuhr und dem KHK-Risiko gefunden [34, 35]. Die deutlichste Beziehung bestand für Tocopherole und β‑Karotin, der Effekt der Ascorbinsäure war weniger ausgeprägt. Klinische Studien, die den Effekt einer Tocopherol-Supplementierung in der Sekundärprävention der KHK untersuchten, kamen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Die Supplementierung mit β‑Karotin zeigte keinen positiven Effekt, bei Rauchern wurde sogar ein höheres Krebsrisiko gefunden. Eine Supplementierung mit Antioxidantien kann derzeit aufgrund ungeklärter Effektivität und unbekannten Langzeitfolgen nicht empfohlen werden [35].

Vor allem Schwangeren, Stillenden, älteren Patienten und solchen, die eine energiereduzierte Diät einhalten, kann eine Supplementierung mit einem Multivitaminpräparat empfohlen werden. Eine ständige Supplementierung von Mikronährstoffen in Dosierungen über der empfohlenen Tagesmaximaldosis ist besonders beim Fehlen von klinischen bzw. laborchemischen Mangelzuständen abzulehnen.

Spuren- und Mengenelemente

Zink

Zink ist als Co-Faktor der Superoxiddismutase im Radikalstoffwechsel von Bedeutung. Eine Supplementierung kann Störungen der Wundheilung positiv beeinflussen [36]. Die Evidenz für eine Supplementierung bei Diabetikern ist als unzureichend anzusehen [37].

Chrom

Eine nicht ausreichende Chromzufuhr wird mit einer gestörten Glukosetoleranz in Verbindung gebracht. Zwei randomisierte, placebokontrollierte Studien zeigten einen günstigen Effekt auf den Blutzucker. In einer rezenten Studie wurde HbA1c nicht durch eine Supplementierung mit Chrom-Picolinat verbessert [38]. Die Evidenz für eine Supplementierung ist als unzureichend anzusehen.

Selen

Der Selenstatus wird im Zusammenhang mit einem Diabetesrisiko und einem möglichen positiven Einfluss auf die glykämische Kontrolle von Diabetikern diskutiert. Sowohl ein niedriger als auch ein hoher Selen-Plasmaspiegel scheinen sich ungünstig auszuwirken (U-förmiger Zusammenhang). In der Metaanalyse von Rayman wird festgehalten, dass die Evidenz für eine routinemäßige Supplementierung von Selen nur unzureichend ist [39].

Kalzium und Magnesium

Bei älteren Patienten mit T2DM, vor allem mit niedrigem BMI, wurde eine höhere Inzidenz für Schenkelhalsfrakturen gefunden [40]. Eine optimale Kalziumresorption ist nur bei gleichzeitig verfügbarem Vitamin D erreichbar. Es gibt Hinweise, dass eine Supplementierung mit Kalzium und Vitamin D mit einem geringeren Risiko eines T2DM verbunden ist. Allerdings muss die Evidenz dafür noch als unzureichend angesehen werden.

Ein unzureichender Magnesiumstatus wird mit einer schlechten glykämischen Kontrolle bei gestörter Glukosetoleranz, [41, 42] und mit T2DM und assoziierten Komorbiditäten [43, 44] in Zusammenhang gebracht. Die ausreichende Magnesiumaufnahme scheint die Progression einer eingeschränkten Glukosetoleranz zu T2DM zu verzögern [45, 46]. Die Magnesiumaufnahme im obersten Quartil (≥195,6 mg/d) mit einem günstigen Effekt auf das Diabetesrisiko der Studie von Hata et al. [45] liegt deutlich unter der von den D‑A-CH Fachgesellschaften empfohlenen Magnesiumaufnahme mit 300 mg/d bzw. 350 mg/d für Männer [47]. Die Evidenz für eine Magnesiumsupplementierung bei Typ 2 Diabetikern ist unzureichend.

Pflanzliche Nahrungsergänzungen

Die Verwendung von komplementären und alternativmedizinischen Produkten wird von vielen Patienten gewünscht. Zimt ist eine der von Diabetikern am häufigsten verwendeten pflanzliche Nahrungsergänzungen [48]. Zimt werden antioxidative, antiinflammatorische und antibakterielle Eigenschaften zugeschrieben. Bisher sind mehr als 200 Zimtarten bekannt [49]. Diese unterscheiden sich in der Zusammensetzung ihrer Inhaltsstoffe zum Teil signifikant. Dies und die Abhängigkeit des Gehalts der Inhaltstoffe von Klima, Wetter, Bodenbeschaffenheit und Variationen in der Herstellung machen eine Standardisierung (d. h. immer gleicher Gehalt der Wirksubstanz) von Zimt schwierig. Die Verwendung größerer Mengen von Zimt, der zum Würzen beim Kochen und Backen verwendet wird, kann daher nicht zielführend sein.

Die Wirkung von Zimt auf die glykämische Kontrolle wurde bisher in unterschiedlicher Dosierung an kleinen Studienpopulationen mit unterschiedlicher Dauer (40 Tage–4 Monate) untersucht. Die Ergebnisse sind entsprechend inhomogen. Die Evidenz für eine Empfehlung der Supplementierung mit Zimt reicht nicht aus [49].

Die im Tierversuch gefundenen toxischen Effekte auf die Nierenfunktion werden kontrovers diskutiert [49]. Cassia-Zimt enthält darüber hinaus Cumarin, weshalb sich eine längerdauernde Einnahme auf die Blutgerinnung auswirken kann. Ceylon-Zimt hingegen enthält geringere Mengen Cumarin [49].

Der im Hafer enthaltene lösliche Ballastsoff β‑Glucan zeigt in Studien positive Auswirkungen auf das Glukose- und Lipidprofil bei Patienten mit T2DM. Die Aufnahme von 3 g/d β‑Glucan, enthalten in rund 60 g Hafer, kann bei positivem Wirkungsprofil für Typ 2 Diabetiker empfohlen werden. Für Typ 1 Diabetiker fehlen noch entsprechende Daten [50].