1 Einleitung

Abwässer von Straßen können relativ stark mit Spurenstoffen belastet sein. In der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser ist ein Verbot der direkten Einbringung von Schadstoffen in das Grundwasser enthalten, wobei unter direkter Einbringung jede dauernde oder zeitweilige Einbringung von Schadstoffen in das Grundwasser ohne Bodenpassage zu verstehen ist. Aus diesem Grund ist die Behandlung von Straßenabwässern besonders bei stark befahrenen Straßen vor der Einleitung in ein Gewässer oder in den Untergrund erforderlich. Im ÖWAV-Regelblatt 45 (ÖWAV-RB 45 2015) und in der ÖNORM B 2506, Teil 1 und 2 wird der Stand der Technik der Reinigung vor Versickerung in den Untergrund beschrieben. Da in den Vorschriften neben Bodenfiltern auch Aussagen zu „technischen Bodenfiltern“ (ÖNORM B 2506-2 2012) bzw. zu „technischen Filtern“ (ÖWAV-RB 45 2015) gemacht werden, war es notwendig, diese zu charakterisieren bzw. eine Mindestleistungsfähigkeit zu fordern. Die Kriterien der Mindestleistungsfähigkeit und deren Prüfung wurden in der ÖNORM B 2506-Teil 3 (ÖNORM B 2506-3 2016) festgelegt.

Allerdings sind sowohl in der ÖNORM B 2506-Teil 3 als auch im ÖWAV-RB 45 die hochrangigen Straßen nicht berücksichtigt, weil diese durch die Vorschriften der FSG in den RVS konkretisiert wurden. Ziel dieses Artikels ist es, die Grundlagen der ÖNORM B 2506-Teil 3 zu erläutern und ihre Anwendbarkeit auch auf hochrangige Straßen aufzuzeigen.

2 Verunreinigungen von Straßenabwässern

Verkehrsflächenabflüsse können mit organischen und anorganischen Spurenstoffen, Feststoffen (z. B. abfiltrierbaren Stoffen) und Nährstoffen belastet sein (Fürhacker et al. 2013; Geiger-Kaiser und Jäger 2005; Göbel et al. 2007; Helmreich et al. 2010; Sansalone und Buchberger 1997). Die Belastung hängt im Wesentlichen von verschiedenen Parametern wie Witterungsbedingungen (Dauer von Trockenperioden und Niederschlagsintensität), Verkehrsfrequenz oder der jahresdurchschnittlichen täglichen Verkehrsbelastung (JDTV) und der Art der Nutzung (z. B. „stop-and go“ im Kreuzungsbereich, Beschleunigungsspur, Parkfläche) ab. Diese unerwünschten Niederschlagsbestandteile stammen bzw. entstehen aus Abgasnebenprodukten, Reifen‑, Karosserie- und Fahrbahnverschleiß, Abflüssen aus Niederschlägen, nasser und trockener Deposition und Fahrbahninstandhaltungsarbeiten.

Die Spurenstoffe, die durch den Kraftfahrzeugverkehr in den Gewässerkreislauf eingetragen werden können, sind in Tab. 1 zusammengefasst.

Tab. 1 Typische Spurenstoffe in Niederschlagsabflüssen von befestigten Verkehrsflächen und ihre Hauptquellen. (Nach Ball 1998; Davis et al. 2001; Geiger-Kaiser und Jäger 2005; Horstmeyer und Helmreich 2014; Legret und Pagotto 1999; McKenzie et al. 2009; Sansalone und Buchberger 1997; Thorpe und Harrison 2008; Zafra et al. 2011)

3 Konzentrationen verschiedener Kontaminationen

Die Konzentrationen von Verunreinigungen wie ungelöste Stoffe, Schwermetalle und organische Verbindungen (z. B. MKW und PAK) in Niederschlagsabflüssen von hochrangigen Straßen können so hoch sein, dass diese als verschmutzt eingestuft werden und vor der Einleitung in Gewässer oder Grundwasser zu behandeln sind.

Tab. 2 gibt einen Auszug aus Literaturdaten zu Schwermetallen, MKW und PAK in Verkehrsflächenabflüssen wieder. In Tab. 2 ist erkennbar, dass die Schwermetallkonzentrationen auch innerhalb vergleichbarer JDTV-Belastungen sehr unterschiedlich sind und z. B. für Cu im Bereich 25 bis 682 µg/l schwanken. Tendenziell sieht man eine geringere Konzentration bei kleineren JDTV. Für Pb liegen die älteren Werte im oberen Konzentrationsbereich >50 µg/l. In der Zusammenfassung von Huber et al. (2016), die nur Werte nach dem Jahr 2000 gelistet haben, liegt die mittlere Pb-Konzentration bei 13 µg/l.

Tab. 2 Schwermetalle, PAK und MKW-Straßenablaufkonzentrationen aus der Literatur. (Zusammengefasst von Haile und Fürhacker)

Box-Whisker-Plots von der Konzentrationsmatrix aus Tab. 2 ist in Abb. 1 dargestellt. Die Ergebnisse zeigten dass der Verkehrsfrequenz (JDTV) keinen größtmöglichen Einfluss auf die Konzentrationen der Schadstoffe hatte. Die höchsten Gesamtgehalte an Cu, Ni und Zn wurden in Autobahnabflüssen an der A23 in Wien, Österreich gemessen (Fürhacker et al. 2013). Sehr hohe Gesamt-Pb-Konzentrationen (200 bis 250 µg/l) wurden in Autobahnabflüssen an der A23 in Wien, Österreich (Fürhacker et al. 2013), an der A81 (Pleidelsheim) und A6 (Obereisesheim), Deutschland (Stotz 1987), I‑94, Minneapolis, USA (Thomson et al. 1997) und 31 Autobahnen in 11 Staaten, USA (Driscoll et al. 1990) gemessen. Die höchsten gesamten 16 EPA-PAK-Konzentrationen in Autobahnabflüssen wurden in absteigender Reihenfolge an der M7 in Monasterevin bypass, Ireland (Desta et al. 2007), an der A23 in Wien, Österreich (Fürhacker et al. 2013), und an der M7 in Kildare, Ireland (Desta et al. 2007) bestimmt (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Schwermetall‑, PAK- und MKW-Konzentrationen (gesamt) in Niederschlagsabflüssen von stark befahrenen Straßen mit JDTV >15.000 Fahrzeuge pro Tag (Zusammenstellung der Tab. 1). Box-Whisker-Plots: oberes bzw. unteres Ende der Box entspricht dem oberen bzw. unteren Quartil, der Strich in der Box dem Median und das kleine Quadrat (schwarz) in der Box der mittleren Konzentration; die kleinen Kreise (rot) stellen Extremwerte dar

Die Spurenstoffkonzentrationen sind nicht nur von den JDTV abhängig. In einigen Studien konnte ein Zusammenhang zwischen Schwermetallbelastung in Autobahnabflüssen und JDTV hergestellt werden (Crabtree et al. 2008; Horstmeyer und Helmreich 2014). Anhand der Schwermetallbelastung von Versickerungsmulden fanden Horstmeyer und Helmreich (2014) einen Zusammenhang zwischen Schwermetallbelastung des Oberbodens und JDTV; über 80.000 JDTV erfolgte keine weitere Zunahme der Kontamination. Die Ergebnisse dieser Literaturstudie zeigen, dass das JDTV keinen signifikanten Einfluss auf die Schadstoffkonzentrationen hat. Ein höheres Verkehrsaufkommen (JDTV >15.000) allein führt somit nicht zu einem Anstieg der Schadstoffkonzentrationen im Straßenabwasser. Auch andere Studien (Herrera 2007; Kayhanian et al. 2003, 2012) ermittelten eine ähnliche Schlussfolgerung.

Die Schadstoffkonzentrationen in Niederschlagsabflüssen von Verkehrsflächen zeigten ortsspezifisch signifikante Unterschiede. Diese Variabilität resultiert nicht nur aus der Verkehrsdichte, sondern auch aus den Unterschieden in der Landnutzung, des gesamten kumulativen Niederschlags, der vorangegangenen Trockenperioden und der maximalen stündlichen Niederschlagsintensität. Atmosphärische Ablagerungen, Probenahmestrategien und Probeanzahl pro Regenereignis sind weitere mögliche potenzielle Einflussfaktoren (Crabtree et al. 2008; Helmreich et al. 2010; Kayhanian et al. 2012). So konnte mit den verfügbaren Literaturdaten kein zusätzlicher statistischer Zusammenhang in Hinblick auf JDTV allein ermittelt werden.

Spurenstoffe in Niederschlagsabflüssen von Verkehrsflächen sind sowohl in gelöster als auch in partikulärer Phase präsent. Die Verteilung der Schwermetalle zwischen der gelösten und der partikulären Phase ist besonders für die Beurteilung der Toxizität des Niederschlagsabflusses sowie für die Entwicklung oder Auswahl von Behandlungssystemen entscheidend (Furumai et al. 2002; Haile et al. 2016; Helmreich et al. 2010; Kayhanian et al. 2012). Trotz einiger Inkonsistenzen in den Literaturdaten zeigen die vorhandenen Monitoringdaten, dass die größten Fraktionen an Schwermetallen (Cr, Cu, Ni, Pb & Zn) und PAK in Verkehrsabflüssen in der Regel überwiegend in der partikulären Phase liegen. Somit liegen die partikulären Anteile für die Schwermetalle (Cr, Cu, Ni und Zn) bei jeweils über 50 % und für Pb bei über 80 % (Ball et al. 1998; Helmreich et al. 2010; Huber et al. 2016; Kayhanian et al. 2012; Sansalone und Buchberger 1997).

4 Überblick über bestehende Prüfmethoden

Überblick über die internationale Behandlung von Niederschlagsabflüssen von Verkehrsflächen, Prüfmethoden und vorgeschlagene Prüfsubstanzen (Tab. 3).

Tab. 3 Überblick über die Prüfmethoden und Kriterien für Niederschlagsbehandlungssysteme für den Abfluss von Verkehrsflächen

5 Prüfverfahren nach ÖNORM B 2506-3

In Österreich wurde eine Prüfmethode entwickelt, um die Eignung von technischen Filtermaterialien für die Regenwasser-Sickeranlagen für Abläufe von Dachflächen und befestigten Flächen zu überprüfen (ÖNORM B 2506-3 2016). Die Laborprüfmethode wird verwendet, um die Entfernung von Partikeln (abfiltrierbare Stoffe AFS), gelösten Schwermetallen (Blei, Kupfer und Zink) und Mineralölkohlenwasserstoffen zu beschreiben und die Remobilisierung der Schwermetalle durch Streusalz (NaCl) zu prüfen. Zusätzlich werden auch die Durchlässigkeit des Filtermaterials und seine Veränderung durch Partikelzugabe überprüft.

Die Prüfmethode besteht aus acht Teilprüfungen, die in der angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden:

  1. 1.

    Infiltrationsrate und Suffusionsstabilitätstest

  2. 2.

    Partikelretention I

  3. 3.

    Schwermetallrückhalt (Cu, Pb und Zn)

    3.1 Versuche im Überstaubetrieb

    3.2 Kapazitätsprüfung mit 4 Jahresfracht

  4. 4.

    Mineralölrückhalt

  5. 5.

    Partikelretention II

  6. 6.

    Bestimmung der Änderung der Infiltrationsrate und der Remobilisierung der AFS

  7. 7.

    Remobilisierung von Schwermetallen durch Beschickung mit 5 g/L NaCl

  8. 8.

    Säureneutralisationskapazität

Bei der Prüfung wird das Filtermaterial mit vier Jahresfrachten für Schwermetalle bzw. AFS und einer Jahresfracht Mineralöl beschickt. Zur Berechnung der Jahresfrachten wurde eine mittlere Belastung des Niederschlagsabflusses von befestigten Flächen mit Partikeln, Schwermetallen und Mineralöl der Literatur entnommen und die in Tab. 4 angegebenen Konzentrationen ausgewählt.

Tab. 4 Ausgewählte Konzentrationen der Niederschlagswässer von befestigten Flächen für die Berechnung der Jahresfrachten

Die Prüfung gilt als bestanden, wenn ein definierter Mindestrückhalt bzw. eine definierte Konzentration eingehalten wird.

Die Prüfungen werden für unterschiedliche hydraulische Belastungen (Flächenverhältnisse (As: Ared) von 1:15 bis 1:250) definiert. Bei der Prüfung von Anlagen mit Flächenverhältnissen (As: Ared) größer 1:100 ist eine Absetzanlage erforderlich, die zumindest 50 % der Partikel entfernt.

6 Anwendung der ÖNORM B 2506-3 für die Eignungsprüfung von Substraten zur Reinigung von Niederschlagsabflüssen vom hochrangigen Straßennetz

Da die ÖNORM B 2506-3 als Grundlage für die ÖNORM B 2506-1 und -2 und für das ÖWAV-Regelblatt 45 erstellt wurde und der Geltungsbereich dieser ÖNORM Einzugsflächen für die Versickerung von Abflüssen von Dachflächen, befestigten Bodenflächen, wie z. B. Höfen, Zufahrten, Gehwegen, Terrassen, Pkw-Abstellflächen, Lager- und Ladeflächen sowie Verkehrsflächen bis zu einer Belastung von 5000 JDTV (durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke), nicht aber den Abfluss von übergeordneten Verkehrsflächen wie z. B. Autobahnen oder Hauptverkehrsstraßen umfasst, und auch das ÖWAV-Regelblatt 45 für JDTV >15.000 Kfz/24 h auf die RVS verweist, stellt sich die Frage, ob die ÖNORM B 2506-3 für die Versickerung von Abwasser von hochrangigen Straßen anwendbar ist.

Dazu ist festzustellen, dass die Schwermetallbelastungen nicht nur von der Verkehrsbelastung abhängen und auch innerhalb vergleichbarer JDTV sehr unterschiedlich sein können (Tab. 2). Die in der Prüfmethode der ÖNORM B 2506-3 verwendeten Schwermetallkonzentrationen und auch die MKW-Konzentrationen sind höher als die mittleren Konzentrationsniveaus von hochrangigen Straßen. Zusätzlich werden die Prüfungen mit gelösten Schwermetallen bei niedrigem pH-Wert (pH 5,5 bzw. 5,8) durchgeführt. Dies bietet eine zusätzliche Sicherheit, da im Straßenabwasser ein erheblicher Teil der Schwermetalle an Partikel gebunden ist und mit diesen entfernt wird. Für die Mineralölprüfung wird Heizöl EL direkt auf die Oberfläche aufgetragen, nach dem Eindringen des Heizöls wird die Säule im Überstaubetrieb beschickt. Für die Prüfung des Partikelrückhalts und der Suffusionsneigung der Materialien werden sehr feine Quarzpartikel (>50 Gew-% <63 µm) verwendet, die weder Mineralöle noch Schwermetalle adsorbieren. All dies stellt eine Verschärfung der Konditionen gegenüber der Praxis dar (Haile und Fürhacker 2015; Haile et al. 2016).

Aus den in der ÖNORM B 2506-3 gewählten Prüfbedingungen und Prüfkriterien für die Prüfung der technischen Filtermaterialien nach ÖNORM B 2506-2 und ÖWAV-RB 45 ergibt sich, dass die erfolgreich geprüften Materialien aus wissenschaftlicher Sicht geeignet sind, auch die Anforderungen an die Reinigung von Straßenabwässern von hochbelasteten Straßen mit hohen JDTV, z. B. des hochrangigen Straßennetzes, zu erfüllen. Es sei noch darauf hingewiesen, dass die Prüfung der technischen Filtermaterialien nach ÖNORM B 2506-3 für die Versickerung in das Grundwasser erstellt wurde.

Erfahrungen aus durchgeführten Projekten am Institut für Siedlungswasserbau der Universität für Bodenkultur Wien zeigen, dass technische Filtermaterialien eine gute Reinigungsleistung für die Behandlung von Spurenstoffen von Straßenabwässern aufweisen.

7 Schlussfolgerungen

Auch wenn die ÖNORM B 2506-3 als Grundlage für die ÖNORM B 2506-1 und -2 und für das ÖWAV-Regelblatt 45 (Anwendungsbereiche JDTV <5000 bzw. <15.000 Kfz/24 h) erstellt wurde, ergibt sich, dass aufgrund der in der ÖNORM B 2506-3 gewählten Prüfbedingungen und Prüfkriterien aus wissenschaftlicher Sicht auch die Anforderungen der Reinigung von Straßenabwässer von hochbelasteten Straßen mit hohen JDTV, wie jener des hochrangigen Straßennetzes, erfüllt werden.