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Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jörg Krampe

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Mag. Dr. Norbert Kreuzinger

Im September 2015 wurden von den Vereinten Nationen die Ziele für eine weltweite nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) beschlossen, die von einer Beendigung der Armut auf der Welt bis hin zu Genderaspekten reichen. Die 17 als messbare Größen definierten Ziele umfassen 169 konkrete Zielvorgaben, bauen auf den 8 Millennium-Entwicklungszielen (UN-MDG) auf und sollen richtungsweisend für die Entwicklung der Welt in den nächsten 15 Jahren sein. Die Ziele sind unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gegebenheiten, Kapazitäten und Entwicklungsstufen einzelner Länder universell anwendbar.

Besonders hervorgehoben werden die Querverbindungen zwischen den einzelnen Zielen als Basis für die nachhaltige Entwicklung sowie deren integrativer Charakter. Diese integrale Verflechtung einzelner Aspekte unterschiedlicher Bereiche wird auf internationaler strategischer Ebene heute mit dem Begriff Nexus bezeichnet. Gemeint ist damit die Wechselwirkung der Systemkomponenten einzelner Ziele in Form von gegenseitiger Beeinflussung, Abhängigkeit und Auswirkung. Das Bewusstsein und das Wissen um gegenseitige Beeinflussung ist nun speziell im Bereich der österreichischen Wasserwirtschaft nichts bahnbrechend Neues, da hier traditionell ein interdisziplinärer, holistischer Weg beschritten wird. Dennoch stellt die Festschreibung dieses Nexus-Gedankens auf internationaler strategischer Ebene einen entscheidenden Schritt dar. Auch dort wurde erkannt, dass isolierte, lineare Lösungsansätze zur Bewältigung komplexer Fragestellungen, mit denen die Welt unter ressourcenlimitierten Bedingungen konfrontiert ist, nicht geeignet sind. Zentrale Herausforderungen wie die Versorgung mit Wasser, Energie und Nahrung werden deshalb unter dem Begriff des „Water-Energy-Food-Nexus“ behandelt. Werden alleine diese drei singulären Begriffe verwendet, lassen sich bereits zahlreiche gegenseitige Anhängigkeiten ausmachen und somit die dem Nexus Begriff zugrundeliegende Idee veranschaulichen (siehe auch Abb. 1).

Abb. 1
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Vereinfachte Darstellung des „Water-Energy-Food-Nexus“

In seinem Beitrag zum „Water-Energy-Food-Nexus“ beschreibt Yillia den auf UN-Ebene erarbeiteten Ansatz, welcher im Zusammenhang mit den SDGs den Rahmen des Nexus-Ansatzes mit involvierten Aspekten detaillierter betrachtet. Die weiteren Beiträge sind so ausgewählt, dass sie aus der Abwasserreinigung abgeleitete, konkrete inhaltliche Beiträge und Lösungsansätze im Nexus präsentieren. Im Speziellen werden folgende SDG Ziele betrachtet:

Ziel 2. Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.

Ziel 6. Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten.

Ziel 7. Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern.

Weitere Ziele einer nachhaltigen Entwicklung, wie z. B. „Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten“ (Ziel 11), betreffen und fordern unser Fachgebiet ebenfalls direkt, werden inhaltlich in den Beiträgen aber nicht betrachtet.

Wesentlicher Aspekt für eine Auseinandersetzung mit der Thematik sind neben naheliegenden Ansätzen eines Ressourcenschutzes sowie einer nachhaltigen Ressourcennutzung ein humanistischer und humanitärer Ansatz. Wir erleben zurzeit, welche Abwanderungen und Flüchtlingsströme infolge von Krisen ausgelöst werden können und wie sich dies auf die aufnehmenden Gesellschaften auswirkt. Neben diesen infolge von kriegerischen Handlungen im Herkunftsland ausgelösten Flüchtlingsströmen wird von namhaften Stellen zukünftig eine erheblich größere Anzahl an Umwelt- bzw. Klimaflüchtlingen erwartet. Da der Begriff der Klima- und Umweltflüchtlinge bisher noch nicht eindeutig definiert ist, ist es schwierig, belastbare Daten über deren Anzahl zu erhalten. Schätzungen gehen aber von 20–40 Mio. Menschen aus, die infolge von Naturkatastrophen und Mangel an Nahrung und Wasser schon heute auf der Flucht sind. Diese Zahlen können infolge der derzeit erwarteten Auswirkungen des Klimawandels und ohne erfolgreiche Umsetzung der Ziele einer nachhaltigen Entwicklung noch erheblich steigen. Die SDGs und der „Water-Energy-Food-Nexus“ dienen gleichermaßen dazu, diesen Befürchtungen entgegenzutreten und den Ursachen bereits heute wirkungsvoll zu begegnen.

In der österreichischen Wasserwirtschaft wird in Ausbildung, Praxis und Verwaltung bereits traditionell in weiten Bereichen ein integrativer Nexus-Ansatz gelebt, der trotz einiger Schwachstellen und Lücken im internationalen Vergleich seinesgleichen sucht. Einen wesentlichen Schwachpunkt stellt die internationale Verwertung dieses Know-hows dar, die neben humanistischen und humanitären natürlich auch wirtschaftliche Aspekte beinhaltet. So müsste nach einer Abschätzung von Kroiß zur Erreichung der SDGs bis 2030 weltweit jeden Tag eine Kläranlage für 600.000 EinwohnerInnen in Betrieb genommen werden. Aber nicht nur die österreichische Wirtschaft könnte durch technologische und infrastrukturelle Umsetzungen hierfür einen substanziellen Beitrag liefern. Know-how aus universitärer und außeruniversitärer Ausbildung sowie die Implementierung bewährter Strukturen aus Verwaltung und Organisation (z. B. ÖWAV und ÖVGW) können zudem einen wichtigen und nachhaltigen österreichischen Beitrag zur Erreichung der SDGs leisten.