Zusammenfassung
Im Zeitraum von September 2013 bis Mai 2014 wurde in Zusammenarbeit mit dem EAD (Eigenbetrieb für kommunale Aufgaben und Dienstleistungen), dem Handelshaus RUNKEL, dem Ingenieurbüro INGUT, der JAGER BIOTECH GmbH und der TU Darmstadt (FG Abfalltechnik), eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, um zu testen, ob sich die biologischen Abfälle der Stadt Darmstadt zur Herstellung eines biobasierten Kraftstoffes – auf Basis unpolarer Carbonsäuren – eignen.
In diesem Zusammenhang wurden die biologischen Abfälle zunächst hinsichtlich ihrer Zusammensetzung sowie Materialeigenschaften untersucht. Hierbei hat sich ergeben, dass es sich bei den gesammelten Bioabfällen hauptsächlich um Gartenabfälle mit einem erhöhten Ligninanteil handelt. Durchschnittlich 65 Gew.-% der gesammelten Bioabfälle sind in diese Kategorie einzustufen.
Die gesammelten Abfälle wurden anschließend im Kompostwerk gesondert aufbereitet. Zunächst wurde eine Fest-Flüssig-Trennung, durch Modifizierung einer Rottebox, am Kompostwerk integriert. Dadurch wurden die Bioabfälle in eine flüssige und eine feste Bioabfallphase getrennt. Die flüssige Bioabfallphase, das sogenannte Perkolat, wurde anschließend für die Herstellung biobasierter Produkte genutzt.
Nach der Perkolation in der modifizierten Rottebox entstand ein Perkolat, das reich an organischen Substanzen ist. Bereits nach der Fest-Flüssig-Trennung können unpolare Carbonsäuren im Perkolat nachgewiesen werden. Insgesamt sind jedoch nur etwa 26 Gew.-% der vorhandenen Carbonsäuren den unpolaren zuzuordnen. Um diesen Anteil zu erhöhen, wurden weitere Nachbehandlungsschritte am Kompostwerk initiiert. Durch eine Nachfermentation kann die gelöste organische Substanz weiter in Carbonsäuren abgebaut werden. Durch diesen Prozessschritt konnte die Konzentration an Carbonsäuren bis um den Faktor drei erhöht werden. Nach der Nachfermentation wurde ein weiterer Prozessschritt, die Ethanolreifung angeschlossen, bei der anaerobe Mikroorganismen durch Zugabe von Ethanol die polaren Carbonsäuren in unpolare umwandeln. Die Versuche zur Ethanolreifung haben gezeigt, dass dadurch besonders die Carbonsäuren mit einer geraden Anzahl an Kohlenstoffatomen, wie Essig-, Butan- oder Hexansäure, gebildet werden.
Die in den Perkolaten enthaltenen unpolaren Carbonsäuren wurden abschließend in einer Raffinerie zunächst extrahiert und anschließend in biobasierte Kraftstoffe umgeestert.
Abstract
From September 2013 to May 2014, a feasibility study was conducted in collaboration with the Enterprise for Municipal Services (Eigenbetrieb für kommunale Aufgaben und Dienstleistungen (EAD)), Handelshaus RUNKEL, the engineering firm INGUT, JAGER BIOTECH GmbH and the TU Darmstadt (Research Area: Waste Engineering), the goal of which was to determine whether biological waste produced by the city of Darmstadt could be used to create a fuel on the basis of non-polar carboxylic acids.
In this context, the biological waste was first assessed with regard to its composition and material characteristics, which revealed that the majority of collected biowaste consisted of yard waste with higher lignin content: on average, 65 % by weight of the biowaste fell into this category.
Subsequently, the different types of waste collected were separately treated at a composting plant. With the addition of a modified rotting box, solid-liquid filtering was integrated at the plant. This made it possible to separate the liquid-phase from the solid-phase waste; the former, also referred to as percolate, was then used for the manufacture of bio-based products.
Treatment in the modified rotting box resulted in a percolate with a high percentage of organic substances. Though non-polar carboxylic acids could already be detected directly after percolation, a total of only 26 % by weight of the carboxylic acids present were determined to be non-polar. In order to increase the percentage, additional after-treatment steps were initiated. With the help of post-fermentation, the dissolved organic substance was further broken down into carboxylic acids, increasing their concentration by as much as threefold. An additional processing step, ethanol fermentation, was added after the post-fermentation. Thanks to the addition of ethanol in the course of this step, anaerobic microorganisms converted the polar carboxylic acids into non-polar ones. The tests with ethanol fermentation have shown that the method is especially well suited to the production of carboxylic acids with even numbers of carbon atoms, e.g. acetate, butanoic and hexanoic acid.
In a refining process, the non-polar carboxylic acids were first extracted from the percolate, then transesterified to produce bio-based fuels.
Literatur
Bischofsberger, W., Dichtl, N., Rosenwinkel, K.-H., Seyfried, C. F., Böhnke, B. (2005): Anaerobtechnik, ISBN: 978-3-540-06850-1 Springer Verlag Berlin, Heidelberg, Deutschland
Boone, D. R.; Xun, L. (1987): Effects of pH, temperature and nutrients on propionate degradation by a methanogenic enrichment culture. Appl. Environ. Microbiol. 53; S. 1589–1592
Braun, R.; 1982: Biogas – Methangärung organischer Abfallstoffe, Grundlagen und Anwendungsbeispiele, Springer-Verlag, ISBN 3-211-81705-0, Wien, Österreich
Graß, C. (2006): Dezentrale Erzeugung von Biodiesel – Möglichkeiten, Wirtschaftlichkeit, Qualitätssicherung. Fachvortrag auf der Fachtagung Biokraftstoffe für die Landwirtschaft. Online verfügbar unter: http://veranstaltungen.fnr.de/fileadmin/biokraftstoffe/pdf/fachtagung2006/trend_wirt_biodieselanlagen08a.pdf. Zuletzt abgerufen am 05.10.2015
Grunert, M. (2005): Bioethanol – Situation in Deutschland und Anbauverfahren. Online verfügbar unter: http://www.landwirtschaft.sachsen.de/landwirtschaft/download/Ethanol_Deutschland_2005_12_neu.pdf, abgerufen am 05.10.2015
Kannengießer, J. (2015): Nutzung biologischer Siedlungsabfälle zur Generierung biobasierter Produkte und Kraftstoffe auf Basis von mittel- und langkettigen Fettsäuren – Feldstudie am Beispiel eines Kompostwerks (= Schriftenreihe IWAR 230). Darmstadt 2015
Kannengießer, J., Jager, J., Schebek, L. (2014): Erzeugung flüssiger Bioabfallsubstrate als Ausgangsprodukt für Biokraftstoffe. Erschienen in Tagungsband des 4. Wissenschaftskongresses der DGAW
Levy P. F., Sanderson, J. E., Kispert, R. G., Wise, D. L. (1981): Biorefinning of biomass to liquid fuels and organic chemicals. Erschienen in: Enzyme and Microbial Technology, Vol. 3. Onl. verfügb. unter: http://www.sciencedirect.com/science/journal/01410229/3/3. Letzter Zugriff am 05.10.2015
Mah, R. A.; Smith, M. R. (1981); The methanogenic bacteria. Erschienen in: Starr M. P., Stolp H., Trüper H. G., Balows A., Schlegel H. G. (eds): The procaryontes. Springer Verlag Berlin Heidelberg, S. 548–577
Scherer, P. A. (2001): Mikrobiologie der Vergärung von festen Abfallstoffen, erschienen in: Biologische Behandlung organischer Abfälle, Herausgeber P. Kämpfer, W. Weißenfels, Springer Verlag, S. 45–80
Schlegel, H. G. (1992): Allgemeine Mikrobiologie. 7. Überarbeitete Auflage, unter Mitarbeit von Zaborosch C, Thieme Verlag, Stuttgart
Schulze und Schlitte (2012): Auswirkungen der Abfallgesetzgebung auf das Abfallaufkommen und die Behandlungskapazitäten bis 2020, Studie der HWWI Consult GmbH
Seier, H. (2015): Bioabfallpotential nach Daten von DESTATIS 2015.
Siebert, S. (2010): Strategie zur besseren Nutzung von Bioabfall veröffentlicht. Erschienen in: H & K aktuell 06/10. S. 9–10. Online verfügbar unter: http://www.kompost.de/index.php?id=452&tx_ttnews(tt_news)=1110&tx_ttnews(backPid)=423&cHash=8eed37b1c7. Zuletzt abgerufen am 10.10.2015
Steinbusch, K. J. J. (2010): Liquid biofuel production from volatile fatty acids. Dissertation an der Universität in Wageningen, Niederlande. ISBN 978-90-8585-558-3
Tecson 2015: Rohölpreis in jährlicher Entwicklung. Online verfügbar unter: http://www.tecson.de/oelweltmarkt.html. Zuletzte abgerufen am 10.10.2015
Thauer, R., Jungermann, K., Henninger H., Wenning J., Decker, K. (1967): The Energy Metabolism of Clostridium Kluyveri. Erschienen in: European Journal of Biochemistry 4 1967, S. 173–180
(UBA) Umweltbundesamt (2015): Sammlung von Bioabfall. Verfügbar unter: http://www.umweltbundesamt.de/daten/abfall-kreislaufwirtschaft/entsorgung-verwertung-ausgewaehlter-abfallarten/bioabfaelle; zuletzt abgerufen am 05.10.2015
Xia, L. (2013): Analyse von Fettsäuren und Fettsäureethylestern von organisch beladenen Prozesswasser aus Mazerations- und Perkolationsprozessen. Masterarbeit an der TU Darmstadt, Institut IWAR, Fachgebiet Abfalltechnik. S. 18–34
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Kannengießer, J. Das nutzbare Potenzial biologischer Siedlungsabfälle zur Erzeugung biobasierter Produkte – Beispiel Kompostwerk. Österr Wasser- und Abfallw 68, 15–23 (2016). https://doi.org/10.1007/s00506-015-0281-4
Published:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s00506-015-0281-4