Die Einräumung der Verfügungsbefugnis über das Wertpapierguthaben des Kindes, um mit dem Erlös aus der Verwertung monatliche Ausbildungs- und Internatskosten des Kindes abdecken zu können, bedarf der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung (§ 154 Abs 3 ABGB). Beträchtliches Vermögen eines unterhaltsberechtigten Kindes wirkt auch dann unterhaltsmindernd iSd § 140 Abs 3 ABGB, wenn es in mündelsicheren thesaurierenden Investmentfondsanteilen angelegt wurde. Die in § 149 Abs 1 S 2 HS 1 ABGB normierte Erhaltungs- und Vermehrungspflicht steht unter dem Vorbehalt des Kindeswohls. Dies ermöglicht es, besondere, aktuelle und legitime Bedürfnisse des Kindes aus dessen eigenem Vermögen zu erfüllen. Auch die Freigabe von Teilen des Wertpapiervermögens eines Minderjährigen zur Deckung von anfallenden Ausbildungskosten kommt in Betracht, wenn die Abwägung zwischen den Interessen des Minderjährigen an der Investition in die schulische Ausbildung und an der Erhaltung des ungeschmälerten Vermögens mit dem Vorteil dessen späteren Verfügbarkeit zu Gunsten der Investition in die Ausbildung ausfällt. Nicht jede im letzten Willen des Erblassers enthaltene Äußerung ist als rechtlich bindende Anordnung zu verstehen; sie kann auch Rat, Wunsch oder Bitte sein. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch eine Auflage nicht bloß in befehlenden Worten, sondern in Form eines Wunsches oder einer Bitte formuliert werden kann.
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Sailer Verwertung von Fondsanteilen eines unterhaltsberechtigten Minderjährigen zur Finanzierung seiner Ausbildung / Auslegung letztwilliger Verfügungen. JuBl 133, 300–303 (2011). https://doi.org/10.1007/s00503-011-2144-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00503-011-2144-9