Nun bereits zum 13. Mal habe ich die große Ehre, eine e+i-Ausgabe zum Themenschwerpunkt „Elektrische Maschinen und Antriebe“ zu organisieren. Im aktuellen Heft 2.2024 konnten nach einer zeitaufwändigen Begutachtung fünf Originalbeiträge und ein Bericht für die Rubrik praxis+wissen zur Veröffentlichung angenommen werden.

Der Fachbereich Elektrische Maschinen und Antriebe erlebt in den letzten Jahren eine großartige Renaissance. Die Gründe für diese Entwicklung sind vielschichtig. Auf der einen Seite gibt es aufgrund der Dekarbonisierung einen eindeutigen Trend von der Verbrennungskraftmaschine zu elektrischen Antriebssystemen. Dies ist nicht nur bei den Straßenfahrzeugen, sondern generell bei vielen anderen technischen Produkten der Fall. So werden zum Beispiel auch in der Flugzeugindustrie die üblichen hydraulischen Systeme durch elektrische ersetzt. Dabei werden extrem ausgenutzte elektrische Maschinen mit speziellen Materialien wie beispielsweise Cobalt-Bleche verwendet. Aber auch bei Baufahrzeugen, wie z. B. bei Baggern oder Radladern, ist der Trend weg von der Verbrennungskraftmaschine (VKM) und hin zur elektrischen Maschine eindeutig erkennbar. Bei all diesen mobilen Anwendungen sind hochausgenutzte elektrische Maschinen und moderne Wechselrichter-Ansteuerungen notwendig. Der große „Bremsklotz“ bei diesen mobilen Systemen ist nach wie vor die Energiespeicherung. Obwohl moderne Lithium Ionen-Batterien bereits hohe Energie- und Leistungsdichten zulassen, ist die zusätzliche Masse für diesen Energiespeicher wesentlich größer. So benötigt man etwa bei einem Personenkraftwagen (PKW) mit VKM für eine Reichweite von 300 km etwa 20 l Treibstoff. Mit der Masse des Tanks ergibt sich eine Gesamtmasse von ca. 30–35 kg. Bei einem elektrisch angetriebenen PKW bei identer Reichweite von 300 km ist nach derzeitigem Stand der massenbezogenen Energiedichte von 0,2 kWh/kg eine Gesamtmasse der Batterie von ca. 300–330 kg notwendig. Dies bedeutet, dass pro Kilometer Reichweite ca. 1 kg Batteriemasse (Lithium Ionen-Speicher) benötigt wird. Gegenüber dem benzin- bzw. dieselbetriebenen Fahrzeug ist somit die Masse des Energiespeichers inklusive gespeicherter Energie um den Faktor 10 größer. Natürlich sind wir Elektromaschinenbauer:innen alle bemüht, den Wirkungsgrad von Wechselrichtern und elektrischen Maschinen weiterhin um einige Zehntel Prozentpunkte zu erhöhen. Dies wirkt sich positiv auf die Reichweite aus. Der eigentliche Knackpunkt bei elektrisch angetriebenen Fahrzeugen bleibt allerdings die Masse des Energiespeichers und die damit verbundene geringere Reichweite. Allerdings muss bei der Diskussion bezüglich der möglichen Reichweite Folgendes beachtet werden: Bei einer jährliche zurückgelegten Wegstrecke eines PKWs von ca. 15.000 km und einer durchschnittlichen Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h beträgt die jährliche Betriebsdauer ca. 300 h. Ein Kalenderjahr hat 8760 h. Somit beträgt die prozentuelle Nutzungsdauer pro Jahr ca. 3,4 %. Diese Berechnung ist unabhängig von der Art des Antriebes. Daraus ergibt sich, dass die Steh- oder Stillstandzeit rund 96 % beträgt. Damit sollte dieser privat genutzte PKW nicht als Automobil, sondern eher als „bewegliche Immobilie“ bezeichnet werden. Erstrebenswert wäre es somit, die vorhin berechnete Stehzeit in Ladezeit für das Elektroauto umzuwandeln, denn dadurch würde das Thema maximale Reichweite an Bedeutung verlieren. Nur bei längeren Fahrstrecken, z. B. über 300 km, ist dann die maximale Reichweite noch entscheidend. Nach entsprechenden Studien von Automobilvereinen ist die tägliche Wegstrecke bei 85 % der PKW-Benutzer:innen geringer als 30 km. Bei einem üblichen Energieverbrauch von ca. 20 kWh/km für einen Elektro-PKW ist unter Berücksichtigung des Batterie- und Ladewirkungsgrades eine zu ladende Energiemenge von ca. 7 kWh notwendig. Die zur Verfügung stehende Ladeleistung aus einer Schuko-Steckdose mit einer Phasenspannung von 230 V beträgt ca. 2,5 kW. Dies würde bedeuten, dass die Batterie in knapp drei Stunden aufgeladen wäre. Bei einer CEE-Steckdose (umgangssprachlich Kraftstrom-Steckdose) mit einem dreiphasigen Anschluss und einer verketteten Spannung von 400 V ist bei einer Absicherung durch einen Leistungsschutzschalter mit 16 A eine Abgabeleistung mit 11 kW möglich. Das bedeutet, dass die oben beschriebene Energiemenge von 7 kWh in ca. 40 -minütiger Ladezeit gespeichert werden kann. Beim vorhin erwähnten Energieverbrauch von ca. 20 kWh/100 km und einer Ladeleistung von 11 kW kann man als Richtwert Folgendes annehmen: Pro 50 km Reichweite ist eine Ladezeit von einer Stunde notwendig.

Bei den heutigen üblichen Lithium Ionen-Batterien sind 1.000 bis 2.000 Vollladezyklen möglich. Ein Vollladezyklus wird dann berechnet, wenn 80 % der maximalen Energiemenge aufgeladen wird. Die Anzahl der Ladezyklen bzw. die Lebensdauer der Batterie ist unter anderem von der Temperatur abhängig. Die Lebensdauer von Lithium Ionen-Batterien vermindert sich, wenn die Betriebstemperatur unter 0 °C und vor allem über 60 bis 70 °C beträgt. Bei einer Schnellladung mit einer Leistung von beispielsweise 50 kW wird die Batterie aufgrund der Stromwärmeverluste des Innenwiderstandes thermisch stärker belastet. Aus diesem Grund sollen Elektrofahrzeuge nur dann mit einer hohen Leistung aufgeladen werden, wenn dies unbedingt notwendig ist, z. B. an Autobahnraststationen auf Urlaubsfahrten. Im täglichen Normalbetrieb und bei einer nächtlichen Stillstandszeit von zehn Stunden ist eine Ladung der Batterie mit einer Leistung von einigen kW vollkommen ausreichend. Dadurch wird die Batterie thermisch und chemisch wesentlich schwächer beansprucht. Weiters bin ich überzeugt, dass die Entwicklung von energie- und leistungsstärkeren Batterien in den nächsten Jahren und Jahrzehnten die Elektromobilität noch attraktiver machen wird. Auch das Thema Kosten der Batteriesysteme wird durch den möglichen Umstieg von Lithium- auf Natrium-Batterien wesentlich entschärft.

In Bezug auf die elektrischen Antriebsmaschinen wurden in den letzten Jahren viele Entwicklungsschritte gesetzt. Dies ist vor allem der vorhin beschriebenen Elektromobilität für Straßenfahrzeuge zuzuschreiben. Eine Trendwende wieder zurück zur VKM kann ich mir bei der Elektromobilität für Straßenfahrzeuge schwer vorstellen. Dadurch werden die notwendigen Impulse aus der Automobilindustrie für leistungsfähigere, wirkungsgradoptimierte, aber auch günstigere Antriebsmaschinen nicht nachlassen. Dies ergibt eine gewisse Garantie für weitere Innovationen in diesem Fachbereich.

Nun zu den Beiträgen in diesem Heft mit dem Schwerpunkt „Elektrische Maschinen und Antriebe“:

Jiawei He und Gerhard Huth von der Technischen Universität Kaiserslautern stellen in ihrem Beitrag „Highspeed PM-Synchronmotor mit modularem SMC-Statorkonzept“ vor. Bei diesen Maschinen mit Drehzahl um die 100.000 min−1 werden alternativ zu verlustarmen Elektroblechen SMC-Materialien (soft magnetic composite) verwendet. Bei der vorgestellten zweipoligen Maschine werden Vergleiche zwischen Simulationsergebnissen und Erprobungen gezeigt. Weiters wird auf ein modulares Starterdesign und Zahnspulwicklung eingegangen.

Es folgt eine Originalarbeit von Tobias Knapp und Wilfried Hofmann (Technische Universität Dresden) mit dem Titel „Finite element analysis and experimental validation of loss reduction strategies in synchronous reluctance motors with combined star delta winding“. In diesem Beitrag werden der Unterschied zwischen einer kombinierten Stern Dreieck-Wicklung und einer Standardwicklung in Sternschaltung erläutert. Eine Finite Elemente-Berechnung zeigt, dass bei dieser speziellen Wicklung die Induktivitäten in den d‑ und q‑Achsen steigen und somit eine höhere Drehmomentdichte möglich ist. Außerdem wird das Problem von Kreisströmen in der Teilwicklung bei der Dreieck-Schaltung diskutiert.

Marc Ramos Friedmann, Alexander Möller und Andreas Binder von der Technischen Universität Darmstadt beschäftigen sich in ihrem Beitrag „Five-phase space vector carrier-based PWM for third harmonic injection“ mit dem Thema der dritten harmonischen Oberschwingungsspannungen in der Statorwicklung und der daraus resultierenden dritten magnetischen Luftspalt-Feldoberwelle. Dadurch wird ein zusätzliches, kleines Drehmoment erzeugt. In dem vorliegenden Fall wird die gewünschte dritte Oberschwingungsspannung in den Fünfphasenspannungen durch die Superposition mit einer nichtsinusförmigen Nullspannung mit fünffacher Grundfrequenz erzeugt. Dies entspricht einer Pulsweitenmodulation (PWM) mit dem Raumzeigerverfahren Space Vector – PWM und vermeidet dadurch einen deutlich höheren Rechnungsaufwand.

Gino Sturm, Wilfried Hofmann, Jonas Kienast und Steffen Bernet (Technische Universität Dresden) behandeln in ihrem Beitrag „Regelung der doppelt gespeisten Drehstromasynchronmaschine mit Multilevel-Matrixumrichter für einen Schwungradspeicher zur Sicherung der Momentanreserve in trägheitsarmen Netzen“ die Betriebsweise und Regelung eines asynchronen rotierenden Energie System-Stabilisators. Dieser besteht aus einer doppelt gespeisten Asynchron Schleifringläufer-Maschine, die rotorseitig über einen Multilevel-Matrixumrichter gespeist wird. Durch die Entkopplung der Drehzahl von der Netzfrequenz ist diese Maschine in der Lage, eine überproportional große, gespeicherte, kinetische Energie in Wirkleistung umzuwandeln. Dabei werden besonders hohe Anforderungen an die Regelung gestellt.

Der Beitrag von den Autoren Mike Königs und Bernd Löhlein (University of Applied Sciences Flensburg) mit dem Titel „Why state-of-the-art analytical models for eddy current losses in PM of PMSM are insufficient for variable speed motors“ befasst sich mit neuartigen Methoden zur Berechnung in Wirbelstromverlusten in Permanentmagneten. Dabei wird ein Blick auf neue analytische Modelle geworfen, die für die Berechnung von wechselrichterbedingten Wirbelstromverlusten in Permanentmagneten sinnvoll erscheinen.

In der Rubrik praxis und wissen wird eine Zusammenfassung einer Bachelorarbeit an der TU Wien vorgestellt. Die Autoren Christian Pröll und Harald Neudorfer haben eine technische Marktstudie und Potenzialanalyse von den im Zeitraum November 2023 bis Jänner 2024 am Markt befindlichen E‑Autos (BEV) erstellt. Insgesamt umfasst diese Studie 126 Fahrzeuge von 37 Fahrzeugherstellern. In dieser Arbeit werden allgemeine Fahrzeugdaten und Daten des Energiespeichers (Batterie) und elektrische Maschinen erfasst und verglichen. Weiters werden eine Vielzahl von Berechnungen, wie z. B. Gesamtmasse pro Dauerleistung kg/kW, Verkaufspreis pro Leermasse Euro/kg oder Ladezeit pro Reichweite min/km durchgeführt und die Fahrzeuge damit evaluiert. Die insgesamt 126 Fahrzeuge werden in zehn Fahrzeugklassen, wie z. B. Kompaktklasse, Oberklasse oder SUV unterteilt. Für jedes der betrachteten E‑Fahrzeuge wurde ein einheitliches Datenblatt inklusive des aktuellen Verkaufspreises in Österreich erstellt.

Als Heftkoordinator möchte ich mich für die hochwertigen Papers bei allen Beteiligten sehr herzlich bedanken. Die entsprechenden Institute an den deutschsprachigen Technischen Universitäten setzten damit ein starkes Lebenszeichen und arbeiten stetig an der Weiterentwicklung von elektrischen Maschinen und Antrieben. Die Autor:innen investieren viele Arbeitsstunden in jeden Beitrag, die in einigen Fällen nur in der Freizeit erledigt werden können. Ohne diesen Idealismus, aber auch ohne die Bereitschaft, ihre Forschungs- und Entwicklungsergebnisse zu publizieren, wäre es nicht möglich, eine für Sie interessante Ausgabe zu erstellen. Des Weiteren bedanke ich mich auch bei jenen Kolleg:innen, welche die wichtige Aufgabe übernommen haben, die Beiträge zu begutachten und mit konstruktiven Vorschlägen zu optimieren.

Gemeinsam hoffen wir, dass auch Sie mit großem Interesse diese Beiträge lesen und Ihre Begeisterung für das Thema elektrische Maschinen und Antriebe bestärkt wird.

Ihr Harald Neudorfer