Bereits zum zehnten Mal habe ich nun die große Ehre, eine e+i-Ausgabe zum Themenschwerpunkt „Elektrische Maschinen und Antriebe“ zu organisieren. Nach einer recht zeitaufwändigen Begutachtung konnten dieses Mal vierzehn Originalbeiträge, sechs Berichte und zwei Beiträge für die Rubrik praxis+wissen zur Veröffentlichung angenommen werden.

In allen Bereichen ist der Trend zu elektrischen Antriebssystemen erkennbar. So werden z. B. in einigen Fällen hydraulische Systeme durch elektrische ersetzt. Am besten ist diese Entwicklung allerdings im Bereich der E‑Mobilität auf der Straße zu erkennen. Praktisch alle Automobilhersteller haben bereits Hybrid- und insbesondere Elektrofahrzeuge auf den Markt gebracht. Diese Entwicklung ist nach Meinung vieler Expert:innen auch nicht umzukehren. Somit stellt sich nicht mehr die Frage, ob diese Transformation in der Automobilindustrie kommen wird, sondern wie schnell diese durchgeführt werden soll bzw. muss. Die Firma Tesla aus den USA kann dabei als Trendsetter bezeichnet werden. Die europäische Automobilindustrie hat diese Entwicklung hingegen – auch durch die gewaltige Leistungs- und Effizienzsteigerung der Verbrennungskraftmaschinen – in den letzten Jahrzehnten hinausgezögert. Durch die extreme Abhängigkeit von den benötigten Rohstoffen, wie v. a. Erdöl und auch Erdgas, für die Verbrennungskraftmaschine ist jedoch ein langsames Ende für diese Technologie vorherzusehen. Natürlich benötigen wir für den Betrieb der Elektrofahrzeuge auch genügend elektrische Energie. Diese kann allerdings aus anderen Primärenergien erzeugt werden. In Österreich produzieren wir aufgrund der Topologie und der gut ausgebauten Wasserkraft ca. 60 % der elektrischen Energie durch diese praktisch ewige Quelle. Dazu kommen noch ca. 15 % aus den anderen regenerativen Energien, wie Wind‑, Solar- und Biokraft. Vorrang sollte in den nächsten Jahren der Ausbau dieser regenerativen Energiequellen und v. a. die Verteilung dieser mit Ladesäulen für E‑Fahrzeuge haben.

Mit derzeit ca. 4,4 Mio. in Österreich angemeldeten PKWs und einer jährlichen Laufleistung von 15.000 km für 100.000 E‑Autos würde sich der heimische elektrische Energieverbrauch um 0,66 % steigern. Natürlich ist das eine Herausforderung für die gesamte heimische Elektroindustrie, aber bestimmt schaffbar. Die Zahlenwerte für Deutschland mit ca. 44 Mio. PKWs und 1 Mio. Elektrofahrzeuge wären prozentuell praktisch ident mit 0,7 % mehr zu erzeugender elektrischer Energie. Gerade in Deutschland ist die Steigerung der regenerativen Energieerzeugung besonders signifikant. Während im Jahr 1990 nur ca. 5 % der elektrischen Energie durch regenerative Technologien erzeugt wurden, waren es 2021 fast 50 %. Die Abhängigkeit von fossilen Treibstoffimporten muss, wie auch an der aktuellen Lage ersichtlich, reduziert werden.

Eine kurze Berechnung zeigt, dass die Stehzeiten eines privaten PKW, der ca. 15.000 km pro Jahr im Einsatz ist, etwa 95 % der Lebensdauer des Fahrzeugs entsprechen. Mit den oben genannten 15.000 km pro Jahr und einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 50 km/h ist ein solcher PKW jährlich ca. 300 h in Betrieb. Das Jahr hat aber 8760 h, somit wird das Fahrzeug nur 3,5 % der gesamten Lebensdauer betrieben. Es muss uns also nur gelingen, die Stehzeit von ca. 95 % in Ladezeit umzuwandeln. Dies bedeutet einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur für die E‑Mobilität. Die Herausforderungen sind gewaltig, aber wir müssen uns überlegen, was die Alternativen sind.

Ich bin überzeugt, dass wir diese Transformation, auch getrieben durch den Klimawandel und die Reduzierung der Abhängigkeit von Rohstoffimporten in Österreich und in Deutschland, bewältigen werden. Es liegt an uns, den Ingenieur:innen und Wissenschaftler:innen, insbesondere im Bereich der Elektrotechnik Lösungen zu finden und diese mithilfe der Politik und Gesellschaft zu realisieren.

Folgende Beiträge aus dem Gebiet der elektrischen Maschinen und Antriebe finden Sie in dieser Ausgabe der e+i:

Der Beitrag von David Auer, Stefan Leitner und Annette Mütze (TU Graz) mit dem Titel „PCB motors for sub-fractional HP auxiliary fan drives: a feasibility study“ befasst sich mit der Verwendbarkeit von PCB (Printed Circuit Board)-Motoren für Kleinstantriebe, die v. a. für kleine Lüfteranwendungen eingesetzt werden. Beschrieben wird der Designprozess für einen PCB-Motor mit drei unterschiedlichen Ständerdesigns auf einer 4‑Layer-Leiterplatte.

Mit einem „Mobile AC/DC test device for electric vehicle charging infrastructure communication“ beschäftigt sich der Beitrag von Lukas Baum, Sahar Darvish und Detlef Schulz (Helmut-Schmidt-Universität). Dabei wird ein Gerät vorgestellt, das sowohl die Signalkette als auch eine reale Lastreduzierung für die DC-Ladeinfrastruktur testen kann. Anschließend wird ein neuartiges Konzept für einen mobilen und modularen Testaufbau zur kombinierten Testsignal- und realen Lastenreduzierung von AC- und DC-Ladeinfrastruktur beschrieben.

Björn Deusinger und Andreas Binder (TU Darmstadt) stellen in ihrem Beitrag „Evaluation of a newly proposed indirect efficiency determination method for permanent magnet synchronous machines“ eine neue Methode zur indirekten Wirkungsgradbestimmung von Permanentmagnet-Synchronmaschinen im Sinne von Einzelverlustmessungen vor. Für vier Testmaschinen im Leistungsbereich zwischen 45 kW und 90 kW mit unterschiedlichen Rotor- und Statortopologien wurden hierbei Messungen und Finite-Elemente-Simulationen durchgeführt.

Marius Franck, Markus Jaeger, Benedikt Groschup und Kay Hameyer (RWTH Aachen) präsentieren ihren Beitrag „Strukturdynamische Werkstoffdämpfung von Blechpaketen elektrischer Maschinen“. Dabei wird ein werkstoffspezifisches Dämpfungsmodell hergeleitet. Wie anhand von Messungen für ein exemplarisches Statorblechpaket gezeigt wird, kann mit diesem Modell die Richtungsabhängigkeit der Werkstoffdämpfung abgebildet werden.

Die Entwicklung eines Turboverdichters behandeln Jiawei He und Gerhard Huth (Delta Electronics und TU Kaiserslautern) im Beitrag „Statorkonzepte für 2‑polige High-Speed-PM-Synchronmotoren“. Insbesondere für 2‑polige PM-Synchronmaschinen werden Wicklungssysteme benötigt, die zu kompakten Statoren führen. Die Erprobung bestätigt die Simulationsergebnisse, und es kann aufgezeigt werden, dass verteilte Zahnspulenwicklungen sinnvoll eingesetzt werden können.

„Steigerung der Leistungsdichte und des Wirkungsgrades von Straßenbahnantrieben durch den Einsatz hochdrehender Maschinen“, ein Beitrag von Leonie Heckele, Markus Tesar, Jakob Igelspacher, Jürgen Brunner und Peter Gratzfeld (Karlsruher Institut für Technologie KIT und Vincorion – Jenoptik Power Systems), zeigt die prinzipielle Möglichkeit, auch im Bereich der Schienenverkehrstechnik Vorteile hoher Drehzahlen zu erzielen. Anhand einer Asynchronmaschine mit einer Maximal-Drehzahl von 20.000 min−1 und einer S1-Dauerleistung von 75 kW wird die Reduktion der Masse und des Volumens dargelegt.

Markus Jaeger, Marius Franck und Kay Hameyer (RWTH Aachen) stellen ihren Beitrag „Die Messung und Berechnung modaler Dämpfungen als Näherungsbeschreibung realer Systeme“ vor. Unter anderem werden die Materialdämpfung, Schallabstrahlung und Fügestellendämpfung genauer untersucht. Der Fehler durch die Modellierung eines nicht proportionalen Systems durch proportionale Dämpfung wird anhand einer berechneten FRF (Frequency Response Function) abgeschätzt.

Im Beitrag „A review of critical issues in the design of lightweight flywheel rotors with composite materials“ von Xing Li, Christian Mittelstedt und Andreas Binder (TU Darmstadt) werden die Eigenschaften verschiedener Verbundrotoren und die kritischen Überlegungen bei deren Konstruktion, Herstellung und Prüfung präsentiert. Ziel ist es, die aktuellen Technologien zusammenzufassen und Hinweise für die Weiterentwicklung bereitzustellen.

Im nächsten Artikel „Numerische Analyse der Strömung am Eintritt des Luftspalts einer permanenterregten Synchronmaschine“ widmet sich das Autorenteam Vinzent Meier, Christopher Beck, Christian Krüger, Martin Ernst und Christian Hasse (Mercedes-Benz und TU Darmstadt) den einphasigen Strömungsvorgängen im Luftspalt permanenterregter Synchronmaschinen und deren Beeinflussung des Austauschs zwischen Luftspalt und den beiden Stirnräumen des Elektromotors. Anhand detaillierter dreidimensionaler CFD (Computational Fluid Dynamics)-Simulationen wird die turbulente Strömung im Luftspalt und dessen Eintrittsgebiet analysiert.

Spasoje Mirić, Johann W. Kolar und Dominik Bortis (ETH Zürich) behandeln in ihrem Beitrag „Novel tubular linear actuator with integrated magnetic bearing“ einen neuartigen Linearantrieb mit integriertem Magnetlager. Nach dem grundsätzlichen Aufbau werden die Wicklungsanordnungen zur Erzeugung der Antriebs- und Lagerkräfte detailliert erläutert. Dabei zeigt sich, dass eine kombinierte Wicklungsanordnung zu einer höheren Effizienz und einem einfacheren Antriebssystem führt.

Der Beitrag von Mario Nikowitz, Andreas Brunner und Manfred Schrödl (TU Wien) mit dem Titel „Der Linear-Planetenmotor“ stellt einen neuen Ansatz basierend auf dem bereits präsentierten Planetenmotor dar. Um eine Linearbewegung zu ermöglichen, ist eine Modifikation des Wicklungssystems notwendig. Messungen am Prototyp bestätigen die Performance dieses neu entwickelten Planetenmotors.

Christopher Ranisch, Heiko Koch und Timm Streul (Hochschule Darmstadt) analysieren in ihrem Beitrag „Datenbasierte, adaptive Regelung von Servomotoren für Industrieroboter“ datenbasierte Schätzalgorithmen für Industrieroboter. So muss die nichtlineare Dynamik des Roboters je nach Pose und Last nicht durch komplexe kinematische Gleichungen berechnet, sondern kann aufgrund von Sensordaten geschätzt werden. Dies spart Berechnungszeit bei gleichbleibend hoher Modellgüte. Abschließend erfolgt eine experimentelle Validierung an einem einachsigen Gelenkprüfstand.

Das Autorenteam Nejat Saed, Stefan Leitner, Felix Krall und Annette Mütze (TU Graz) stellt in seinem Beitrag „Noise and vibration characteristics of sub-fractional horsepower single-phase BLDC drives“ vorherrschende Geräusch- und Schwingungscharakteristika von einphasigen Gleichstromantrieben vor. Magnetische Kraftdichtewellen und Finite-Elemente-Analysen werden durchgeführt, um die elektromagnetischen Kräfte zu untersuchen.

Im Beitrag „Systematische Identifizierung energieeffizienter Antriebskonfigurationen in Elektrofahrzeugen“ von Shaohui Yuan und Wilfried Hofmann (TU Dresden) wird gezeigt, wie bereits in einer frühen Entwicklungsphase optimierte Antriebstopologien durch analytische Methoden identifiziert werden können. Diese Methoden basieren grundsätzlich auf physikalischen Modellen und Datenblattangaben der Komponenten Energiespeicher, Wechselrichter, elektrische Maschine und Getriebe. Die Ergebnisse führen schließlich zu einem informativen Auswahldiagramm.

Es folgt ein Bericht von Peter Gangel und Harald Neudorfer (TU Wien) mit dem Titel „Elektrospeicher für Straßenfahrzeuge“. In diesem werden die derzeitigen Batterien für E‑Fahrzeuge aufgezeigt und in Vergleichstabellen analysiert. Außerdem werden diese Energiespeicher anhand von drei aktuellen Fahrzeugen präsentiert.

Im Artikel „Drei E‑Maschinen-Typen für Sekundärantriebe im Systemvergleich“ widmet sich das Autorenteam Werner Neß, Klaus Raggl, Daniel Lindvai-Soos und Simon Kaimer (Magna) der Gesamtoptimierung von Elektrofahrzeugen mit zwei angetriebenen Achsen. Für die Sekundärachse, die nicht permanent im Betrieb ist, eignen sich aufgrund der wirtschaftlichen Parameter neben der Asynchronmaschine auch die Permanentmagnet-Hybrid-Synchronmaschine mit Reluktanzmoment und die Permanentmagnet-assistierte Synchron-Reluktanzmaschine. Ein qualitativer Vergleich der Eigenschaften dieser drei Maschinentypen rundet den Beitrag ab.

Hartmut Schneeweiß und Venco Postolov (eAx solutions) vertiefen sich im Beitrag „Neue E‑Maschinen-Designs und Magnet-Geometrien in elektrischen Fahrantrieben zur Reduktion des Materialeinsatzes“ in den optimalen Einsatz von „teurem“ Seltene-Erden-Magnetmaterial. Dabei werden verschiedene Permanentmagnet-Anordnungen vorgestellt, und es wird auch auf den besonderen Aufbau der Halbach-Arrays eingegangen. Dadurch werden spezielle Magnet-Geometrien erzeugt, und in Kombination mit der verstärkten Nutzung von Reluktanz-Momenten wird Magnetmaterial reduziert.

Im Beitrag „SiC-MOSFETs und Si-IGBT-Technologie im Vergleich: Welches Material ist am besten für Traktionsumrichter geeignet?“ von Bernhard Stiller (Infineon) werden die Vor- und Nachteile von SiC beschrieben. Dieser technologische Schritt wird in den nächsten Jahren Einzug in alle Wechselrichteranwendungen halten. Es ist zu klären, welche Maßnahmen im Hinblick auf die Ansteuerung der elektrischen Maschine getroffen werden müssen.

„Modellierung und Simulation der Reichweite eines Elektrofahrzeugs“, ein Beitrag von Wolfgang Strasser und Harald Neudorfer (TU Wien), zeigt die Möglichkeit der Reichweitenberechnung von Elektrostraßenfahrzeugen anhand von vier charakteristischen Strecken in Österreich. Durch den Vergleich von drei aktuellen E‑Autos gewinnt dieser Beitrag an Praxisrelevanz. Außerdem erfolgt eine Abschätzung, wie viel Energie auf einer Berg- und Talstrecke durch Rekuperation rückgespeist werden kann.

Gerhard Thumm (Wieland-Werke) und Harald Neudorfer (TU Wien) beschreiben im Bericht „Vorteile des gestabten Kupferläufers mit axial segmentierten Endringen für High-Performance-Anwendungen“ eine innovative Fertigung von Kupferrotoren mit Kurzschlussringscheiben. Dabei wird ein spezielles Schweißverfahren mit gestanzten Kurzschlussringen angewendet. Vorteil ist, dass die hohe elektrische Leitfähigkeit und die hohe Festigkeit vereint werden. Damit sind Rotoren mit sehr hohen Umfangsgeschwindigkeiten möglich.

Merve Arslan und Elisabeth Jahns (eAx solutions) untersuchen in ihrem praxis+wissen-Beitrag „Entwicklung sowie Implementierung eines Konzepts für die Produktionsplanung und -steuerung in der Kleinserienfertigung von elektrischen Achsantrieben“ eine Produktionsplanung und -steuerung (PPS) mit der virtuellen Makigami-Analyse und die daraus resultierende Rückwärtsterminierung der Durchlaufzeiten und Kapazitätsplanung.

Last but not least möchte ich den Artikel von Christof Klesen und Konstantin Konle (Hochschule Darmstadt) mit dem Titel „Methode zur messtechnischen Erfassung und objektiven Beschreibung der Eigenschaften und Charakteristiken von Pedelec-Antrieben“ vorstellen. Die Pedelec-Antriebe haben wirtschaftlich gesehen einen riesigen Markt, sodass es durchaus logisch ist, auch in diesem Bereich der E‑Antriebe Optimierungsmaßnahmen durchzuführen.

Für die große Anzahl an hochwertigen Papers und die Bereitschaft des Herausgebers, ein so umfangreiches Heft zu gestalten, möchte ich mich als Heftkoordinator bei allen Beteiligten sehr herzlich bedanken. Dies ist ein starkes Lebenszeichen der entsprechenden Institute an den deutschsprachigen technischen Universitäten sowie der einschlägigen Industrie. Die Autor:innen investieren in jeden Beitrag viele Arbeitsstunden, die in einigen Fällen neben der täglichen Arbeit nur in der Freizeit erledigt werden können. Darüber hinaus bedanke ich mich auch bei jenen Kolleg:innen, die die Arbeit übernommen haben, die Beiträge zu begutachten und mit konstruktiven Vorschlägen zu optimieren. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass auch für diese Arbeiten sehr viele Stunden notwendig waren. Ohne diese vielen Mühen, aber auch ohne die Bereitschaft der Autor:innen, ihre Forschungs- und Entwicklungsergebnisse zu publizieren, wäre es nicht möglich, eine interessante Ausgabe zu erstellen.

Gemeinsam hoffen wir, dass wir Sie für das Thema „Elektrische Maschinen und Antriebe“ begeistern können und Sie diese Beiträge mit großem Interesse lesen.

Ihr Harald Neudorfer