1 Einleitung

Mit dem Fokus auf der Umsetzung klimapolitischer Ziele haben sich europaweit Mitgliedsstaaten ambitionierte Aufgaben gesetzt. Zur Erreichung der Klimaneutralität im Jahr 2050 schlägt die Europäische Kommission für das Jahr 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen auf mindestens 55 % im Vergleich zum Niveau von 1990 vor. Dies entspricht einer Steigerung des bisherigen Ziels um 40 % [1].

Österreich setzt sich für das Jahr 2030 das Ziel, Strom zu 100 % (national bilanziell) aus erneuerbaren Energieträgern zu erzeugen. Konkret bedeutet das für das Jahr 2030 in Österreich die Errichtung und Eingliederung von zusätzlich 11 TWh Photovoltaik (PV), 10 TWh Windkraft, 5 TWh Wasserkraft und 1 TWh Biomasse elektrischer Erzeugung [2].

Abbildung 1 zeigt die prognostizierte Entwicklung für installierte Leistung von Photovoltaik und Wind in Österreich bis zum Jahr 2030. Die gezeigten Werte bis 2020 sind bestätigte installierte Leistungen aus der Bestandsstatistik der E-Control Austria [3]. Bei Austrian Power Grid AG (APG) werden derzeit für die Szenarien zum Jahr 2030 9 GW an installierter Leistung aus Wind und 12 GW an installierter Leistung aus Photovoltaik angenommen.

Abb. 1.
figure 1

Entwicklung installierte Leistung Wind und PV in AT

Gegenüber der Entwicklung von installierten Kraftwerkskapazitäten stehen aktuell Entwicklungen von Lastkomponenten auf der Verbrauchsseite. Zu diesen zählen beispielsweise Elektrofahrzeuge, Wärmepumpen, Datencenter oder Batterien, in weiterer Folge auch Elektrolyseure oder ähnliche Umwandlungstechnologien, welche auch unter dem Begriff der Sektorkopplung (Power-to-X) bekannt sind. Das Hauptaugenmerk der gezeigten Analyse liegt auf der Ausarbeitung von Zeitreihen und Modellszenarien zur Prognose des zukünftigen elektrischen Verbrauchs von Wärmepumpen bis 2030.

Vor allem die Möglichkeit der flexiblen Steuerung der neu zu errichtenden Systeme, die es ermöglicht, im Falle von Energieknappheit oder temporärer Überproduktion das Lastverhalten zu adaptieren, machen sie zu einem wichtigen Teil des zukünftigen Energiesystems im Stromsektor. Es gilt für den Übertragungsnetzbetreiber in erster Linie, einen profunden Entwicklungspfad und damit einhergehend installierte Mengen abzuschätzen sowie diese in weiterer Folge im Modell realitätsnah abzubilden.

Für die Abbildung der Entwicklungen auf der Kraftwerksseite sowie jener auf der Verbrauchsseite werden auf europäischer Ebene im Zusammenschluss aller europäischer Übertragungsnetzbetreiber (European Network of Transmission System Operators for Electricity, ENTSO-E) sogenannte Lastdeckungsanalysen durchgeführt.

Lastdeckungsanalysen (Resource Adequacy Assessments) werden vom Europäischen Parlament und dem Rat in der Verordnung 943 über den Elektrizitätsbinnenmarkt [4] sowie aus der Regulative 941 über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor [5] vorgeschrieben.

In der operativen Durchführung koordiniert ENTSO-E diese Analysen, welche für kurzfristige Zeitbereiche (Short Term Adequacy Assessment – STA), saisonale Zeiträume (Seasonal Outlooks) und jährlich für das European Resource Adequacy Assessment (ERAA) durchgeführt werden. Der ERAA Prozess umfasst einen Prognosehorizont bis zehn Jahre in die Zukunft und dient als Hauptprozess für methodische Entwicklungsarbeit in der EU.

Abbildung 2 zeigt alle aktuell etablierten Prozesse zur Abschätzung der Lastdeckungssituation von kurzfristigen Prozessen eine Woche im Voraus, über saisonale Analysen bis hin zum Hauptprozess ERAA und, übergeordnet zur Vollständigkeit, der Ten Year Network Development Plan, welcher vor allem die Netzausbauprojekte der einzelnen Länder analysiert.

Abb. 2.
figure 2

Übersicht europäischer Adequacy Prozesse der ENTSO-E

2 European Resource Adequacy Assessment

Auf europäischer Ebene hat sich in den vergangenen Jahren der Mid Term Adequacy Forecast (MAF) als Hauptprozess zur Abschätzung der europäischen Lastdeckungssituation für den Zeitraum bis zu zehn Jahren in die Zukunft etabliert. Durch die europäische Verordnung und der darauffolgenden Methode für das Europäische Resource Adequacy Assessment [6] wurde der MAF-Prozess im Jahr 2021 durch das European Resource Adequacy Assessment (ERAA) abgelöst.

2.1 Methode

Durch einen wahrscheinlichkeitsbasierten Ansatz wird im ERAA-Prozess stochastische Unschärfe in der Abbildung volatiler Energieformen berücksichtigt. Einerseits werden wetterbedingte Schwankungen im Erzeugungsverhalten von erneuerbaren Energieformen abgebildet, andererseits die Temperaturabhängigkeit der Last berücksichtigt. Zur Anwendung kommen hierbei Monte-Carlo-Simulationen. Bei diesem Simulationsprinzip vermengt ein Zufallsgenerator Zeitreihen der erneuerbaren Kraftwerksstrukturen basierend auf 35 historischen Klimaeingangsgrößen (Messzeitraum 1982 bis 2016) nach einem stochastischen Zufallsprinzip mit ungeplanten Nichtverfügbarkeiten von Kraftwerken und jener von Kuppelleitungen des Hochspannungsnetzes. Es entsteht eine Vielzahl an individuellen, vereinfachten Marktmodellen, und für jedes wird ein entsprechendes „Unit Commitment and Economic Dispatch (UCED)“-Problem gelöst. Die Auflösung des europäischen Netzes erfolgt auf Basis eines Länderknotens pro Mitgliedsstaat – mit Ausnahme weniger Länder, welche aufgrund der vorherrschenden Marktsituation durch mehrere Knoten abgebildet werden. Für die Austauschkapazitäten werden in der Simulation Net Transfer Capacities (NTCs) hinterlegt, welche ebenfalls eine Vereinfachung des realen Betriebs darstellen. Im Zuge der ERAA-Methodenerweiterung wird in absehbarer Zeit auch der ERAA Prozess auf einen lastflussbasierten Ansatz umgestellt [7].

2.2 Lastdeckungsindikatoren

Aus den einzelnen Simulationen werden dann Mittelwerte für die Ergebnisse gebildet, welche die für Adequacy Analysen bekannten Indikatoren Expected Energy Not Supplied (EENS) in MWh/a sowie Loss of Load Expectation (LOLE) in h/a liefern [6]. Diese beiden Größen, als Mittelwerte über alle Simulationen, geben Auskunft über den Unterdeckungsgrad der Stromversorgung pro Land:

Der Indikator EENS [MWh/a] gibt die Höhe der Energie an, welche gemittelt über ein Jahr nicht durch im Land vorhandene Kraftwerksleistung plus Importe gedeckt werden kann.

Die Größe der Loss Of Load Expectation [h/a] gibt einen Mittelwert über die Anzahl an Stunden im Jahr an, an denen eine Unterdeckung zu erwarten ist.

2.3 Daten

Basis für die oben beschriebene Prozesslandschaft, welche sich durch die methodische Weiterentwicklung konstant verändert, sind ausreichend stabile, qualitativ aussagekräftige Inputdaten. Übertragungsnetzbetreiber (ÜNBs) sind verpflichtet, bestmögliche Abschätzungen ihrer zukünftigen Kraftwerksparks unter der Berücksichtigung nationaler Ausbaupläne zu liefern. Hierzu wurde bereits eine europäische Datenbank (Pan European Market Modelling Database – PEMMDB) eingeführt, welche für den Großteil der Prognoseprozesse bei ENTSO-E herangezogen wird.

Neben den installierten Kraftwerkskapazitäten – nach Typen getrennt – wird eine ausführliche Abfrage zusätzlicher Lastkomponenten durchgeführt.

Einflussgrößen für zusätzliche Lastentwicklung sind:

  • jährliche Zunahme an Wärmepumpen,

  • jährliche Zunahme an Elektrofahrzeugen gegliedert nach effektiver Verwendung pro Wochentag oder Wochenendtag (km/EV/day), sowie der mittleren Effizienz (kWh/100 km),

  • zusätzliche Last durch Datencenter,

  • allgemeine Lastentwicklung durch wirtschaftliches Wachstum oder Effizienzsteigerung; untergliedert in die beiden Bereiche temperaturabhängig und temperaturunabhängig,

  • nicht am Markt teilnehmende Batteriespeicher.

Im Bereich der Wärmepumpen wird sehr detailliert nach den unterschiedlichen Typen abgefragt:

  • Heizung: Luft – Luft, Luft – Wasser, geothermisch,

  • Hybride Wärmepumpen (in Kombination mit anderen Wärmeerzeugern, z.B. Gaskessel),

  • Kühlung: Luft – Luft, Luft – Wasser, geothermisch,

  • Brauchwasser: Luft – Wasser, geothermisch,

  • Industrielle Wärmepumpen.

Unterschieden wird hierbei noch die Anzahl jener Wärmepumpen, welche existierende Heizungssysteme ablösen (sog. replacing) und jener, welche komplett neu installiert werden.

Historische Lastzeitreihen der Jahre 2012 bis 2019 dienen als Basis für das Trainieren eines Modells, welches zur Lastprognose der Jahre 2021 bis 2030 hergenommen und mit den oben beschriebenen Zusatzkomponenten beaufschlagt wird. Diese historischen Zeitreihen werden ebenfalls von den Übertragungsnetzbetreibern geliefert. Prognosezeitreihen für die entsprechenden Zukunftsszenarien werden von ENTSO-E zentral berechnet. Den ÜNBs ist es freigestellt auch im eigenen Interesse selbst prognostizierte Lastzeitreihen an ENTSO-E zu liefern. Bedingung hierfür ist, dass diese Zeitreihen als Basis die gleichen historischen Wetterjahre hinterlegt haben, wie sie für die Erstellung der Zeitreihen der Erzeugung aus Erneuerbaren verwendet werden.

APG hat im Rahmen der konstanten Weiterentwicklung der zu liefernden Inputdaten gemeinsam mit dem AIT – Austrian Institute of Technology GmbH – Analysen angestellt, um die Entwicklungspfade für die verschiedenen Typen von Wärmepumpen abzuschätzen und für die gesamte zusätzliche Lastkomponente der Wärmepumpen einen Zeitreihengenerator zu erstellen. Dieses Prinzip wird in der vorliegenden Publikation für den Anteil an Wärmepumpen als zusätzliche Lastkomponente gezeigt.

3 Entwicklung Lastkomponente – Wärmepumpen

Im Rahmen der von AIT durchgeführten Analyse wurde basierend auf Daten der Technologie-Roadmap für Wärmepumpen [8] die historische Entwicklung als Basis genommen und um aktuelle Marktzahlen aus dem jährlichen Bericht aus Energie und Umweltforschung über innovative Energietechnologien in Österreich von Biermayr et al. [9] ergänzt. Für das Jahr 2020 wurden Werte der durch den Verband Wärmepumpe Austria veröffentlichten Zahlen herangezogen [10].

Abbildung 3 zeigt die Entwicklung der Anzahl an Wärmepumpen für Heizung und Brauchwasser für drei Szenarien an Verbrauch – Nieder, Mittel, Hoch. Zu beachten ist hier, dass im Jahr 2030 eine Schwankung von 300.000 Stück zwischen den Szenarien Nieder und Hoch zu berücksichtigen ist. In folgender Grafik sind für Heizungswärmepumpen der unterschiedlichen Kategorien Nennleistungen im Bereich 7 kW (Luft-Luft) bis 19 kW (Wasser – Wasser) hinterlegt.

Abb. 3.
figure 3

Entwicklung der Anzahl an Wärmepumpen für Heizung und Brauchwasser für drei Szenarien bis 2030

Unterteilt man diese Entwicklung in die einzelnen Kategorien von Wärmepumpen, ergibt sich ein Bild mit der verstärkten Durchdringung von Luft-Wasser-Wärmepumpen – siehe Abb. 4. Ebenfalls herausgearbeitet wurde der Anteil an Kühlung durch Wärmepumpen, welcher unter Kategorie 3 in Abb. 4 dargestellt wird. Aktuell beschäftigt sich das „Resource Adequacy Assessment“ vermehrt mit möglichen Unterdeckungen in den Wintermonaten (sehr niedrige Temperaturen, wenig Wasser, wenig erneuerbare Erzeugung und hohe Last), allerdings wird es in Zukunft auch notwendig sein, vermehrt Augenmerk auf Trocken- und/oder Hitzeperioden zu legen, wo das Kühlverhalten in den einzelnen Ländern zu berücksichtigen ist.

Abb. 4.
figure 4

Stromverbrauch nach Wärmepumpenkategorien – 2018, 2020, 2025, 2030

Die in Abb. 5 gezeigten Trends in aggregierter Form veranschaulichen die elektrische Leistung an Wärmepumpen für die Jahre 2018, 2020, 2025 und 2030 bei −8 °C Außentemperatur. Im Jahr 2030 ist demnach im Szenario Hoch bei einer Außentemperatur von −8 °C mit einer maximal aufzutretenden Leistung von über 3500 MW und im Szenario Nieder mit einer maximal auftretenden Leistung von knapp über 1500 MW zu rechnen. Abhängig von der Außentemperatur ergeben sich an sehr kalten Tagen zusätzliche Leistungskomponenten durch das Zuschalten elektrischer Zusatzheizungen, die für gegebene Klimabedingungen bei der Lastprofilerstellung berücksichtigt werden. In Abb. 5 entspricht dieser Anteil 15 bis 20 % der maximalen Wärmepumpenleistung (und weniger als 1 % der Jahresarbeit). Bei Temperaturen unter −12 °C würde er schon mehr als ein Drittel der maximalen Leistung installierter Wärmepumpen ausmachen.

Abb. 5.
figure 5

Mess- und Prognosewerte der maximalen elektrische Leistung in MW (inkl. Anteil der elektrischen Zusatzheizungen bei8 °C)

Abbildung 6 verdeutlicht das spezielle Verhalten von Wärmepumpen bei sehr tiefen Temperaturen. Im Bereich kleiner 15 °C Außentemperatur beginnen Wärmepumpen mit dem Heizen in deren entsprechenden optimalen Leistungsbereich. Dieses lineare Verhalten verändert sich ab Temperaturen \(<-5\) °C, wo Wärmepumpen elektrische Zusatzheizungen zuschalten (Knick beim Übergang der beiden Kurven bei −5 °C). Je tiefer die Außentemperatur, umso mehr Heizleistung wird rein elektrisch erzeugt. Dieses Verhalten ist in Abb. 6 anhand von historischen Wetterdaten für das mittlere Szenario der Wärmepumpendurchdringung im Jahr 2020 abgebildet. Hierbei wurden Wetterdaten aus 35 geografisch verteilten Einheiten (NUTS 3-Ebene) herangezogen und vor der Profilberechnung gemittelt. Verwendet man statt historischen, realen Wetterdaten nun Prognosewetterdaten für die jeweiligen Zieljahre als Input, kann dies entsprechend für alle drei Szenarien Nieder, Mittel und Hoch in dem jeweiligen Prognosejahr zu erhöhter Last in den Wintermonaten, vor allem bei anhaltend tiefen Temperaturen, führen.

Abb. 6.
figure 6

Leistung von Wärmepumpen in Abhängigkeit der Außentemperatur

Zusätzlich zu den ermittelten Entwicklungszahlen basierte die Lastprofilerstellung auf stationären Leistungsberechnungen in Anlehnung an ÖNORM EN 14825 [11] für 18 Wärmepumpentypen und für jede Außentemperaturstufe sowie auf stündlich aufgelösten Zeitreihen der Außentemperatur.

4 Trilaterales Modell & Ergebnisse

Die von AIT ermittelten Ausbauszenarien wurden in einem ersten Schritt für APG-interne Analysen in Zeitreihen umgewandelt.

Hierfür wurden die von ENTSO-E zur Verfügung gestellten und im ERAA-Prozess verwendeten 35 historischen Klimajahre (1982 – 2016) als Basis genommen und der von AIT erstellte Lastprofilgenerator verwendet, um darauf aufbauend Lastprofile für Wärmepumpen der drei Szenarien (Nieder, Mittel, Hoch) für das Prognosejahr 2030 zu erstellen. Im Anschluss wurden diese erhaltenen Lastprofile den Basislastkurven überlagert.

Bei den Basislastkurven handelt es sich um die prognostizierte elektrische Gesamtlast ohne jegliche Berücksichtigung von Wärmepumpen (insbesondere wurde der aktuell vorhandene Wärmepumpenlastanteil von der Gesamtlastkurve abgezogen). Diese Basislastkurven der einzelnen Klimajahre wurden anschließend um die Anteile der Abnahme von Stromdirektheizungen, welche durch Wärmepumpen ersetzt werden, sowie der dadurch abnehmenden konventionellen Hilfsenergieanteile korrigiert.

In einem für Testzwecke erstellten vereinfachten Modell, bestehend aus drei Länderknoten, wurden die Lastzeitreihen analysiert. Die Erzeugungen der drei Knoten wurden direkt aus dem Modell des Mid Term Adequacy Forecasts 2020 verwendet und Berechnungen für die drei Szenarien angestellt. Als Modellierungstool zur Berechnung der Monte-Carlo-Simulationen diente Antares, ein Programm, welches vom französischen Übertragungsnetzbetreiber RTE entwickelt wurde und von APG für Lastdeckungsanalysen verwendet wird [12].

Abbildung 7 zeigt den Aufbau des vereinfachten Modells bestehend aus drei Länderknoten. Innerhalb dieser 3 Länderknoten befinden sich die Zeitreihen der Last und der Erzeugung sowie Informationen der Nichtverfügbarkeit von Kraftwerksleistung und Austauschkapazitäten. Ergänzt werden diese Länderknoten um Informationen zur elektrischen Erzeugung aus Wasserkraft, welche in separaten Hilfsknoten abgebildet werden. Ein weiterer Hilfsknoten dient zur Abbildung der Verwendung von Batterien. Die Verbindungen zwischen den Länderknoten werden aktuell durch stündliche Werte der Net Transfer Capacities (NTCs) abgebildet und wie schon erwähnt in den kommenden Jahren durch einen lastflussbasierten Ansatz abgelöst.

Abb. 7.
figure 7

Trilaterales Modell in Antares

Abbildung 8 zeigt einen Ausschnitt der Ergebnisse von 90 Tagen aus den Wintermonaten. Wintertage, an denen sehr tiefe Temperaturen, trockenes Klima und wenig Sonneneinstrahlung vorherrschen, gehen meist mit reduzierter Laufwassererzeugung, geringen Wasservorräten in den Reservoirs sowie wenig Erzeugung aus PV einher. Überlagert sich in solch einem Fall noch eine Windflaute oder ein ungeplanter Kraftwerksausfall, sind Unterdeckungssituationen möglich.

Abb. 8.
figure 8

EENS Auftritte in 2030 [MWh/h]

Wie bereits in Kapitel 3 erwähnt, zeigen Wärmepumpen bei tiefen Temperaturen (\(<-5\) °C) ein Verhalten, welches stufenweise elektrische Zusatzheizungen hinzuschaltet und ab einem zweiten Temperaturpunkt (dieser ist vom jeweiligen Hersteller abhängig) rein elektrisch heizen. Dieser Effekt ist auch in unserem Testmodell sehr deutlich ersichtlich: in dem Szenario mit hoher Wärmepumpendurchdringung herrscht die größte Anzahl an Unterdeckungssituationen, wohingegen sich jene beim niedrigen Szenario in überschaubarem Rahmen halten. Damit zeigt sich in einem sehr einfachen Modell das Verhalten von Wärmepumpen bei sehr tiefen Temperaturen bestätigt.

Die Unterdeckungssituationen in Abb. 8 werden in stündlicher Auflösung dargestellt und die Größe der Unterdeckung wird in Adequacy Analysen in Expected Energy Not Supplied (EENS) in [MWh] angegeben. Sie stellt hierbei einen Mittelwert aller Monte-Carlo-Simulationsergebnisse für die Energie dar, welche in der entsprechenden Stunde im Jahr nicht durch vorhandene Kraftwerksleistung plus Importe im entsprechenden Länderknoten gedeckt werden kann.

Dieses Modellergebnis zeigt, wie essentiell die korrekte Modellabbildung dieser zukünftigen Lastkomponente durch Wärmepumpen ist, auch wenn es nicht mit dem Output eines gesamteuropäischen Modells verglichen werden darf. Speziell in extremen Wetterjahren, in denen langanhaltend tiefe Temperaturen vorherrschen, kombiniert mit trockenem Klima, geringer PV-Erzeugung und wenig Wind, stehen zukünftige Systeme vor Herausforderungen.

Grenzen der Interpretation

Das verwendete Modell enthält in der gezeigten Analyse lediglich drei fiktive Länderknoten und ist vom restlichen europäischen Verbundnetz abgeschnitten. Aufgrund der Einfachheit eignet sich diese Konfiguration besonders gut, um verschiedene Sensitivitäten auf Knotenebene zu testen. Es sei angemerkt, dass sämtliche im Testmodell errechneten Lastdeckungsindikatoren in keiner Weise Rückschlüsse auf etwaige zu erwartende reale Unterdeckungssituationen zulassen.

5 Ausblick

Mit diesen von AIT und APG durchgeführten Analysen hat APG Ausbauszenarien für zukünftige Durchdringungsraten von Wärmepumpen als Basis für die weitere Verwendung in Lastdeckungsanalysen erarbeitet. Diese dienen als erster Input für die Weiterentwicklung der Lastzeitreihenerstellung für zukünftige Simulationsläufe. Des Weiteren werden vergleichbare Analysen für die Entwicklung von Elektromobilität, Datencenter und Batterien erstellt. Aufgrund der miteinhergehenden Variable der Speichermöglichkeit bringen Batterien eine weitere Komplexitätskomponente mit in die Modellierung. Auch hier gilt es, im ersten Schritt eine bestmögliche Abschätzung der Wachstumszahlen zu ermitteln und in einem weiteren Arbeitsschritt die optimale Modellabbildung zu finden.

Durch den Ausbau an erneuerbaren Energieformen und den Ausstieg aus fossiler, thermischer Erzeugung, wird das System in den kommenden Jahren immer stärkeren Schwankungen ausgesetzt sein. Hierfür gilt es alle möglichen Optionen an Flexibilität und Speicherbarkeit zu berücksichtigen. Diese dann entsprechend in den Lastdeckungsanalysen abzubilden stellt die nächste Herausforderung an die Modellierung.