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Univ.-Prof. Dr. phil. Dr. techn. habil. Harald Neudorfer

Auf dem Fachgebiet der elektrischen Maschinen und Antriebe wurden in den letzten Jahren wesentliche technologische Fortschritte erzielt. Die Grundprinzipien der elektrischen Maschinen sind zwar seit ca. 150 Jahren bekannt, jedoch gab es speziell in den letzten zwei Jahrzehnten auf diesem Gebiet bedeutende Entwicklungen. Erreicht wurde dies vorwiegend durch die immer rascheren Weiterentwicklungen in der Leistungselektronik und Regelungstechnik sowie durch spezielle Bauformen elektrischer Maschinen, aber auch durch neue Werkstoffe, wie z. B. Hochenergie-Permanentmagnete und Siliziumcarbidhalbleiter.

Große Anstrengungen in der Weiterentwicklung von elektrischen Gesamtsystemen basieren auf dem Ziel der Wirkungsgradverbesserung. Dabei werden auch bei Maschinen kleiner Leistungsklassen die Einzelverluste noch präziser berechnet. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn man den elektrischen Antrieb als multi-physikalisches Gesamtsystem betrachtet. Dabei werden neben der elektromagnetischen Auslegung auch die mechanische, thermische, strömungstechnische und die geräuschtechnische Auslegung berücksichtigt. Dies hat zur Folge, dass nicht nur der klassische Elektrotechniker, sondern auch der Maschinenbauer, der Strömungstechniker oder ganz allgemein der Physiker in das Design des elektrischen Antriebes eingebunden wird.

Am 25. und 26. Jänner 2017 fand in Wien eine internationale Konferenz mit dem Titel „more drive 2017 – Megatrend Effizienz in Industrie und Mobilität“ statt. Dabei wurden insgesamt 16 Vorträge vor einem Fachpublikum aus rund 60 Teilnehmer/innen aus diesem Gebiet präsentiert. Als Veranstaltungsort konnten wir den altehrwürdigen Festsaal im Ingenieurhaus in der Eschenbachgasse in Wien nutzen. Mit einer Einladung in das Wiener Rathaus am ersten Abend wurde diese Veranstaltung entsprechend abgerundet. Wie bereits in dem Vorwort in e&i Heft 2/2016 angekündigt, wird eine Vielzahl dieser Präsentation in dem jetzt vorliegenden Heft veröffentlicht. Aufgrund des großen Erfolges dieser Veranstaltung ist eine Weiterführung alle zwei Jahre geplant. Als Mitorganisator der „more drive“ würde ich mir herzlich wünschen, dass dann im Jänner 2019 auch wieder einige Beiträge von Vertreter/innen namhafter in- und ausländischer Firmen bzw. deutschsprachiger Institute präsentiert werden.

Die positive Weiterentwicklung auf dem Gebiet der elektrischen Maschinen und Antriebe ist an den Technischen Universitäten auch an der Anzahl an Studentinnen und Studenten dieser Fachrichtung deutlich erkennbar. Die vor zehn bis 15 Jahren gängige Meinung, dass auf dem Gebiet der elektrischen Maschinen keine großartigen Weiterentwicklungen stattfinden, hat sich nicht bewahrheitet. Vor allem die Automobilindustrie benötigt durch den in Zukunft immer bedeutungsvolleren Einsatz von elektrischen Antriebssystemen für Elektro- und Hybridstraßenfahrzeuge genügend bestens ausgebildete Ingenieurinnen und Ingenieure.

Durch die sehr große Resonanz unter den angeschriebenen Autorinnen und Autoren wurden für den vorliegenden e&i-Themenschwerpunkt elektrische Maschinen und Antriebe eine Vielzahl von Beiträgen eingesendet. Für die große Anzahl an hochwertigen Papers und die Bereitschaft des Herausgebers, ein Heft mit zwölf Beiträgen im wissenschaftlichen Teil sowie zwei Beiträgen in der Rubrik „Praxis & Wissen“ zu gestalten, möchte ich mich als Heftkoordinator bei allen Beteiligten sehr herzlich bedanken. Dies ist ein starkes Lebenszeichen der entsprechenden Institute an den deutschsprachigen Technischen Universitäten und der einschlägigen Industrie.

Schröder, Ruf, Franck und Hameyer untersuchen den Einfluss von parasitären Effekten und Fertigungsabweichungen auf die Kräfte in elektrischen Maschinen. Durch statistische Toleranzrechnung werden die Wahrscheinlichkeiten für ausgewählte Abweichungen bestimmt. Mittels eines zeiteffizienten analytischen Rechenverfahrens werden die durch die Abweichungen zusätzlich entstehenden Kräfte über den gesamten Betriebsbereich der elektrischen Maschine bestimmt und charakterisiert.

Hombitzer, Franck und Hameyer beschreiben eine Entwicklungsmethodik für schnelldrehende, permanentmagneterregte Traktionsmaschinen. Diese berücksichtigt neben den Randbedingungen eines beschränkten Bauraums, der zur Verfügung stehenden Spannung sowie eines begrenzten Strangstroms zudem die hohen auftretenden mechanischen Belastungen des Rotors durch Fliehkräfte, die gesteigerte Leistungs-, aber auch Verlustleistungsdichte sowie die erhöhten frequenzabhängigen Verluste.

Schmidt, Kaltenbacher und Wolfschluckner analysieren die Wirbelstromverluste in den Oberflächenmagneten von Synchronmaschinen mit Permanentmagneterregung. Analytische Berechnungen dienen als Referenzlösungen für umfangreiche numerische Analysen mit der Methode der Finiten Elemente. Unterschiedliche Ansätze für die Formfunktionen zeigen dabei den deutlichen Einfluss auf die Genauigkeit der Ergebnisse.

Huth und Hauck präsentieren eine Auslegungsstudie für eine Tauchmotorpumpe und zeigen die praktische Umsetzung mittels der experimentellen Erprobung eines Funktionsmusters auf. Zur Erreichung einer deutlich höheren Energieeffizienz, unter Beibehaltung der Line-Start-Fähigkeit, werden Drehstrom-Käfigläufer durch Permanentmagneterregte Line-Start-Motoren ersetzt. Diese Motoren ermöglichen die Bauteilekopplung mit bestehenden Käfigläufermotoren, was sich für Kleinserien oder Sondermotoren anbietet.

Quattrone und Ponick beschreiben besondere Anforderungen an die elektromagnetische Gestaltung von permanentmagneterregten Synchronmaschinen zur geberlosen Regelung. Mithilfe modifizierter Rotorblechschnitte oder kurzgeschlossener Spulen im Rotor zur Erhöhung der hochfrequenten Anisotropie kann dabei die Güte der geberlosen Rotorlageschätzung gezielt verbessert werden.

Schrödl stellt in seiner Arbeit den (elektrischen) Planetenmotor, ein neues Konzept einer integrierten Multi-Elektromaschine mit einem Planetengetriebe, vor. Nach der Herleitung der Struktur werden das Regelkonzept präsentiert und die Eigenschaften des Antriebs anhand eines Prototyps gezeigt. Die Erweiterungsmöglichkeiten des Konzepts auf verschiedenen modifizierten Strukturen wird vorgestellt.

Lehr und Binder präsentieren die Auslegung, die Konstruktion sowie Messergebnisse einer permanentmagneterregten Flux-Switching-Machine (FSPM). Die Besonderheiten der hier vorgestellten Maschine sind ein wicklungsloser genuteter ferromagnetischer Läufer ohne Magnete und in Umfangsrichtung magnetisierte Stator-Magnete. Besondere Aufmerksamkeit wird auf die spezielle Statorkonstruktion der FSPM gelegt. Messergebnisse der ausgelegten FSPM-Maschine werden mit den Messergebnissen einer bereits erprobten permanentmagneterregten Synchronmaschine (PMSM) gleicher Baugröße und Bemessungsdaten verglichen.

Bali und Mütze fassen die wichtigsten Charakteristiken und Unterschiede des Einflusses von Stanzen und Laserschneiden auf die magnetischen Eigenschaften von Elektroblech zusammen. Mittels einer Methode zur Berücksichtigung der Schnittauswirkungen im Modellierungsprozess, verbunden mit Messungen am Epsteinrahmen, können so auch ohne Wissen der exakten Tiefe der Beeinflussungszone unterschiedliche Schnitttechnologien berücksichtigt werden.

Mitterhofer und Gruber stellen die unterschiedlichen zur Verfügung stehenden Topologien und effizienzsteigernden Maßnahmen in der Magnetlagertechnik anhand eines lagerlosen Hochgeschwindigkeitsmotors vor. Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung durch die Magnetlagertechnik werden präsentiert. Dies geschieht anhand von vier Anwendungsgebieten, in denen Magnetlager bereits wesentlich zur Performance des Gesamtsystems beitragen, gewisse Prozessschritte erst ermöglichen oder dies in Zukunft tun könnten.

Aktuelle Leistungsmessgeräte für elektrische Antriebe sind typischerweise für sinusförmige Größen spezifiziert. Reale Strom- und Spannungssignale eines Inverters sind jedoch breitbandig. Lindenthaler und Brasseur zeigen eine Methode, mit welcher ein Referenzergebnis für die Wirkleistung zwischen Inverter und Motor bestimmt werden kann. Die Methode beruht auf einer Kombination aus einer DC-Leistungsmessung mit einer kalorimetrischen Verlustleistungsmessung, womit das Referenzergebnis unabhängig von der AC-Signalform ist.

Schneider, Sayago, Centner, Plath und Schäfer ermitteln und bewerten die Messunsicherheit zur Bestimmung von aufgenommener Wirkleistung eines Mittelspannungsantriebs. Verglichen werden zwei Messsysteme im Hinblick auf ihren Einsatz im Mittelspannungsbereich sowie auf ihre Verwendbarkeit bei Multi-Level-Umrichter-Speisung. Die Ergebnisse sind aufschlussreich für kommende Anforderungen an die Energieeffizienz von Antrieben im Mittelspannungsbereich und die Einordnung in zukünftige Effizienzklassen.

Glasl untersucht am Beispiel einer Straßenbahn den Einfluss der Antriebsauslegung auf den für die Traktion aufgewendeten Energiebedarf. Für die energieoptimierten Auslegungen aller Antriebskomponenten sind dabei vor allem die fahrdynamischen Anforderungen im Nahverkehr bestimmend.

Zum Abschluss des Vorwortes möchte ich mich nochmals bei allen Autoren, den beteiligten Reviewern sowie dem Verlag, dem Herausgeber und der e&i-Redaktion bedanken. Außerdem gilt mein Dank auch meiner Assistentin Michaela Zach und meinem technischen Assistenten Dr. Florian Demmelmayr bei der Firma Traktionssysteme Austria GmbH für die Unterstützung bei der Organisation der Beiträge. Ziel dieser Beiträge ist es, den interessierten Leserinnen und Lesern den Reiz und die Besonderheiten von elektrischen Antrieben näherzubringen und dabei ihre Begeisterung für dieses Fachgebiet zu wecken.