FormalPara Erwiderung

Zum Leserbrief von Peroz I et al (2020) CMD-Screening ist wichtig. Schmerz. https://doi.org/10.1007/s00482-020-00489-3

FormalPara Originalbeitrag

Türp JC, Schindler HJ (2020) Screening für kraniomandibuläre Dysfunktionen. Schmerz 34:13–20. https://doi.org/10.1007/s00482-019-00432-1

Wir freuen uns, dass unser Beitrag zur Diskussion anregt und möchten zu den Argumenten der geschätzten Kolleginnen und Kollegen Stellung nehmen:

  1. 1.

    Wir haben nie bestritten, dass im Rahmen einer zahnärztlichen Untersuchung die Durchführung einer Basisdiagnostik, die im Sinne einer „Funktions-Checkliste“ den Zweck hat, funktionelle Auffälligkeiten zu erfassen, eine sinnvolle Maßnahme ist.

  2. 2.

    Eine solche Untersuchung darf aber aus den in unserem Artikel ausführlich dargelegten Gründen nicht „Screening“ genannt werden. Eine adäquate Bezeichnung wäre zum Beispiel „Klinischer Kurzbefund“.

  3. 3.

    Sofern sich ein solcher klinischer Kurzbefund auf das Aufspüren allfälliger Symptome einer kraniomandibulären Dysfunktion (CMD) bezieht, sollte er strikt auf diese Symptome beschränkt bleiben. Es besteht internationaler Konsens, dass sich die Symptome auf Schmerzen in Kaumuskeln und/oder Kiefergelenken, Einschränkungen der Unterkieferbeweglichkeit und Kiefergelenkgeräusche beschränken. Allerdings wird das Vorhandensein solcher Symptome nicht zwangsläufig die Einleitung weiterer diagnostischer Maßnahmen oder gar einer Therapie erfordern.

  4. 4.

    Die Einbeziehung der Okklusion in die Definition einer CMD, wie dies im Jahre 2016 unter unserer Mitwirkung im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT) erfolgte, ist international unüblich. Unsere Zustimmung zu dieser damals stark diskutierten Änderung wird von uns aus heutiger Sicht als Fehler angesehen.

  5. 5.

    Die Anwendung des DGFDT-Erhebungsbogens „CMD-Screening (CMD-Basisdiagnostik)“ geht mit der Gefahr einer Überdiagnostik („erweiterte Untersuchung“) einher. Diese wiederum kann eine nichtindizierte Therapie zur Folge haben.

  6. 6.

    In Bezug auf den Gegensatz „funktioneller Kurzbefund“ versus „CMD-Screening-Bogen“ bietet sich eine Analogie aus dem Fischereiwesen an: Abhängig von der Fangmethode (Angelfischerei versus Treibnetzfischerei) erhält man wenig oder viel „Beifang“. Ethische Gesichtspunkte hier (Patienten) und dort (Fische) gebieten, den „Beifang“ so gering zu halten wie möglich.