Sofern Ethikberater*innen bei der Erarbeitung von Verfahrensanweisungen oder bei kollegialen Beratungen zu Triage-Entscheidungen beteiligt sind, sollten sie zunächst darauf achten, dass Triage-Kriterien bei der Zuteilung (intensiv-)medizinischer Ressourcen nur dann zum Einsatz kommen, wenn tatsächlich eine Triage-Situation vorliegt. Es wäre beispielsweise nicht gerechtfertigt, Patient*innen mit lebensbedrohlicher Erkrankung nicht zu behandeln, um Intensivkapazität für eine spätere Phase der Pandemie freizuhalten. Die Priorisierungsregeln, z. B. bei der Intensivbehandlung, gelten für alle Patient*innen unabhängig davon, ob sie an einer COVID-19-Erkrankung oder einer anderen Erkrankung leiden. Der Patientenwille bzw. der vorausverfügte Patientenwille (z. B. in Form einer Patientenverfügung) soll frühzeitig ermittelt werden. Da überwiegend ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen an COVID-19 schwer erkranken, kann bei diesen Patient*innen überdurchschnittlich häufig das Vorliegen einer Vorausverfügung erwartet werden. Eine intensivmedizinische Behandlung gegen den Willen der Patient*in verstößt nicht nur gegen das ethische Prinzip der Beachtung des Patientenwillens, sondern gefährdet in Situationen knapper Behandlungsressourcen auch das Überleben anderer Patient*innen. Weiter können Ethikberater*innen darauf achten, dass keine rechtlich und ethisch problematischen Kriterien angewendet werden, wie beispielsweise eine Allokation nach dem kalendarischen Alter oder den zu gewinnenden Lebensjahren, die zu einer Altersdiskriminierung führen. Zum dritten können Ethikberater*innen durch Dokumentation und institutionsweite Einbeziehung dazu beitragen, dass Triage-Entscheidungen mit einer Konsistenz über verschiedene Behandlungs- und Versorgungseinheiten hinweg getroffen werden. Eine Konsistenz auch über regionale Versorgungsstrukturen hinweg trägt zur Gerechtigkeit bei. Hierzu können eine Vernetzung und ein Erfahrungsaustausch von Ethikberater*innen in der Region hilfreich sein.