Der Weltärztebund (World Medical Association, WMA) hat auf seiner 68. Generalversammlung im Oktober 2017 in Chicago eine umfangreiche Überarbeitung des Genfer Gelöbnisses angenommen. Nachdem es in der Vergangenheit lediglich geringfügig revidiert oder nur redaktionell überarbeitet wurde, weist die neue Fassung einige wichtige Änderungen und Ergänzungen auf.Footnote 1

Die Bundesärztekammer wurde vom WMA beauftragt, die Leitung der für die Revision zuständigen internationalen Arbeitsgruppe zu übernehmen. Dies hat in Anbetracht der Entstehungsgeschichte des Genfer Gelöbnisses eine besondere Bedeutung. Die Deklaration wurde 1948 auf der 2. Generalversammlung des Weltärztebundes im Bewusstsein der unter Mitwirkung von Ärzten begangenen Gräueltaten während des Zweiten Weltkrieges und der Nazi-Herrschaft verfasst. Das Gelöbnis sollte helfen, das Vertrauen der Patienten in die Ärzteschaft wiederherzustellen. Es gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Dokumenten des Weltärztebundes.

Obwohl die faktische Verbreitung und Nutzung des Gelöbnisses international hinter den Erwartungen zurückbleibt, wird das Genfer Gelöbnis von vielen als moderner Hippokratischer Eid angesehen und in vielen Ländern als ärztliches Gelöbnis genutzt.Footnote 2 In Deutschland ist es der (Muster‑)Berufsordnung vorangestellt.

Die für die Revision zuständige internationale Arbeitsgruppe schloss bewusst Mitglieder mit verschiedenem kulturellem, religiösem und ethnischem Hintergrund ein. Sie verständigte sich darauf den Charakter und Umfang des Gelöbnisses beizubehalten und nur Änderungen aufzunehmen, für die es starke Argumente gab. Vertreter der 114 Mitgliedsländer des Weltärztebundes sowie interessierte Experten und internationale Organisationen hatten mehrfach die Möglichkeit, unter anderem im Rahmen einer öffentlichen Konsultation, mit Änderungsvorschlägen an der Revision teilzunehmen. Die Arbeitsgruppe traf sich während der zweijährigen Überarbeitungszeit auch in der Bundesärztekammer in Berlin und wog alle Eingaben und Vorschläge sorgfältig ab.

Als wichtigste Ergänzungen dürften drei neu hinzugefügte Sätze gelten: Zum einen schreibt das Gelöbnis nunmehr vor, dass Ärzte die Autonomie ihrer Patienten zu respektieren haben. Der Arzt soll außerdem sein Wissen teilen, um so den Patienten und der Gesundheitsversorgung besser zu dienen. Des Weiteren wird von Ärzten gefordert, sich auch um ihre eigene Gesundheit zu kümmern, um für den Patienten die beste Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Der Text wurde überdies an mehreren Stellen redaktionell überarbeitet, um ihn moderner zu gestalten.

Im Zeitalter der Globalisierung ist für die weltweite Ärzteschaft ein gemeinsamer ethischer Standard unverzichtbar. Das Genfer Gelöbnis des WMA fasst die maßgebenden ethischen Prinzipien ärztlichen Handelns gegenüber den Patienten zusammen. Es ist in der überarbeiteten Fassung zeitgemäßer und umfassender geworden, hat aber seinen Charakter und seine Länge beibehalten.

Der WMA plant eine Reihe von Maßnahmen, um eine bessere Verbreitung des Gelöbnisses zu fördern. Außerdem wird das Gelöbnis in Zukunft zu Beginn der jährlichen WMA-Generalversammlung verlesen.

Die im Folgenden vorgestellte deutsche Übersetzung wurde in Zusammenarbeit mit Experten aus allen deutschsprachigen Ländern erarbeitet und gilt als offizielle, vom WMA autorisierte Übersetzung.

WELTÄRZTEBUND – DEKLARATION VON GENF

revidiert von der 68. Generalversammlung des Weltärztebundes, Chicago, Vereinigte Staaten von Amerika, Oktober 2017

Das ärztliche Gelöbnis

Als Mitglied der ärztlichen Profession

gelobe ich feierlich, mein Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen.

Die Gesundheit und das Wohlergehen meiner Patientin oder meines Patienten werden mein oberstes Anliegen sein.

Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren.

Ich werde den höchsten Respekt vor menschlichem Leben wahren.

Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten.

Ich werde die mir anvertrauten Geheimnisse auch über den Tod der Patientin oder des Patienten hinaus wahren.

Ich werde meinen Beruf nach bestem Wissen und Gewissen, mit Würde und im Einklang mit guter medizinischer Praxis ausüben.

Ich werde die Ehre und die edlen Traditionen des ärztlichen Berufes fördern.

Ich werde meinen Lehrerinnen und Lehrern, meinen Kolleginnen und Kollegen und meinen Schülerinnen und Schülern die ihnen gebührende Achtung und Dankbarkeit erweisen.

Ich werde mein medizinisches Wissen zum Wohle der Patientin oder des Patienten und zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung teilen.

Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können.

Ich werde, selbst unter Bedrohung, mein medizinisches Wissen nicht zur Verletzung von Menschenrechten und bürgerlichen Freiheiten anwenden.

Ich gelobe dies feierlich, aus freien Stücken und bei meiner Ehre.

Quelle: Weltärztebund. Offizielle deutsche Übersetzung der Deklaration von Genf, autorisiert durch den © Weltärztebund, World Medical Association, WMA.