Zusammenfassung
Die Übertragungsliebe gilt nach wie vor als heikles und schwieriges Thema, wenn nicht gar als Tabu. Doch ist sie zugleich der zentrale Motor jedes analytischen Prozesses. In „konventionellem Entsetzen“ ist Josef Breuer kurz vor der Entdeckung der Psychoanalyse vor ihr geflohen; sie stiftet Verwirrung, scheint die Analyse auszuhebeln und treibt sie doch immer wieder aufs Neue an. Ihr therapeutisch auszuweichen, wäre ebenso problematisch wie ihr nachzugeben. Wie also mit den Liebesgefühlen, dem Wunsch nach Nähe und vielleicht auch Sexualität umgehen? Diese Herausforderungen stellen sich für Patient_innen und Therapeut_innen gleichermaßen.
Abstract
Transference love is still considered a delicate and difficult subject, if not even taboo; however, it is at the same time the motor of every analytical process. In “conventional horror”, Josef Breuer fled from it shortly before psychoanalysis was discovered. Transference love causes confusion, seems to undermine the analysis and yet drives it again and again. To avoid it therapeutically would be just as problematic as to give in to it. So how should one deal with the feelings of love, the desire for closeness and perhaps also sexuality? These challenges are faced by patients and therapists alike.
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Quindeau, I. Liebe und Begehren in der Psychotherapie. Forum Psychoanal 35, 259–272 (2019). https://doi.org/10.1007/s00451-019-00351-y
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